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Storm: „Sind auf Augenhöhe“
Kiel. Die Nacht danach war kurz, alles andere als erholsam. Bereits am Morgen nach dem Champions-League-Aus in Kiel standen die Rhein-Neckar Löwen wieder im Kronauer Trainingszentrum. Um 10 Uhr war Auslaufen angesagt. Locker und entspannt, jeder für sich. Eine perfekte Gelegenheit zum Analysieren, zum Abschalten. Wobei die Aufbereitungsphase der 30:31_Niederlage im hohen Norden bereits am Sonntagabend begann. Thorsten Storm, 45, der Manager des Rudels, läutete sie ein. Im Mannschaftsbus schaute er zurück und zwar keineswegs im Zorn: „Ich habe ihnen gesagt, dass ich stolz auf sie bin. Wir haben Kiel zwei tolle Spiele geliefert“, berichtet er, „also haben wir uns erst einmal eine Kiste Bier gegönnt.“
Enttäuscht war man natürlich trotzdem. Schließlich waren die Löwen ganz nah dran, hatten das Final Four in Köln ganz dicht vor Augen. Storms Ostsee-Fazit: „Wir sind auf Augenhöhe, aber noch nicht besser.“ Ein kurzer Blick auf die Statistik belegt seine These: Die Badener erspielten sich gar ein Chancenplus, liefen immer wieder auf den Kieler Kasten zu. Storm sagt: „Das spricht für unsere Spielanlage.“ Aber auch gegen die Kaltschnäuzigkeit: Etliche Hochkaräter wurden verballert.
Doch das lag nicht nur am eigenen Unvermögen – sondern in erster Linie auch an Thierry Omeyer, dem französischen Titelhamster, dem Giganten zwischen den Pfosten. Unglaublich war’s, was er in beiden Spielen rausfischte, parierte. Auch Storm lobt ihn, verneigt sich verbal: „Wir hatten gute Keeper, Kiel hatte einen überragenden.“ Sei’s drum. Storm schaut lieber nach vorne, in die Zukunft, in eine rosige Zukunft: „Wenn ich mir anschaue, welche Spieler wir künftig alles dazubekommen, zeigt sich, dass die Zeit der Löwen immer näher rückt.“
In Kiel genoss man am Sonntagabend hingegen den Moment des Augenblicks. Sie lachten, sie grinsten, sie hätten die ganze Welt umarmen können, die Spieler des THW. Einer von ihnen tauchte gegen 21 Uhr im VIP-Raum auf. Es war Dominik Klein, 26, frisch geduscht, in einem feinen schwarzen Anzug. Und auch „Mini“ lächelte, schüttelte viele Hände, erfüllte zahlreiche Autogrammwünsche.
Doch irgendwie wirkte er gehemmt, fast ein wenig abwesend. So war es dann auch. Der linke Flügelmann der „Zebras“ machte sich Vorwürfe. Er hatte ein schlechtes Gewissen. Denn in der 51. Minute passierte etwas, das er gerne ungeschehen machen würde: Im Eifer des Gefechts stellte er sich Löwen-Juwel Patrick Groetzki in den Weg, foulte ihn – manch ein Experte sah darin sogar eine rote Karte – und hinderte ihn damit am Torabschluss.
Der junge Löwe stürzte unsanft, verletzte sich, musste raus. Ausgerechnet Groetzki, ausgerechnet durch einen seiner Kumpels. „Mir tut das wahnsinnig leid“, erklärte Klein, „ich habe ihm bereits eine SMS geschrieben: Ich hoffe, dass er mir da noch mal vergibt.“ Am Sonntag jedenfalls nicht. Der Gefoulte, der Sympathieträger der Löwen, war sauer, richtig angefressen. Klein versteht ihn, sagt aber auch: „Während des Spiels versucht man immer alles für seinen Verein herauszuholen.“
Das versucht auch Michael Müller für seine Löwen. Aber bislang ist ihm das nur selten gelungen. Müller ist nicht die gewünschte Entlastung für Olafur Stefansson. Folglich sehen viele in Krzysztof Lijewski, der noch bis 2011 beim HSV Hamburg unter Vertrag ist und nach RNZ-Informationen kurz vor der Unterschrift bei den Löwen steht, bereits als seinen Nachfolger. Laut Storm muss das jedoch nicht zwangsläufig das Aus für Müller bedeuten: „Michael hatte in seinem ersten Jahr viele Höhen und Tiefen bei uns. Er ist 25 Jahre alt und muss sich zunächst einmal daran gewöhnen, in solch einer Mannschaft zu spielen. Diese Umstellung braucht seine Zeit. Er wird seinen Weg gehen.“
Allerdings läuft auch der Vertrag von Stefansson (36) 2011 aus. In Sachen Kasa Szmal wird nächste Woche endgültig Klarheit herrschen. „Dann setzen wir uns zusammen. Klar ist: Wir möchten ihn gerne bis 2011 halten.“ Zur Erinnerung: Der polnische Nationaltorhüter hat ab dem Sommer 2011 bereits einen Vorvertrag bei Vive Kielce, wo mittlerweile auch Ex-Löwe Mariusz Jurasik spielt, unterschrieben.
Von Daniel Hund
04.05.2010