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Storm: Wir brauchen einen Titel

Mannheim. Die Handball-Saison biegt auf die Zielgerade ein. In der Bundesliga geht es für die Rhein-Neckar Löwen darum, heute (19 Uhr) gegen den VfL Gummersbach den Kontakt zum dritten Tabellenplatz zu halten. Besser als in der Liga lief es bislang im DHB-Pokal und in der Champions League. Manager Thorsten Storm spricht im Interview über den Saison-Endspurt.

Herr Storm, die Löwen haben das Champions-League-Hinspiel in Valladolid gewonnen. Warum ruft die Mannschaft solch eine Leistung nicht in Lübbecke, Berlin oder gegen Hannover ab?

Thorsten Storm: Wir haben sehr viele Spiele, da kommen auch immer einmal wieder schlechtere Leistungen vor. Dennoch ist es so, dass man jede Partie mit der gleichen Einstellung angehen sollte wie gegen Valladolid. Das ist eine Frage der Bereitschaft. Wenn wir in Berlin oder Lübbecke kaum eine Chance auf den Sieg haben, dann liegt das – bei allem Respekt vor dem Gegner – zu einem großen Teil an uns. Mannschaft und Trainer müssen hier eine Linie finden und mehr Stabilität an den Tag legen, wenn es nicht optimal läuft in einem Spiel. Nehmen wir mal die Niederlagen gegen Flensburg in der SAP Arena, in Berlin und Lübbecke heraus. Dann muss man sich doch bei einem Blick auf die Tabelle sehr ärgern.

Unter dem Strich wäre am Saisonende alles andere als Platz drei eine Enttäuschung für die Löwen, oder?

Storm: Das stimmt. Das müssten wir uns dann mit Blick auf die Punktverluste in Berlin und Lübbecke selbst zuschreiben. Zu einer Gesamtentwicklung gehört aber, dass man auch mal einen Schritt zurückgehen muss. Bei den Löwen ist vieles sehr schnell gegangen. Ich sehe dabei nicht nur das Sportliche, sondern auch das Gesamtkonstrukt. Und da sind wir mit unserem Verein seit knapp drei Jahren auf einem guten Weg.

Wie schwer würde das Verpassen der Champions League den Klub treffen?

Storm: Auf unsere Personalplanungen und den Etat hätte das keine Auswirkungen. Es ist für alle hier im Klub und die gesamte Situation vielleicht sogar wichtiger, mal den Europapokal der Pokalsieger oder den EHF-Cup in den Händen zu halten, als im Viertelfinale der Champions League zu stehen. Dort sind am Ende nur Weltklassemannschaften am Start. Und ein Titel ist für uns in diesem Wettbewerb zurzeit eher Wunschdenken.

Noch vor zwei Jahren sagten Sie, eine Teilnahme an der Champions League sei das Nonplusultra.

Storm: Das ist richtig. Und jetzt muss ich mich korrigieren. Sportlich ist eine Viertelfinal-Teilnahme in der Champions League höher zu bewerten, auch wenn mir der gesamte Wettbewerb zurzeit vom Modus her zu aufgebläht erscheint. Aber was dieser Verein und seine Fans sich wünschen, ist letztendlich ein Titel. Ein Pokal in der Vitrine ist das Wichtigste für die Löwen. Egal in welchem Wettbewerb.

Welches Zeugnis stellen Sie Trainer Ola Lindgren und dem Sportlichen Berater Kent-Harry Andersson aus?

Storm: Wir befinden uns im sportlichen Bereich auf einem guten Weg, auch bei der Kaderplanung. Wir sind mit der aktuellen Platzierung in der Bundesliga aber nicht zufrieden. Die Klubführung hat, trotz der durch den Skandal in Kiel geschuldeten Gesamtumstände, die Rahmenbedingungen für eine gute Saison geschaffen. Wir haben einen großen Kader, der Verletzungen von Spielern wie Bjarte Myrhol, Gudjon Valur Sigurdsson und Grzegorz Tkaczyk kompensieren kann.

Trotzdem lief es nicht nach Wunsch.

Storm: Mit unseren Möglichkeiten sehe ich uns mittelfristig als dritte Kraft in der Bundesliga hinter Hamburg und Kiel. Am Ende werden wir sehen, was wir in diesem Jahr daraus gemacht haben. Ich kann jetzt kein abschließendes Fazit ziehen, weil alle sportlichen Entscheidungen noch ausstehen und wir in allen drei Wettbewerben noch dabei sind.

In den vergangenen Jahren herrschte im Kader ein sehr großes Kommen und Gehen. Wann ist die Zeit der großen Umbrüche bei den Rhein-Neckar Löwen endgültig vorbei?

Storm: Ich weiß, dass wir Kritik einstecken müssen. Aber wie gesagt: Die Entwicklung ist sehr schnell gegangen. Das war eine Vorgabe des Klubs und hatte auch auf die Personalstruktur Auswirkungen – sowohl auf dem Spielfeld als auch im Umfeld des Vereins. Ich gehe davon aus, dass es in Zukunft etwas ruhiger wird und wir nicht mehr so gravierende Veränderungen an unserem Kader vornehmen müssen wie zuletzt. Vielleicht gibt es 2011 nur noch zwei personelle Neuerungen. Ich würde es mir wünschen, dass die kommende Mannschaft zusammenbleibt.

Was spricht dagegen?

Storm: Es gibt immer wieder persönliche Wünsche von Spielern wie bei Slawomir Szmal, der wieder nach Polen zurückkehren möchte. Umgekehrt gibt es aber auch den Fall, dass jemand seine persönliche Zukunft nach dem Sport in der Region plant, wie beispielsweise Henning Fritz.

Wie groß ist der Einfluss von Geldgeber Jesper Nielsen auf die Transferpolitik? Andy Schmid gilt als sein Wunschspieler, Mikkel Hansen soll, so sagt es Nielsen, nächste Saison für die Löwen spielen.

Storm: Wir verpflichten bestimmt keinen Spieler gegen den Willen von Ola Lindgren. Bei Andy Schmid waren Ola, Kent-Harry Andersson, Jesper Nielsen und ich einer Meinung. Und wenn man Mikkel Hansen bekommen kann, lehnt das kein Trainer der Welt ab. Jesper Nielsen steckt viel Geld in diesen Klub. Dann hat er auch ein Mitspracherecht bei Spielereinkäufen.

Von Marc Stevermüer

 31.03.2010