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Titelkandidat macht das Rennen (SWP)

Gegen Top-Mannschaften muss bei Frisch Auf für einen Erfolg alles passen – am Sonntag war die Fehlerquote aber bei der Göppinger 19:26 (9:13)-Niederlage gegen Tabellenführer Rhein- Neckar-Löwen viel zu hoch

Zarko Sesums Erkenntnis war so deutlich wie zuvor die Höhe der Heimpleite. „Wir haben in den letzten zehn Minuten alles falsch gemacht, deshalb hat diese letztlich hohe Niederlage einen bitteren Beigeschmack“, ärgerte sich der Routinier nach dem Abpfiff über die für Fans und Mannschaft frustrierende Schlussphase des Fernsehspiels in der mit 5600 Zuschauern ausverkauften EWS-Arena. Aus Sicht des Serben und seiner Teamkollegen fällt nun ein verzerrtes Bild auf ihre 19:26 (9:13)-Heimniederlage gegen die Rhein-Neckar-Löwen. „Mit allen Problemen, die wir natürlich hatten, waren wir 50 Minuten dran am Gegner“, so Sesum, der die letzten 13 Minuten des Landes-Derbys von der Tribüne aus verfolgte – die dritte Zeitstrafe zwang ihn in die Zuschauerrolle.

Auf dem Hallenparkett hatte Sesum eine gute Stunde zuvor seine Grün-Weißen zu Beginn zwei Mal in Führung geworfen, eine offensiv ausgerichtete Abwehr hielt den Titelkandidaten zunächst in Schach. Doch allzu früh begann die große Show des Andy Schmid in der fremden Arena. Der Löwen-Regisseur wurde zur spielbestimmenden Figur des Nachmittags, der elffache Torschütze narrte die Kontrahenten ein ums andere Mal und steuerte seine Nebenleute. Das zweite klare Plus der Gelben aus dem Badischen: Mit Mikael Appelgren und nach dessen Zeitstrafe in der 53. Minute mit Borko Ristovski hatte der Bundesliga-Spitzenreiter zwei Torhüter im Aufgebot, die den zunehmend zaghaft-ängstlichen Frisch-Auf-Angreifern jegliches Selbstvertrauen raubten. Auf Göppinger Seite erwischten beide Schlussmänner dagegen einen rabenschwarzen Tag – nach 15 Minuten ersetzte der Ungar Peter Tatai den Ex-Mannheimer Bastian Rutschmann, der ab der 32. Minute wieder ins Tor zurückkehrte. „Wir hatten nach 40 Minuten unsere erste Parade zu verzeichnen“, dokumentierte Trainer Magnus Andersson das Versagen gleich selbst, „aber unsere Torhüter hatten auch keine große Hilfe von der Abwehr.“ Seine Spieler hielten aber zu diesem Zeitpunkt noch immer mit 15:18 einen keineswegs unaufholbaren Rückstand.

In einer Auszeit gab der Schwede kurz zuvor seinem Team wortreich Ideen an die Hand, diesen zu verkürzen, doch ein erschreckender Anstieg an technischen Schwächen machte Anderssons Ansätze zunichte. Dazu kam Sesums Aus nach der Roten Karte. Dass er nun auf Daniel Fontaine im linken Rückraum setzte und Lars Kaufmann über die gesamten 60 Minuten auf der Bank ließ, begründete der FA-Trainer im Anschluss an die Partie: „Im EHF-Cup-Spiel in Holstebro und im Training waren Sesum und Fontaine auf dieser Position besser.“ Zudem erklärte Andersson, warum er Andy Schmid nicht hautnah beschatten ließ: „Schmid ist ein Weltklassespieler, aber wenn wir ihm eine Sonderbewachung verpassen, haben dessen gute Nebenleute wie Ekdahl du Rietz viel Platz.“ Zarko Sesum pflichtete seinem Coach bei: „Die Löwen verfügen über enorme individuelle Qualität.“ Anderssons ergänzende Erkenntnis: „Die Löwen haben es uns heute richtig schwer gemacht und waren viel cleverer, etwa in Unterzahl. Von unserer Seite hat dagegen viel gefehlt und wir sind für jeden Fehler bestraft worden.“

Die „Fehler-Orgie“, so Andersson, mündete in den Schlussminuten im peinlichen Auslassen von Groß-Chancen, was manchen Hallengast gar zu hämischen Reaktionen und Gesten veranlasste.