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Tolle Moral wird belohnt (RNZ)

Heidelberg. Melsungen, ausgerechnet Melsungen. Insgeheim hatten die Handballer der Rhein-Neckar Löwen in der dritten Runde des DHB-Pokals auf eine Art Freilos gehofft, auf einen Gegner, den man im Vorbeigehen aus dem Wettbewerb jagt. Geworden ist es ein Hammerlos. Gegen ein intaktes Team, gegen einen unbequemen Gegner, der an einem guten Tag jeden ärgern kann. Gestern hieß es nun Augen zu und durch, kämpfen und glänzen bis zum Umfallen. Doch es war noch etwas anderes gefragt: Nerven wie Drahtseile. Und die hatten sie. Die Besten aus dem Südwesten zitterten sich zu einem 31:29 (27:27/12:13) nach Verlängerung. Danach war dann nur noch Erleichterung. Beim Manager zum Beispiel. Thorsten Storm: „Wir haben eine ganz starke Moral bewiesen. und einen tollen Fight geliefert! Auch Melsungen war stark, aber am Ende hatten wir uns den Sieg verdient.“

Das Fernziel Final Four hatten alle im Hinterkopf. Einmal Hamburg, immer Hamburg – lautete das Motto vor der Dienstreise nach Melsungen. Vor allem einer schien das in der Anfangsphase verinnerlicht zu haben: der bärenstarken Goran Stojanovic. Der Löwen-Keeper „hexte“ sofort auf einem ganz hohen Niveau. Drei Mal wurde er gefordert und drei Mal war er zur Stelle. Dumm nur, dass auch die Badener im Abschluss schwächelten.

Bis auf Patrick Groetzki. Sein Formhoch hielt auch in Melsungen. Egal, ob im Gegenstoß oder auf der rechten Flanke, was „Johnny“ auch probierte, es passte. Uwe Gensheimer, die Tormaschine der Löwen, nahm sich hingegen mal eine Auszeit. Gezwungenermaßen: Keine Anspiele, keine Tore – so einfach ist das. „Gensel“ wurde zugestellt, geschickt abgeschirmt. Und da auch aus dem Rückraum zu wenig kam, ging es mit einem 12:13-Rückstand in die Pause.

Klar, noch war nichts passiert. Die Sorgenfalten waren beim Gang in die Katakomben jedoch nicht zu übersehen. Denn jeder wusste: Will man hier heute etwas reißen, muss alles passen, Schwerstarbeit verrichtet werden.

Genau die verrichteten zunächst aber die Hausherren. Und wie. Mit Vollgas-Handball enteilte die Roth-Sieben in Windeseile auf 17:12, spielte die Gäste an die Wand. Ein badisches Debakel drohte, der Supergau in Nordhessen. Insbesondere Patrik Fahlgren, den Mittelmann, und Rückraum-Granate Nenad Vuckovic bekam der Löwen-Abwehrriegel nicht in den Griff. Mitte der zweiten Halbzeit wähnte sich Melsungen dann unterbewusst schon in der nächsten Runde. Doch da hatten sie die Rechnung ohne Karol Bielecki gemacht. Der Kunstschütze machte nun das, was er am besten kann: Tore. Dank ihm rettete man sich in die Verlängerung, die dann endlich dominiert wurde.

Von Daniel Hund