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„Tollen Handball mit Leidenschaft zeigen“

Löwen-Kapitän und Linksaußen Uwe Gensheimer im Interview

Es ist soweit: Die Rhein-Neckar Löwen kehren in die SAP Arena zurück. Am Sonntag wird das erste Heimspiel der Bundesliga-Saison 2013/14 angeworfen. Ab 15 Uhr heißt der Gegner HSG Wetzlar. Und die Mittelhessen warteten kurz vor dem Start der neuen Spielzeit mit einer spektakulären Neuverpflichtung auf: Sie angelten sich  Ivano Balic, den kroatischen Weltmeister und Olympiasieger. Die Halle öffnet um 14 Uhr, es gibt noch Tickets an der Tageskasse. Vor dem Duell gegen die Sieben von Trainer Kai Wandschneider sprachen wir mit Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer.

Uwe, ihr seid mit einem Sieg in Balingen in die Saison gestartet. Wie glücklich bist du darüber?

Uwe  Gensheimer: Es war wichtig, die erste Begegnung zu gewinnen. Wir haben sehr diszipliniert gespielt, von Beginn an einen kühlen Kopf bewahrt. Nach unserer deutlichen Führung zu Beginn war ich mir sicher, dass wir diesen Vorsprung halten werden.

Ihr seid alle froh, dass die Saison gestartet ist. Was war vorher anstrengender: die Hitze im Juli oder das Programm von Trainer Gudmundur Gudmundsson?

Gensheimer (lacht): Das eine hat das andere beeinflusst. Es war wirklich anstrengend, ab und zu gingen wenigstens die Rasensprenger auf dem Kronauer Trainingsplatz an. Da war für ein wenig Abkühlung gesorgt. Grundsätzlich ist es aber nun mal so, dass die ersten zwei Wochen in einer Saison die härtesten sind.

Vor der Saisonvorbereitung stand Urlaub an: Wo warst du?

Gensheimer: Ich war in Thailand und es war sehr schön. Ich bin gut erholt zurückgekommen.

Du musstest aber zwischendurch mit dem EM-Aus der Nationalmannschaft einen kleinen Schock verdauen . . .

Gensheimer: Ja, das stimmt. Ich saß nachts um drei Uhr in Bangkok vorm Liveticker. Das war ein richtiger Schock für mich, als die Niederlage in Montenegro und damit unser Ausscheiden in der Qualifikation perfekt war. Insgesamt ist die Situation für den deutschen Handball nicht gerade einfach.

Inwieweit behindern dich die Nachwirkungen deines Achillessehnenrisses noch?

Gensheimer: Ich habe selbst ein bisschen früher mit dem Training begonnen, bin laufen gegangen und habe manchmal mit der zweiten Mannschaft im handballerischen Bereich etwas getan. Das hat mir gut getan. Ich musste nur ein einziges Mal eine Laufeinheit auslassen und bin aufs Fahrrad umgestiegen.

Bist du schon wieder in Topform?

Gensheimer: Ich bin noch nicht bei 100 Prozent, aber das ist auch normal. Die Ärzte haben mir gesagt, dass es bis zu einem Jahr dauern kann, ehe ich die gleiche Sprungkraft habe wie vor der Verletzung.

Blicken wir noch einmal zurück: War die vergangene Saison deine schönste oder grausamste bei den Löwen?

Gensheimer: Das Fazit fällt zweigeteilt aus. Für mich war es durch die schwere Verletzung und die damit verbundene Zuschauerrolle nicht einfach. Jeder Sportler möchte auf der Platte stehen und nicht hinter der Bank sitzen. In der Reha ist man immer auch ein bisschen Einzelsportler – und das kennt man als Handballer nicht. Aber der Saison-Abschluss mit meinem Comeback beim Final Four in Nantes und dem Europapokalsieg hat den Rest vergessen lassen.

Du bist nicht mehr der Alleinunterhalter, die Löwen haben mit Stefán Sigurmannsson jetzt einen zweiten Linksaußen im Kader…

Gensheimer: Und das ist eine gute Lösung: Wir spielen in dieser Saison wieder in der Champions League und müssen in diesem Wettbewerb sehr viele Spiele auf sehr hohem Niveau bestreiten. Das wird Kraft kosten, weshalb es sehr gut ist, dass wir uns abwechseln können. Stefán hat während meiner Verletzungspause gezeigt, dass er dem Team helfen kann.

Vor einem Jahr erfolgte der Radikalumbruch, jetzt sieht man klarer. Wohin führt denn der Weg der Löwen?

Gensheimer (lacht): Das Schöne am Sport ist ja, dass man nichts vorhersehen kann. Auch die anderen Mannschaften trainieren und verstärken sich, um sich zu verbessern. In der vergangenen Saison haben wir uns für die Champions League qualifiziert und den EHF-Cup gewonnen. Das war sehr viel mehr, als wir selbst von uns erwartet haben. Jetzt hoffen wir, auch in dieser Saison um die Europapokalplätze mitspielen zu können.

Geht das konkreter?

Gensheimer (lacht): Nein, das sage ich bewusst so. Ich will nicht von der erneuten Qualifikation für die Champions League reden. In der vergangenen Saison haben wir viele Spiele nur ganz knapp gewonnen und sind nicht zuletzt deshalb so gut gestartet, weil wir keine Doppelbelastung mit der Königsklasse hatten. Diese haben wir in dieser Runde aber von Beginn an. Wir haben schon in der zurückliegenden Halbserie gemerkt, wie hoch der Substanzverlust war, als es im EHF-Cup so richtig losging. Aber wir haben uns 2012/2013 eine Menge Selbstvertrauen erarbeitet und hoffen, das mit in diese Runde zu nehmen. Wichtig ist nur, dass wir uns nicht auf den zurückliegenden Erfolgen ausruhen, sondern wir müssen diese Leistung bestätigen. Die Konkurrenz schläft garantiert nicht.

Allerdings müsst ihr erst einmal ohne Alexander Petersson auskommen.

Gensheimer: Ihn kann man nicht eins zu eins ersetzen. Alex ist ein Weltklassespieler, auf den sich eine Mannschaft in den entscheidenden Situationen sowohl in der Abwehr als auch im Angriff verlassen kann. Mit Runar Karason haben wir aber einen guten Spieler dazubekommen und ich gehe davon aus, dass er zusammen mit Isaías Guardiola diese Lücke schließen kann.

Kein Spieler ist also unersetzlich…

Gensheimer (lacht): Das hat man doch in der vergangenen Saison gesehen. Da ist die Mannschaft mit meinem Ausfall auch ganz gut klargekommen.

Du lobst als Kapitän immer den tollen Charakter dieses Teams: Woran machst du das genau fest?

Gensheimer: Das ist meiner Meinung nach für jeden Zuschauer leicht zu erkennen. In der vergangenen Saison gab es einige Spiele, die wir auch hätten verlieren können. Aber wir haben immer gekämpft, in schlechten Phasen zusammengehalten und nie den Mut verloren. Es gibt immer Aufs und Abs im Laufe eines Spieles und erst recht im Laufe einer Saison, aber wir haben uns nie aus der Ruhe bringen lassen. Das beweist den tollen Charakter und die emotionale Stärke dieser Mannschaft.

Was wollt ihr den Fans in dieser Saison bieten?

Gensheimer: Wir wollen an die vergangene Spielzeit anknüpfen, tollen Handball zeigen und mit Leidenschaft agieren. Unsere Siegermentalität hat uns ausgezeichnet – und genau die wollen wir wieder zu unserem Markenzeichen machen.

Wie groß ist die Vorfreude auf die Champions League?

Gensheimer: Riesig! Aber dieser Wettbewerb ist auch eine große Herausforderung für uns. Und damit meine ich nicht nur die Spiele gegen starke Gegner, sondern auch die vielen Reisen. Wir müssen uns alle darüber im Klaren sein, dass wir jeden dritten Tag auf der Platte gefordert sein werden. Es wird darum gehen, beim Rückflug vom Champions-League-Spiel in St. Petersburg schon an das nächste Bundesligaduell zu denken und in diese Partie mit der gleichen Einstellung zu gehen. Da sind wir alle gefordert.

Was sagst du zu eurer Vorrundengruppe in der Königsklasse?

Gensheimer: Wir müssen uns vor keiner dieser Mannschaften verstecken, auch wenn das starke Gegner sind. Ich freue mich besonders auf das Auswärtsspiel in Veszprém. Dort herrscht immer eine exzellente Stimmung, vielleicht sogar die beste in der Handball-Welt. Und auch das Wiedersehen mit Pino Torgovanov hat es in sich. Wir haben bei den Löwen ja noch zusammengespielt, jetzt ist er Trainer in St. Petersburg, hat dort in den vergangenen Jahren mit einer jungen Mannschaft richtig gute Arbeit gemacht.

2011 waren die Löwen beim Final Four der Champions League dabei. Ist das wieder möglich?

Gensheimer: Wenn man einmal in Köln gewesen ist, will man immer wieder da hin. Dieses Turnier ist das beste Event im Vereinshandball. Bis dorthin ist aber noch ein sehr langer Weg. Und dummerweise möchten mehrere Mannschaften am Final Four teilnehmen.    

 

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