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Tomas Svensson über seine neue Rolle und seine neuen Kollegen
Tomas Svensson ist der lebende Beweis, dass der innere Drang entscheidend für große Leistungen ist. Mit 43 Jahren zählt der Schwede selbst in der Gilde der Handball-Torhüter zu den „Alten“, was ihn aber nicht davon abhält, immer noch große Spiele abliefern zu können und den gleichen Ehrgeiz zu entwickeln, wie zu Beginn seiner Karriere. Der Welt- und Europameister nutzte die Chance, im Spätherbst seiner Laufbahn bei den Löwen als Keeper und Torwarttrainer in Personalunion anzuheuern. Jetzt hat er die Aufgabe, selbst bereit zu sein, die entscheidenden Bälle zu halten und andererseits Henning Fritz und Goran Stojanović zu unterstützen, damit sie diesen Job erledigen können.
Hallo Tomas, hast Du Dich schon in Deiner neuen Umgebung zurecht gefunden?
Ja, in jedem Fall. Ich habe eine schöne Bleibe in Wiesloch gefunden. Es gefällt mir hier sehr gut und der Verein hat mir bei der Suche unheimlich gut geholfen. Außerdem hat mich die Familie von Henning Fritz unterstützt, so dass mir der Einstieg hier sehr erleichtert wurde.
Ist Deine Familie mit nach Deutschland gekommen?
Nein, im Augenblick sind meine Frau und unsere drei Kinder noch in Spanien. Das liegt zum Einen daran, dass der Wechsel sehr schnell über die Bühne ging und wenig Zeit blieb, die Vorbereitungen für die Familie zu treffen. Andererseits gehen unsere Kinder jetzt zur Schule und wir wollten sie nicht so unvermittelt aus ihrer Umgebung reißen. Meine Frau Montse und ich haben noch nicht endgültig entschieden, wie wir es künftig handhaben wollen.
Also bist Du im Augenblick alleine in Wiesloch?
Ja, das stimmt, aber die Leute sind sehr nett, die Nachbarn haben mich sehr gut aufgenommen. Es ist wirklich sehr schön hier, auch wenn ich anfangs dachte, dass Wiesloch eine ziemlich kleine Stadt ist. Inzwischen bin ich sehr froh, genau dort leben zu können.
Wie waren die ersten Wochen mit der neuen Mannschaft?
Absolut super. Ich hatte zuerst ein paar Probleme mit der Sprache, weil ich trotz meiner drei Jahre in Hamburg etwas Zeit benötigte, um die Wörter wieder zu finden. Aber jetzt klappt das schon sehr gut, ich mache Fortschritte.
Du hast erzählt, dass Dir die Familie Fritz geholfen hat. Wie gut kennst Du Henning?
Wir kennen uns schon sehr viele Jahre, weil wir uns immer wieder in Spielen als Kontrahenten gegenüberstanden. Daraus resultiert ein großer gegenseitiger Respekt und als Torhüter sind wir uns beide automatisch immer sehr nah gewesen. Jetzt freue ich mich sehr darauf, dass wir zusammenarbeiten können.
Du hast bei den Löwen eine interessante Aufgabe vor Dir, denn Du sollst als Torwarttrainer fungieren und gleichzeitig selbst zwischen den Pfosten stehen.
Ja, das stimmt. Das ist eine tolle, aber auch große Aufgabe für mich. Eine tolle Herausforderung, auf die ich mich sehr freue. Es ist ein toller Job, diese Torhüter Henning und Goran zu verbessern. Beide sind bereits sehr, sehr gute Torhüter, aber ich bin überzeugt, dass es noch Verbesserungspotenziale gibt. Und wir werden versuchen, die zu finden.
Wie schätzt Du die beiden anderen Keeper der Löwen ein?
Henning war fünf Jahre lang der beste Torhüter der Welt, das sagt eigentlich schon alles über seine Klasse aus. Goran kannte ich nicht so gut wie Henning, aber auch er hat unglaubliche Fähigkeiten und dieses typisch jugoslawische Torwartspiel. Und die wichtigste Tatsache bei ihnen ist, dass sie unheimlich trainingsbegierig sind. Sie wollen trainieren, an sich arbeiten und sich verbessern. Das sind gute Voraussetzungen, um gute Arbeit leisten zu können.
Henning und Goran sind sehr erfahrene Torhüter. Inwieweit kannst Du ihnen noch Dinge beibringen?
Es gibt immer die Möglichkeit, sich zu verbessern. Arpad Šterbik ist der beste Torwart der Welt und 2,10 Meter groß. Er muss vielleicht nicht trainieren, aber alle anderen Keeper können sich durch gute Trainingsarbeit steigern.
Wie willst Du positive Effekte auslösen?
Es ist meine Aufgabe, neue Ideen und Inspiration einzubringen. In dem Moment, wenn Henning und Goran mit neuen Reizen konfrontiert werden, können sie daraus positive Dinge für sich ableiten. Hinzu kommt, dass ich selbst noch im Tor stehe und deshalb genau weiß, was gerade auf dem Feld passiert und inwiefern sich das Spiel für die Torhüter verändert.
Wie meinst Du das?
Die Torhüter müssen sich ständig neuen Aufgaben stellen. Das liegt daran, dass sie ständig neuen Angriffsspielern gegenüber stehen. Und darauf muss man sich einstellen. Würde ich auf der Tribüne sitzen und das Spiel von dort analysieren, könnte ich nicht immer nachvollziehen, was auf dem Feld passiert. Weil ich es aber selbst erlebe, habe ich ein besseres Gefühl.
Wer fällt eigentlich die Entscheidung darüber, wer im Tor steht?
Das muss der Trainer machen. Guðmi und ich reden natürlich darüber, aber letztlich muss und soll er entscheiden. Er ist Cheftrainer und außerdem bin ich ja gleichzeitig Spieler. Während der Partien trifft er ebenfalls die Entscheidung, wobei wir Keeper auch miteinander kommunizieren.
Gibt es aus Deiner Sicht eine Rangfolge der Torhüter?
Nein und ich denke, das ist ein großer Vorteil für uns. In Kiel ist beispielsweise immer im Vorfeld klar, wer im Tor beginnt und auch die gegnerischen Teams können sich darauf einstellen. Bei uns weiß niemand genau, wer zwischen den Pfosten stehen wird. Das macht es für den Gegner schwieriger. Wenn Goran bald hoffentlich bei 100 Prozent Fitness angekommen ist, wird es noch besser für uns.
Was ist das Entscheidende für einen Torhüter?
Wichtig ist, dass es ein Wort für einen Torwart nicht geben darf: unmöglich. Ich bin der Meinung, dass man theoretisch jeden Ball halten kann. Das Tor ist sechs Quadratmeter groß, als Keeper nimmt man davon einen Quadratmeter ein. Die Aufgabe ist es, den Winkel für den Angreifer so klein wie möglich zu machen, damit sich die verbleibenden fünf Quadratmeter verringern.
Es kommt also auf Kleinigkeiten an?
Ja, das ist so. Man muss sich vorstellen, dass es unser Job und unser Ziel ist, die besten Würfe der Welt abzuwehren, denn unsere Gegner haben die besten Spieler in ihren Reihen. Dafür muss man sich sehr gut vorbereiten und bereit sein, hart an sich zu arbeiten.
Und am Ende ist man als Torwart auf dem Feld auf sich allein gestellt.
Ja, richtig und deshalb ist es unsere Aufgabe, dass die Torhüter eine Gemeinschaft bilden, um sich trotzdem unterstützen zu können. Wenn man als Keeper während einer Partie zwei, drei blöde Tore kassiert, kann man sich schnell alleine im Team, in der Halle und insgesamt im Leben fühlen. Diese Gefahr besteht und wir wollen dem entgegenwirken, in dem die Kommunikation untereinander stimmt. Wenn man als Torwart weiß, dass auf der Bank wirklich jemand sitzt, der auf Deiner Seite ist, hilft das ungemein weiter.
Du hast in einem Interview gesagt, dass Du froh bist, nach der langen Zeit in Spanien wieder in Deutschland spielen zu können. Warum?
Ich befinde mich am Ende meiner Spielerlaufbahn und möchte diese Zeit so gut wie möglich genießen. In Spanien befinden sich die Klubs in einer schwierigen Phase, weil sich das Land in großen Schwierigkeiten befindet. Zudem gibt es dort nur zwei, drei oder vier wirklich gute Mannschaften. Dort fährt man zehn Stunden mit dem Bus zu einem Auswärtsspiel nach Torrevieja, um dort dann vor 200 Zuschauern zu spielen. Das ist in Deutschland anders und darauf freue ich mich, weil die Hallen voll sind.
Bei Deinen Heimpremieren geht es innerhalb von vier Tagen zunächst gegen Balingen-Weilstetten, anschließend gegen Hamburg. Das werden zwei ganz unterschiedliche Aufgaben, oder?
Ja, das kann man wohl sagen. Aber beide Spiele für sich werden sehr schwer. Balingen-Weilstetten hatte einige Änderungen in der Mannschaft, aber man weiß beim HBW nie, was genau einen erwartet. Und über den HSV brauchen wir nicht groß zu sprechen, immerhin ist das der aktuelle Deutsche Meister. Aber unabhängig davon wollen wir die Partien in der SAP ARENA natürlich gewinnen. Das ist unsere klare Zielvorgabe. Die Halle soll unsere Burg werden, auch wenn es schwer ist, alle Heimspiele zu gewinnen, wollen wir es zumindest versuchen – mit der Unterstützung der Fans.
Ist die Begegnung gegen die Hamburger für Dich eine besondere, weil du drei Jahre für den HSV unter Vertrag standest?
Ja, absolut. Es wäre wohl ziemlich unglaubwürdig, wenn ich sagen würde, dass es ein Spiel wie jedes andere für mich wäre. Schließlich war ich damals der erste Spieler überhaupt, der einen Vertrag beim HSV unterschrieben hat.
Kennst Du noch Spieler aus Deiner Zeit beim HSV?
Ja, die Gille-Brüder waren damals schon dabei. „Pommes“ Hens und „Toto“ Jansen ebenfalls. Es wird ein schönes Wiedersehen, da bin ich sicher. Aber während der 60 Minuten ruhen die Freundschaften, da zählen nur die Löwen.
Wie hast Du den Titelgewinn der Hamburger erlebt und verfolgt?
Ich habe mich sehr für die Leute im Verein gefreut. Für mich war es letztlich aber nicht überraschend. Es war klar, dass die Meisterschaft irgendwann nach Hamburg geht, weil der Klub und die Spieler viele Jahre hart dafür gearbeitet haben.