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Topspiel in Kiel! Titel in Nantes?

Nach Sieg über Minden messen die Löwen dem EHF-Cup mehr Bedeutung zu als dem Duell am Dienstag beim THW

MANNHEIM. Schweden, Norweger und Isländer – Handballer verschiedenster Nationalitäten haben schon für die Rhein-Neckar Löwen getroffen. „Ich bin der erste Pfälzer“, sagt Denni Djozic und grinst. Beim 32:22-Sieg des Champions-League-Aspiranten über GWD Minden darf der 21-Jährige in der Schlussphase ran und trifft zum 29:19. Es ist ein besonderer Treffer für den Studenten – aus mehreren Gründen. Denn er ist nicht nur zum ersten Mal in der Bundesliga erfolgreich, sondern auch noch auf ungewöhnliche Art und Weise. Der gelernte Linksaußen kommt auf dem rechten Flügel zum Einsatz, mit der rechten Hand versenkt er den Ball am verdutzt dreinblickenden GWD-Keeper Anders Persson vorbei im Netz. Keine Frage: So ein Tor sieht man nicht alle Tage.

Djozic: Unbeschreibliches Gefühl

Ein unbeschreibliches Gefühl sei das, gewährt Djozic einen Blick in sein Innenleben: „Von so etwas habe ich als Kind immer geträumt. Ich freue mich über jede Minute, die ich spielen darf.“ Egal, auf welcher Position. „Wenn der Trainer sagt, ich soll Patrick Groetzki als Rechtsaußen ablösen, dann mache ich das. Ich habe darüber ehrlich gesagt gar nicht so viel nachgedacht.“

In der internen Torschützenliste zog der Sohn bosnischer Eltern durch seinen Treffer an einem gestandenen Nationalspieler vorbei. Abwehrchef Oliver Roggisch hat laut Statistik sogar noch kein einziges Mal in dieser Saison aufs gegnerische Tor geworfen. Drei Liga-Partien bleiben dem Blondschopf für sein erstes Saisontor, wenngleich er diesem Unterfangen keine Bedeutung zumisst. Zu reizvoll sind die kommenden Spiele, zu wichtig die Saisonziele der Löwen. „Jetzt kommen die großen Aufgaben“, sagt Roggisch mit Blick auf das Bundesliga-Topspiel am Dienstag (20.15 Uhr) beim THW Kiel und das Final Four um den EHF-Pokal am nächsten Wochenende. „Diese Woche ist von großer Bedeutung, wobei der Samstag für uns wichtiger ist“, schreibt Manager Thorsten Storm dem Europapokal-Halbfinale gegen Frisch Auf Göppingen die höchste Priorität zu: „Auf dieses Final Four haben die Jungs lange hingearbeitet.“

Auch Roggisch kann nicht verhehlen, dass die EHF-Pokal-Endrunde schon im Kopf herumschwirrt. „Ich würde lügen, wenn ich das Gegenteil behaupte. Ich werde nämlich wohl nicht mehr in den Genuss kommen, viele Halbfinalspiele zu bestreiten“, streicht der 34-jährige Abwehrchef die Bedeutung des Turniers in Frankreich heraus. Für ihn persönlich, aber auch für ganze Mannschaft. Der Tenor ist klar, der erste Titel soll und muss endlich her. „Wir müssen noch einmal alle 20 Prozent drauflegen“, fordert Roggisch, „dann belohnen wir uns für eine gute Saison.“

THW kann morgen Meister werden

Dank des überzeugenden Erfolgs am Samstag gehen die Löwen auf jeden Fall mit viel Rückenwind in diese richtungsweisende Woche. Torwart Niklas Landin pariert gegen GWD 67 Prozent aller Würfe, das Tempospiel erinnert an die glorreiche Hinrunde, die einfachen Tore aus dem Rückraum von Zarko Sesum und Kim Ekdahl du Rietz fallen ebenfalls. „Ich bin mit den beiden Jungs sehr zufrieden“, lobt Trainer Gudmundur Gudmundsson, der die Partie in Kiel aber nicht nur als Testlauf für die Europapokal-Endrunde sieht: „Das Final Four ist ein Höhepunkt, keine Frage. Aber es ist auch schön, Tabellenzweiter zu sein. Wir müssen unsere Aufgabe beim THW ordentlich erledigen.“

Was er damit genau meint, bleibt offen. Fest steht: Gewinnen die Norddeutschen am Dienstag gegen die Löwen, sind sie Meister. „Gefühlt haben die Kieler schon länger den Titel sicher. Es ist unmöglich, über eine ganze Saison gesehen vor dieser Mannschaft zu stehen. Dafür ist dieses Team einfach zu gut zusammengestellt“, stellt Storm klar. Er übt sich in Zurückhaltung – ganz im Gegensatz zu Patrick Groetzki: „Ich möchte die Kieler am Dienstag noch nicht jubeln sehen, sondern lieber dem THW die Party ein bisschen versauen.“ In Nantes wollen die Löwen dann aber selbst feiern. Alle zusammen. Schweden, Norweger, Isländer – und natürlich Pfälzer.

Von Marc Stevermüer