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Trauer – aber raus mit Applaus

Kiel. Es ging hin und her. Keiner gab nach, niemand wich zurück, alle wollten gewinnen. Der THW Kiel und die Rhein-Neckar Löwen lieferten sich eine begeisternde Schlacht. Das Geschehen vor 10 250 Zuschauern gestaltete sich dramatisch, spannend, nervenaufreibend. Die beiden Handball-Bundesligisten wollten sich unbedingt fürs Final Four in der Champions League qualifizieren. Sie schenkten sich nichts. Und am Ende jubelte der THW. Wieder einmal. Nach dem 29:28-Sieg im Hinspiel vor einer Woche in Mannheim gewannen die Norddeutschen gestern auch das zweite Viertelfinal-Duell. Mit 31:30 (12:13) behielt der Klub von der Ostsee die Oberhand.

„Meine Mannschaft erlebt momentan eine harte Zeit. Wie schon im Pokalfinale gegen Hamburg haben wir eine Top-Leistung gezeigt. Doch leider wurde sie wieder nicht belohnt“, war Trainer Ola Lindgren nach der Partie ein wenig traurig. In die Enttäuschung mischte sich aber auch eine Portion Stolz: „Wir haben dem THW 120 Minuten lang die Stirn geboten.“

Omeyer macht den Unterschied

Wie schon im Hinspiel zeigten beide Mannschaften kein hochklassiges, dafür aber ein hart umkämpftes Spiel. Kiel erwischte den besseren Start und führte früh 5:2 (9.), weil der THW in Torhüter Thierry Omeyer einmal mehr einen bärenstarken Rückhalt zwischen den Pfosten stehen hatte. „Wir haben zu viele Chancen ausgelassen. Das darf sich keine Mannschaft erlauben, wenn sie gegen Kiel siegen will. Leider hatten wir dieses Problem schon vor einer Woche“, trauerte Manager Thorsten Storm den vergebenen Möglichkeiten nach: „Wir haben die Chance bekommen, hier zu gewinnen. Der Gegner hat nicht gut gespielt, aber wir sind an Omeyer gescheitert. Er hat dem einen oder anderen Spieler unseres Teams den Schneid abgekauft.“

In der Tat sorgte der THW-Torwart erneut für den entscheidenden Unterschied. Löwen-Keeper Slawomir Szmal, der auch in der kommenden Saison definitiv das Trikot der Badener tragen wird, zeigte 40 Minuten lang eine starke Leistung. Aber Omeyer präsentierte sich in der gesamten Begegnung in einer Weltklasseverfassung.

Und trotzdem war für die Löwen die Überraschung möglich. Kurz vor der Pause führten sie mit zwei Treffern (13:11), fünf Minuten vor dem Abpfiff stand es 27:27. Doch dann kassierte Nikola Manojlovic nach seiner dritten Zeitstrafe die Rote Karte (56.) – und Kiel zog vorentscheidend auf 30:27 (58.) davon.

Um den THW irgendwann stürzen zu können, basteln die Löwen weiter eifrig am Kader für die Zukunft. Laut Medienberichten wollen die Gelbhemden ab 2011 den ablösefreien Krzysztof Lijewski vom HSV Hamburg unter Vertrag nehmen. Angeblich bieten die Badener dem Polen 400 000 Euro Jahresgehalt. „Diese Summe stimmt nicht. Richtig ist: Wir haben großes Interesse an dem Spieler, der sich mit Hamburg nicht geeinigt hat. Alles andere ist Rechtfertigungsrhetorik“, spielte Storm auf die verbalen Spitzen aus der Hansestadt an. Er räumte allerdings ein, dass die Löwen im Poker um die Rückraum-Rakete gute Karten haben: „Die Zukunft spricht für uns. Wir haben ein klares Konzept und mit Karol Bielecki den besten Kumpel von Lijewski in unserem Team. Unsere Chancen auf eine Verpflichtung sind nicht so schlecht.“

Von Marc Stevermüer

 03.05.2010