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Ungewollter Kraftakt nach schwachem Start (MM)

Rhein-Neckar Löwen zeigen in der Champions League gegen Medwedi Tschechow eine enttäuschende erste Halbzeit, gewinnen aber dennoch 34:29

MANNHEIM. Ein bisschen Kraft sparen, die Begegnung kontrollieren, die Leistungsträger schonen und im Vorbeigehen zwei Punkte einsacken: So hatten sich das die Rhein-Neckar Löwen in der Champions League gegen Medwedi Tschechow vorgestellt. Doch daraus wurde nichts. Zwar blieben beim 34:29 (16:16)-Sieg die Punkte wie erwartet in Mannheim, allerdings hatte der Handball-Bundesligist mit dem russischen Serienmeister in der ersten Halbzeit mehr Mühe als erwartet. „Wir müssen uns an die eigene Nase fassen, dass es so ein Kraftakt geworden ist“, ärgerte sich Andy Schmid: „Wenn man so spielt wie wir in der Anfangsphase, reicht das nicht in der Champions League.“

Die Leistungsträger Uwe Gensheimer und Alexander Petersson nahmen gegen Tschechow zunächst auf der Bank Platz, doch schon nach einer Viertelstunde sah sich Trainer Nikolaj Jacobsen aufgrund des schwachen Auftritts seiner Mannschaft zu Umstellungen gezwungen. Die Löwen ließen alles vermissen: Tempo, Konzentration, Abstimmung, Aggressivität und die nötige Einstellung. Spukte da etwa schon der Bundesliga-Kracher gegen den THW Kiel am Samstag in den Köpfen herum? „Nein, das glaube ich nicht“, meinte Schmid und hatte eine andere Erklärung parat: „Wir haben gedacht, dass etwas einfacher geht. Aber wenn jeder fünf oder zehn Prozent weniger gibt, wird es schwer.“

Harald Reinkind hatte in der Deckung riesige Probleme gegen Dmitry Zhitnikov, der beim 6:4 (10.) für die Russen bereits zum vierten Mal traf. Als keine Besserung in Sicht war, einzig Mads Mensah Larsen mit Einzelaktionen die Löwen im Spiel hielt und die Russen 12:7 (17.) führten, zog Jacobsen die Notbremse. Petersson rückte für Reinkind ins Team, Gensheimer ersetze Stefan Sigurmannsson und die Löwen stellten auf eine 5:1-Abwehr um. Eine Maßnahme, die Wirkung zeigte. „Diese Umstellung war ein Weckruf für uns. Bei dieser Deckungsformation muss man sich viel bewegen und sehr konzentriert sein“, sagte Schmid.

Die Badener holten Tor um Tor auf, zeigten aber auch eine ganz andere Körpersprache. Spätestens jetzt wusste jeder, was die Stunde geschlagen hatte. Sogar in der zuletzt eher schwachen Überzahl überzeugten Sie diesmal, zwei blitzsaubere Treffer brachten die Gelbhemden auf 9:12 (20.) heran.

Die Löwen steigerten sich in der Abwehr, kamen immer wieder zu Ballgewinnen und in Unterzahl gelang mit einem Doppelschlag sogar die erstmalige Führung zum 15:14 (27.). Keine Frage: Diesen Kraftakt hatte niemand erwartet, doch nach dem 16:16-Pausenstand zog der Vize-Meister endgültig die Zügel an.

Die Badener drängten auf eine schnelle Entscheidung und hatten mit der offensiven Abwehr dafür auch das richtige Mittel gefunden. Noch dazu rief Torwart Niklas Landin nach ebenfalls eher schwachem ersten Durchgang seine gewohnte Klasse ab. Die logische Folge von einer Viertelstunde Vollgas waren ein 12:4-Lauf und die beruhigende 28:20-Führung (48.). Jetzt lief das Spiel so, wie es sich die Löwen von Beginn an gewünscht hatten.

Von Marc Stevermüer