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Unkonzentriert – aber erfolgreich

Heidelberg/Düsseldorf. Unmittelbar nach dem Spiel hatte es Thorsten Storm eilig. Schnell rein ins Auto und ab nach Köln lautete die Devise. Dorthin, wo sich am Wochenende der europäische Handball-Adel traf, dorthin, wo das erste Final-Four-Turnier der Champions League stattfand. Das Gipfeltreffen wollte der Manager der Rhein-Neckar Löwen auf keinen Fall verpassen. Die Vorfreude war groß, die eigene Laune dagegen eher bescheiden. Kein Wunder, denn das, was er kurz zuvor von seinem Personal gesehen hatte, schmeckte ihm nicht sonderlich: Der 30:22 (18:11)-Sieg bei der HSG Düsseldorf war zähe Kost, alles andere als überzeugend. Die Düsseldorfer sind damit – zusammen mit GWD Minden – aus dem Handball-Oberhaus abgestiegen.

Von einer glorreichen Sieben waren die Löwen wieder einmal weit entfernt. Storm bringt es auf den Punkt: „Die ersten zwanzig Minuten haben wir uns ordentlich präsentiert, danach schlichen sich aber leider wieder viele Unkonzentriertheiten ein. Aber jeder Sieg ist wichtig für uns.“ Erneut wurden etliche hundertprozentige Chancen leichtfertig verballert. Wobei ohnehin klar war, dass es in Düsseldorf keinen Schönheitspreis zu gewinnen gibt. Dazu ist die HSG zu schwach, zu limitiert. Einziger Lichtblick im Rheinland: Henning Fritz machte seine Sache überdurchschnittlich gut. Der Torhüter der Löwen zeichnete sich mehrfach aus, angelte sich zahlreiche Bälle, „fischte“ so manchen Rückraum-Kracher von der Linie.

Am kommenden Sonntag steigt nun das letzte Saisonspiel der Gelbhemden. Und es wartet erneut eine Pflichtaufgabe: Wetzlar kreuzt zum Abschluss in der Karlsruher Europahalle auf. Ein Sieg soll her, einer, der vielleicht noch Gold wert sein kann. Denn die Lindgren-Sieben hofft noch, schielt noch auf den vierten Rang, der zur Qualifikationsturnier für die Champions League berechtigen würde.

Doch das hat man bekanntlich nicht mehr in der eigenen Hand. Die Löwen sind auf Schützenhilfe angewiesen, auf einen Ausrutscher von Frisch Auf Göppingen. Und der ist nicht unrealistisch: Die Schwaben haben noch zwei dicke Brocken vor sich. Am Mittwoch muss der Landesrivale in Gummersbach ran und am Samstag in Lemgo. Die Stolpergefahr ist also groß. Storm weiß das, doch den Nordmann lässt das kalt: „Es ist schon schlimm genug, dass es soweit kam. Selbst der dritte Platz wäre drin gewesen, wenn wir mehr Konstanz gezeigt hätten.“

Die Mannschaft hat den Unmut der Führungsetage bereits zu spüren bekommen. Wie die RNZ berichtete, hat Löwen-Aufsichtsratschef Jesper Nielsen, die von ihm gesponserte Abschlussreise nach Mallorca kurzerhand gestrichen. Auch Storm räumt das auf RNZ-Nachfrage ein. Er verrät: „Jesper war nach der Berlin-Pleite unglaublich sauer und enttäuscht. Ich kann das absolut nachvollziehen.“ Nutznießer ist die weibliche B-Jugend, die es auf „Malle“ krachen lassen kann: „Die Flüge waren schon gebucht“, erklärt Storm, „zudem haben es sich die Mädels als Süddeutscher Meister aber auch mehr als verdient: Eine tolle Geste von Jesper!“

Wobei kein falscher Eindruck entstehen darf: Nicht alle Löwen befinden sich auf der Abschussliste. Im Gegenteil: Mit Karol Bielecki, Uwe Gensheimer, Patrick Groetzki und Bjarte Myrhol sind die Macher sehr zufrieden. Mit ihnen wird derzeit bekanntlich über einen neuen Vertrag verhandelt. Storm betont: „Wir sind mit allen auf einem guten Weg, wollen künftig mehr Kontinuität reinbringen. Denn gute Leistungen werden bei uns mit einer Gegenleistung belohnt.“

Das Quartett soll gemeinsam mit den schon offiziell vorgestellten Neuzugängen Börge Lund, Robert Gunnarsson, Andy Schmid und Ivan Cupic sowie den noch inoffiziellen Neu-Löwen Zarko Sesum und Krzysztof Lijewski, das Grundgerüst des anvisierten Gipfelsturms bilden.

Von Daniel Hund

 31.05.2010