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„Unsere Serie können wir nur noch mit einem Sieg gegen Kiel toppen“

Löwen contra Zebras – Keeper Stojanovic vor dem Liga-Gipfel im Interview

Löwen-Torwart Goran Stojanovic fiebert dem Spitzenspiel gegen den THW Kiel (Mittwoch, 28. November/20.15 Uhr, live bei Sport1) entgegen: „Wir haben eine ausverkaufte Halle hinter uns und wollen eine Überraschung möglich machen.“ Außerdem verrät er, was einen guten Schlussmann ausmacht.

Goran, die Löwen haben inzwischen 26:0 Punkte gesammelt. Kannst Du Dich an eine ähnliche Erfolgsserie in Deiner Karriere erinnern?

GORAN STOJANOVIC: Da müsste ich weit zurückdenken, vielleicht mal in Montenegro während meiner Jugendzeit. Aber unsere aktuelle Serie ist auch für mich einmalig, vor allem auf diesem Niveau in der Bundesliga. Das ist schon etwas Besonderes.

Trainer und Manager treten dennoch immer wieder auf die Bremse. Thorsten Storm sagt, ihr hättet noch nichts erreicht . . .

STOJANOVIC (lacht): Na ja, absteigen werden wir mit 26 Punkten wohl nicht mehr. Aber im Ernst: Siege in Göppingen oder Hamburg, gegen Flensburg und Berlin sind für die Löwen nichts Alltägliches. Deshalb sind wir darauf schon etwas stolz, was aber nichts mit Selbstzufriedenheit zu tun hat. Wir haben jetzt eine hervorragende Ausgangsposition, um weiter um die Spitzenplätze mitzuspielen. Diese Serie können wir eigentlich nur noch mit einem Sieg gegen Kiel toppen.

Und ausgerechnet der Meister kommt nun in die SAP Arena. Der ultimative Härtetest, oder?

STOJANOVIC: Das stimmt. Kiel hat einen viel breiteren Kader und wenn sie einen guten Tag erwischen, ist es eigentlich kaum möglich, den THW zu schlagen. Bei uns muss alles passen und Kiel muss einen schwächeren Tag erwischen, damit wir uns in der Mitte treffen. Wir werden auf jeden Fall alles versuchen.

Wie siehst Du die Kieler mit Blick auf die bisherige Saison? In der Liga musste der THW einige Male hart kämpfen und in der Champions League wird es für die Zebras schwer, noch den ersten Platz in ihrer Gruppe zu erreichen.

STOJANOVIC: Man darf sicher nicht den Fehler machen, den THW Kiel an der vergangenen Saison zu messen. Ohne Verlustpunkt Meister zu werden, ist eine einmalige Sache. So eine perfekte Saison kann man nicht beliebig wiederholen. Und in der Champions League hat Kiel harte Gruppengegner. Der THW ist in der Liga noch immer der Maßstab.

Kiel hat überragende Einzelspieler wie etwa Filip Jicha. Können die Löwen diese individuelle Stärke des THW über die Teamarbeit wettmachen?

STOJANOVIC: Das ist ja nicht nur Jicha. Kiel hat auch Narcisse, Vujin oder Omeyer, um nur weitere Namen zu nennen. Aber uns hat bisher ausgezeichnet, dass das Zusammenspiel und auch Kampf sowie Leidenschaft immer gestimmt haben. Außerdem haben wir eine ausverkaufte Halle hinter uns. Wir wollen die Überraschung auf jeden Fall möglich machen.

Mit Thierry Omeyer bringt Kiel auch den überragenden Bundesliga-Torwart der vergangenen Jahre mit. Haben die Torhüter in der Liga eigentlich untereinander Kontakt, gibt es Freundschaften?

STOJANOVIC: Ich pflege da eher professionelle Beziehungen. Man respektiert sich und gibt sich beim Spiel die Hand, aber Freundschaften sind da noch keine entstanden.

Dafür scheint sich das Löwen-Duo Stojanovic/Landin zwischen den Pfosten umso besser zu verstehen. Wie fällt hier Dein bisheriges Fazit aus?

STOJANOVIC: Das passt sehr gut. Niklas Landin ist so stark, dass er trotz seiner Jugend und bereits in seinem ersten Bundesliga-Jahr ein absoluter Leistungsträger ist. Er ist ein echter Weltklasse-Keeper. Und mir tut ein so starker Nebenmann ebenfalls gut. So liegt nicht alle Last auf einem Torhüter. Beide können immer frisch agieren. Und wenn wir gewechselt haben, konnte der eingewechselte Torwart immer wieder für Impulse sorgen. Das funktioniert auch, weil keiner von uns sauer ist, wenn er auf der Bank sitzt. Wir sehen uns selbst als Team und müssen schließlich an die ganze Mannschaft denken.

Ist es nicht schwer, als zweiter Torwart auf der Bank die Konzentration hochzuhalten?

STOJANOVIC: Klar, man muss sich immer wieder fokussieren, in der Halbzeitpause nochmals Spannung aufbauen. Wenn gewechselt wird, muss man schließlich sofort zu 100 Prozent da sein, um der Mannschaft sofort zu helfen. Da kann man sich keine große Eingewöhnungszeit leisten. Gegen Flensburg habe ich beispielsweise gar nicht mehr mit einem Einsatz gerechnet, weil Niklas so stark war. Als er sich dann an der Schulter verletzt hat, habe ich etwas Anlaufzeit benötigt, am Ende aber doch noch die Kurve gekriegt.

Und wie sieht die Vorbereitung vor dem Spiel aus. Wurfbilder pauken oder aus dem Moment heraus agieren?

STOJANOVIC: Die Wurfbilder des Gegners zu kennen, ist die Basis. Da geht einfach kein Weg daran vorbei, das muss jeder Torwart abarbeiten, hier hat jeder Schlussmann seine Listen, mit denen er sich immer wieder beschäftigt. Aber dann kommen spontane Faktoren wie das Verhalten der eigenen Abwehr oder andere Unwägbarkeiten dazu, auf die man dann plötzlich reagieren muss. Es klappt nur, wenn man vieles beherrscht. Körperliche Fitness, Kopfarbeit, Reaktionsvermögen und Intuition – ein guter Torwart zu sein, ist eine sehr komplexe Angelegenheit.

Du hast Deine Nationalmannschaftskarriere für Montenegro mittlerweile beendet, das Spiel Deiner Landsleute in Mannheim gegen die deutsche Nationalmannschaft aber sicher beobachtet. Hat Dich der Sieg Montenegros sehr überrascht?

STOJANOVIC: Damit konnte eigentlich niemand rechnen, aber auch da hat man wieder gesehen, was im Sport passieren kann, wenn der Favorit nicht auf der Höhe ist und der eigentliche Außenseiter fest an seine Chance glaubt. Aber die montenegrinische Mannschaft hat natürlich auch eine gewisse Qualität. Immerhin haben sie den Sieg gegen Deutschland dann gegen Tschechien bestätigen können.

Auch Dein Nachfolger Rade Mijatovic hat in der SAP Arena ein Riesenspiel gemacht und die Deutschen fast zur Verzweiflung gebracht . . .

STOJANOVIC: Rade ist ein Super-Typ und ein hervorragender Torhüter, von dem wir sicher noch einiges hören werden. Auch beim Sieg gegen Schweden in der WM-Qualifiaktion hat er schon stark gehalten. Rade spielt momentan bei Dinamo Minsk und da auch in der Champions League. Aber eigentlich gehört er in eine bessere Liga. Ich kann mir vorstellen, dass wir ihn bald in Deutschland sehen.

In der Bundesliga gibt es viele erfahrene Torhüter. Inwieweit hilft Erfahrung im Vergleich zur körperlichen Belastbarkeit?

STOJANOVIC: Keiner wird jünger, Du musst dann eben mehr mit dem Kopf spielen, wenn der Körper nicht mehr so will. Aber die Erfahrung hilft natürlich schon weiter. Ich spiele jetzt seit 2005 in der Bundesliga, kenne alle Spieler und weiß, wie sie werfen können. Das ist sicher ein Vorteil.

Wenn Dein Vertrag bei den Löwen 2014 ausläuft bist Du 37 Jahre alt. Für einen Torwart ist das aber noch kein Alter zum Aufhören, oder?

STOJANOVIC: Nein, man muss sich nur unseren Torwart-Trainer Tomas Svensson anschauen. Der könnte noch heute problemlos mitspielen. Und wenn ich mich 2014 weiter so gut fühle wie im Moment, ist Aufhören kein Thema. Ich denke, ich kann noch ein bisschen auf diesem Niveau spielen und meine Gegner ärgern.