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Verfassung der Spieler offen
Heidelberg. Für Ola Lindgren, 45, war es ein kurzer, ein unerfreulicher Abstecher: Schweden und die Handball-EM in Österreich, das passte irgendwie nicht zusammen. Das Alpen-Gastspiel wurde für den Trainer und seine Mannschaft zum Trauerspiel, zum Albtraum für das Drei-Kronen-Team: Die Lindgren-Sieben schied bereits in der Vorrunde aus, zog in der bärenstarken Deutschland-Gruppe unglücklich den Kürzeren.
Seit letztem Samstag hat ihn nun der Alltag wieder. Der Coach der Rhein-Neckar Löwen ist zurück in der Kurpfalz. Abschalten ist nicht drin. Im Gegenteil: Das Rudel beansprucht ihn wieder voll und ganz. Vor allem gedanklich. Unterbewusst befindet sich der Skandinavier längst im Februar, dem immens wichtigen Monat. Für die Löwen geht es in Kürze nämlich quasi um Alles oder Nichts: Zunächst gilt es in Göppingen (7. Februar) das Pokal-Ticket für das Final-Four-Turnier in Hamburg zu lösen, in der Bundesliga steigt das Heimspiel gegen den THW Kiel (10.) sowie die Auswärtspartie beim HSV Hamburg (17.) und im Rahmen der Champions-League-Vorrunde jagen die Löwen in Kielce (13.), in Veszprém (21.) und in Chambéry (28.). Ein Monsterprogramm, das man möglichst schadlos meistern sollte, andernfalls bläst ein eisiger und rauer Wind durch die Manege, der das ganze Löwen-Projekt in seinen Grundfesten erschüttern könnte. Vor dem Monat der Wahrheit sprach die RNZ mit Ola Lindgren.
> Ola Lindgren, wie groß ist ihre Enttäuschung über das Vorrunden-Aus bei der EM in Österreich?
Wir wussten schon im Vorfeld, dass es in dieser Gruppe richtig hart werden würde. Da sind Mannschaften aufeinander getroffen, bei denen die Tagesform über Sieg und Niederlage entscheidet. Besonders enttäuschend war die Niederlage gegen Slowenien: Wir haben deutlich geführt und haben es selbst aus der Hand gegeben. Gegen Deutschland und Schweden waren es richtig enge Spiele. Es ist schade, dass es nicht mit der Hauptrunde geklappt hat. Auf sie haben wir gehofft.
> In Österreich sind auch einige Spieler der Löwen im Einsatz.
Gerade „Kasa“ Szmal spielt ein richtig gutes Turnier im Tor der Polen. In der Vorrunde war er überragend. Da hat er sich wirklich super präsentiert. Aber gerade im ersten Hauptrunden-Spiel gegen Spanien war auch er dann nicht mehr so gut. Doch das ist kaum verwunderlich: Die Polen haben den Nachteil, dass sie nur einen guten Torhüter im Kader haben. Das ist zu wenig. Denn auch für einen Torhüter ist die Belastung bei solch einem Turnier extrem hoch.
> Michael Müller hat auch das ein oder andere Ausrufezeichen setzen können?
Ja. Aber bei ihm gab es insgesamt viele Auf und Abs. Guten Phasen folgten auch wieder schlechte Minuten. Es ist sehr wichtig für ihn, dass er bei diesem Turnier dabei ist. Es bringt ihn weiter. Durch solche Erfahrungen lernt er Verantwortung zu übernehmen.
> Im Februar geht es für die Löwen ans Eingemachte. Es warten wichtige und ungemein schwere Aufgaben, bleibt zu hoffen, dass sich niemand verletzt…
Definitiv. Bislang ist glücklicherweise nichts passiert. Trotzdem ist noch nicht abzusehen, in welcher Verfassung die einzelnen Spieler zu uns zurückkehren. Es kann schon sein, dass der eine oder andere durch die hohe Belastung ein wenig müde sein wird. Davor hat jeder Trainer Angst, aber man kann es nicht ändern.
> Mittelmann Grzegorz Tkaczyk plant bereits für das Pokal-Duell gegen Frisch Auf Göppingen seine Rückkehr. Ist das realistisch?
Aus meiner Sicht ist er da vielleicht etwas zu optimistisch. Er hat jetzt ein halbes Jahr pausiert, hat seit der letzten Saison keine Spielpraxis mehr gesammelt. Er soll sich Schritt für Schritt wieder heran tasten. Wir machen ihm keinerlei Druck. Wir warten und freuen uns auf ihn: Denn ich bin überzeugt davon, dass er uns auf der Spielmacher-Position weiterbringen wird. Grzegorz verfügt nämlich über große Qualitäten. Sein Ausfall war und ist ein großer Rückschlag für uns.
Von Daniel Hund
28.01.2010