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Viel Zuversicht und einige Zweifel

Die Zahlen könnten die eines Meisters sein, doch 25 Saisonsiege und drei Unentschieden sowie 1 104 in 34 Spielen erzielte Tore verhalfen wieder nicht zum Titel. Letztlich war es sogar etwas enttäuschend, dass die Rhein-Neckar Löwen in der vergangenen Spielzeit der Handball-Bundesliga als Vierte durchs Ziel gingen. Deutlich besser als die Badener hatte der triumphierende HSV Hamburg abgeschnitten. Der THW Kiel und überraschenderweise auch die Füchse Berlin hatten als weitere Direktteilnehmer an der Champions League nur zwei Zähler mehr auf ihrem Abschlusskonto als die Gelb-Schwarzen.

„Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht“, fasst Gudmundur Gudmundsson die Geschehnisse zusammen. Der Löwen-Trainer weiß seine ein wenig mutig klingenden Worte zu belegen. „Wir haben zweimal gegen Kiel gewonnen und insgesamt vier Punkte mehr geholt als noch die Saison davor“, rechnet der Isländer vor. Dass seine Mannschaft die Serie der Pokal-Final-Four-Teilnahmen um einen weiteren Besuch in Hamburg erweiterte, bedarf beinahe keiner weiteren Erwähnung, zumal die SG Flensburg-Handewitt den Titeltraum bereits im Halbfinale beendete.

Nachhaltiger waren die Auftritte auf internationalem Parkett. Lediglich als Qualifikant in die Champions League gestartet, trumpften die Löwen beeindruckend auf, kehrten sogar mit einem Sieg aus Barcelona zurück und schafften den Einzug ins Final-Four der Königsklasse. Nur der glanzvolle Abschluss gelang mit dem vierten Platz in Köln nicht.

Die Antworten auf die Fragen nach den neuen Zielen fallen Gudmundsson leicht. Wesentlich schwieriger gestaltet sich die Umsetzung. „Zunächst wollen wir wieder in die Champions League“, verrät er. Gelegenheit dazu besteht am Wochenende beim Turnier in Kielce. In der Bundesliga möchte der 50–Jährige sein Team gerne zu den Top-Drei zählen dürfen, wobei er den allgemein als Favoriten gehandelten Hamburgern und Kielern den Vortritt auf den ersten beiden Rängen einräumt.

Mit leichten Zweifeln blickt Gudmundsson noch auf die Spielerliste. „Wir haben nicht so einen breiten Kader wie letztes Jahr“, gibt er zu und betont, dass Weltklasse-Handballer die Löwen verlassen haben. „Ich möchte eigentlich gar nicht viel dazu sagen. Es ist schwer zu beurteilen, ob wir stärker oder schwächer geworden sind“, erklärt er.

Seinem Landsmann Olafur Stefansson trauert der Isländer auf jeden Fall nach: „Das war ein ganz wichtiger Spieler und unsere Leitfigur.“ Die Lücke soll Krzysztof Lijewski füllen, obwohl oder gerade weil der Pole mit Nachholbedarf von Hamburg gen Süden zog. Beim Meister brachte er es zuletzt verletzungsbedingt nur auf 13 Bundesligapartien mit 27 Torerfolgen. „Wir haben guten Ersatz bekommen“, versichert Gudmundsson und wirbt gleichzeitig um Geduld: „Er ist ein anderer Typ als Stefansson, und wir müssen ihn natürlich erst noch richtig integrieren.“ Den Alleinunterhalter braucht der Neuzugang ohnehin nicht zu spielen. Auch Michael Müller darf nach einer von Pech geprägten Runde getrost auf die Stefansson-Nachfolge spekulieren.

Rückschläge müssen die Löwen dennoch verkraften. Mit jeweils nur einem Kreisläufer und Rechtsaußen starten sie in die Saison, weil Bjarte Myrhol und Ivan Cupic noch lange fehlen werden. „Viel darf nicht mehr passieren“, sagt der Trainer, der immerhin am zurückliegenden Wochenende etwas aufatmen konnte. Torhüter Goran Stojanovic stand beim Eurotournoi in Straßburg zwar mit einem noch schmerzenden Rücken zwischen den Pfosten, die zeitweise drohende Operation scheint dem ehemaligen Gummersbacher aber erspart zu bleiben. Nicht nur deswegen zeigt sich Gudmundsson mit der Vorbereitung auf die Saison in der „absolut besten Liga der Welt“ zufrieden: „Wir haben gut trainiert und bei Turnieren gegen starke Mannschaften gespielt. Ich denke, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Von Edgar Grünvogel