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Volles Haus zum Jahresende

Löwen empfangen den SC Magdeburg zum letzten Spiel 2015

Wenn man sich aus Vorschuss-Lorbeeren Kränze flechten könnte, hätten die Spieler des SC Magdeburg vor der Saison ein Floristen-Praktikum absolvieren können. Nach Platz vier am Ende der Spielzeit 2014/2015 stand der SCM so gut wie seit neun Jahren nicht mehr da. Zahlreiche Experten erwarteten daher, dass die Magdeburger auch in dieser Spielzeit wieder das Verfolgerfeld hinter dem Top-Trio anführen würden. Im Umfeld war die Euphorie ebenfalls an Zahlen
abzulesen: Mit 4106 verkauften Dauerkarten stellte der Bundesligist einen neuen Rekord in Sachen Fan-Gunst auf, und der eigene Anspruch wurde entsprechend forsch formuliert: „Zielstellung kann nur die Bestätigung der Leistungen des Vorjahres sein“, betonte Manager Marc Schmedt. Langfristig wird in Sachsen-Anhalt sogar die Rückkehr unter die drei besten Mannschaften der Bundesliga angepeilt.

Doch mit Blick auf die bisherige Halbserie sollte sich eher die vorsichtigere Einschätzung von Kapitän Fabian van Olphen bewahrheiten: „Nach oben zu kommen, ist das eine, oben zu bleiben, das andere“, mahnte der Niederländer vor dem Saisonstart und sollte Recht behalten. „Oben“ ist für die Magdeburger derzeit ziemlich weit entfernt. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe. Augenfällig ist beispielsweise das Verletzungspech, mit dem sich die Bördeländer schon seit Beginn der Saison herumschlagen. Linksaußen Yves Grafenhorst kehrte nach seiner Schulterverletzung beim Final Four in Hamburg erst Anfang November zurück, Matthias Musche muss sich nach seiner Knieverletzung bis zum Rückrundenstart gedulden, und Andreas Rojewski liegt ebenfalls auf Eis. Vor allem im rechten Rückraum kam der SCM nie richtig auf Touren, da auch Jure Natek immer wieder angeschlagen war. Die Ostdeutschen reagierten nach der Länderspielpause im
November und holten den serbischen Nationalspieler Nemanja Zelenovic, der im Sommer 2016 ohnehin nach Magdeburg kommen sollte, schon vorzeitig aus seinem Vertrag beim polnischen Top-Klub Wisla Plock.

„Wir wollten keine neuerliche Notlösung verpflichten, die uns am Saisonende dann wieder verlassen muss. Auch wenn wir in den letzten Wochen einiges an Boden in der Liga verloren haben, sind wir der Überzeugung, dass sich das Warten gelohnt hat. Es ist auch ein Zeichen für die substanzielle Entwicklung des SCM in den
letzten Jahren, dass wir nun in der Lage sind, eine derartige Nachverpflichtung in der laufenden Saison zu realisieren“, freute sich Manager Schmedt über den Transfer. Doch so richtig auf Touren kam Magdeburg dennoch nicht – womit der Blick gleich auf die zweite Ursache für die bislang durchwachsene Halbserie fällt: Magdeburg agiert bislang mit zu vielen Phasen, in denen rein gar nichts gelingen will. So verspielte der Traditionsklub beispielsweise beim 24:24 gegen die Füchse Berlin einen zwischenzeitlichen Neun-Tore-Vorsprung, zehn torlose Minuten in Wetzlar sorgten für ein 24:27, zu Hause erlaubte sich der Champions-League-Sieger von 2002 sogar eine 25:26-Niederlage gegen Aufsteiger Leipzig und machte aus dem Spiel gegen Aufsteiger Eisenach nach dem 20:9-
Zwischenstand zum großen Ärger der eigenen Fans noch eine Zitterpartie (27:24).

Ganz offenbar hat der SC Magdeburg in diesem Jahr ein Kopf-Problem mit der gestiegenen Erwartungshaltung und der neuen Rolle als Gejagter. Die Misere gipfelte schließlich in der bitteren 24:32-Niederlage bei Frisch Auf Göppingen am 12. Dezember. Drei Tage später stellten die Verantwortlichen dann Trainer Geir Sveinsson frei. Als neuer Coach beim SCM rückte der bisherige Jugendkoordinator Bennet Wiegert auf, der  Mann an seiner Seite ist Torwart-Coach und Co-Trainer Tomas Svensson, der diese Position auch schon bei den Löwen inne hatte. „Unser sportliche Situation musste zu einer Entscheidung führen. Wir sind der Überzeugung, dass mit Bennet Wiegert und Tomas Svensson Qualität vorhanden ist. Das ist keine Interimslösung, und es macht auch keinen Sinn, diese Sache zu befristen“, sagte SCM-Manager Schmedt. Wiegert, der vorerst nur an „kleinen Stellschrauben“ drehen möchte, bedankte sich für das Vertrauen: „Klar, ich bin jung und kann noch eine Menge lernen. Ich traue mir aber zu, die Mannschaft mit Tomas zu betreuen.“

Für die Löwen ist die morgige Partie das letzte Spiel im Jahr 2015, die Badener erwarten gegen den SCM über 10.000 Zuschauer in der SAP Arena. (Anwurf 17:15 Uhr, SPORT1 überträgt live). Nach der desolaten Vorstellung unter der Woche beim THW Kiel wollen sich die Löwen mit einem Erfolgserlebnis von ihren Fans verabschieden. „Wir sind immer noch Tabellenführer und wollen das auch noch lange bleiben. Mit der Leistung in Kiel hätten wir wohl auch gegen jede andere Mannschaft der Liga verloren“, sprach Trainer Nikolaj Jacobsen nach der enttäuschenden Vorstellung an der Ostseeküste. Jacobsen bat seine Mannschaft bereits am heutigen ersten Weihnachtsfeiertag wieder zum Training, nach Uwe Gensheimer (Muskelfaserriss) fällt mit Patrick Groetzki (Wadenbeinbruch) nun der zweite Leistungsträger langfristig aus. „Wir müssen jetzt als Mannschaft noch enger zusammenrücken, zudem setze ich gegen Magdeburg auf die Unterstützung unserer Zuschauer“, hofft Jacobsen morgen auf einen erfolgreichen Abschluss einer starken Hinrunde.