Veröffentlichung:

Was für eine meisterliche Vorstellung der Rhein-Neckar Löwen (RNZ)

Nach einer herausragenden ersten Halbzeit gewinnen die Rhein-Neckar Löwen mit 32:25-Sieg in Flensburg und sind vorzeitig Herbstmeister

Die Rhein-Neckar Löwen feierten am Mittwochabend vorzeitig den Gewinn der Herbstmeisterschaft in der Handball-Bundesliga und – viel wichtiger – distanzierten einen direkten Konkurrenten um die deutsche Meisterschaft auf beeindruckende Art und Weise. Bei der SG-Flensburg-Handewitt gab es beim 32:25 (18:10) eine Gala der Badener. „Der wichtige Fakt ist, dass wir jetzt so weit vor Flensburg liegen“, sagte Patrick Groetzki nach dem Ende der beeindruckenden Vorstellung. Eine Botschaft wollte er mit dem Sieg nicht an die Konkurrenz gesendet wissen, vielmehr zählten für den Rechtsaußen einfach die beiden Punkte in einem Duell beim Titelrivalen.

Als sich der Hallensprecher daran machte, die Vorbereitungen für das Halbzeitprogramm auf dem Spielfeld zu treffen und kurz danach mit einem Gewinnspiel begann, wirkte es so, als würde ihm niemand zuhören. Die Zuschauer in der legendären „Hölle Nord“ waren damit beschäftigt, das gerade Gesehene einzuordnen. Heimniederlagen gibt es in Flensburg ohnehin selten, aber eine derartige Demonstration durch eine Gästemannschaft war bis zu diesem Mittwochabend eigentlich nicht vorstellbar. Irgendwann gegen Lemgo soll es mal einen ähnlichen Rückstand nach 30 Minuten gegeben haben, zu einer Zeit, als Lemgo noch eine Spitzenmannschaft war. Mindestens zehn Jahre läge das zurück.

„Das war wohl das Beste, was wir in den letzten Jahren gespielt haben“, beschrieb Andy Schmid die erste Halbzeit. In der hatte der Spielmacher sogar einmal als Torhüter geglänzt, als er in Unterzahl bei einem Gegenstoß der SG gegen Lasse Svan parierte. Diese Aktion war symptomatisch. Während bei den Löwen alles klappte, blieben die Flensburger zu fehlerhaft. Es schien unwirklich, aber an der Anzeigetafel prangte zur Pause eine 18:10-Führung und brachte Gewissheit. Das Duell des Tabellenführers beim schärfsten Verfolger wurde zu einer klaren Angelegenheit und zu einer Botschaft an alle Konkurrenten: Der Titel führt in dieser Saison über die Mannschaft, der das Siegergen bislang abgesprochen wurde. Seit gestern ist eigentlich nur noch Titelverteidiger THW Kiel in Reichweite der Löwen, nachdem Melsungen überraschend gegen Hamburg verlor.

Die Löwen gewannen das Topspiel, weil die Abwehr in dem wichtigsten Spiel der zurückliegenden Wochen wieder das Niveau erreichte wie zu Saisonbeginn. Trainer Nikolaj Jacobsen hatte für eine kleine Überraschung gesorgt, indem er mit einer 5+1-Formation verteidigen ließ, in der Hendrik Pekeler der vorgezogene Akteur war. Und mit dieser Variante zogen die Löwen der SG früh den Zahn. „Wir haben das zwei Tage lang trainiert und wollten mit dieser Formation das Tempo aus dem Flensburger Spiel nehmen“, sagte Jacobsen und durfte nach dem Spiel zufrieden sein: Sein Plan war 30 Minuten lang perfekt aufgegangen.

Nach der Pause gab es einen Beleg für die Unberechenbarkeit der Sportart Handball, denn nach 22:14-Führung ließen die Löwen nach und mit fünf Toren in Serie kämpften sich die Flensburger wieder in Schlagdistanz 19:22 (44.). Jetzt tobte die Halle, aber die Löwen bestanden den Stresstest. „Wir haben uns danach gegen die offensive Deckung wieder besser bewegt und die Nerven behalten“, sagte Uwe Gensheimer. Der Kapitän zeigte in dieser Phase keine Schwächen vom Siebenmeterstrich, und als die Löwen sieben Minuten vor Schluss mit 27:22 vorne lagen, war der Sieg im Spitzenspiel perfekt.

Von Michael Wilkening