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„Weltklasse, was Goran geleistet hat“ (RNZ)

Mannheim. Zu zweit saßen sie oben auf dem Podium, der Trainer und der Manager, Gudmundur Gudmundsson und Thorsten Storm, die starken Zwei bei den Rhein-Neckar Löwen. Gemeinsam, Seite an Seite, warteten sie auf die Kollegen aus Großwallstadt, auf den Beginn der Pressekonferenz. Langeweile kam nicht auf: Teo und Gudmi steckten die Köpfe zusammen, flüsterten, gestikulierten, hatten sich viel zu erzählen. Von einem tollen Spiel, von bissigen Löwen, von einem beeindruckenden 30:23-Sieg.Oderging es dochumetwas anders? Gut möglich, denn irgendwie passten Gestik und Mimik nicht zu dem, was sich da zuvor in der SAP Arena abgespielt hatte. Da war kein Lachen, nicht mal ein klitzekleines Siegerlächeln huschte ihnen übers Gesicht.

Rund zehn Minuten später änderte sich das. Kaum hatte Gudmundsson die Empore verlassen, grinste er jeden an, der seinen Weg kreuzte. Zufrieden, richtig stolz war der kleine Isländer auf seine Handball-Riesen: „Heute haben wir unser wahres Gesicht gezeigt, mit einer Spielfreude und einer Körpersprache, die ich zuletzt vermisst habe.“ Widerspruch zwecklos. Es war Spaß-Handball, Präzisionsarbeit, von einer Löwen-Mannschaft, der vor allem in der ersten Halbzeit nahezu alles gelang. Es passte einfach: Vorne, hinten, überall. Und der Bundesliga-Dino? Der sah richtig alt aus, wurde von Zwölf-Tore-Mann Uwe Gensheimer und seinen Kollegen regelrecht überrollt.

Zudem hatten die Löwen, bei denen sich Börge Lund am Knie verletzte, einen in ihren Reihen, der ab und an über magische Kräfte zu verfügen scheint: Goran Stojanovic, der „Hexer“ zwischen den Pfosten. Am Mittwochabend war er hellwach, wehrte 18 von 36 Würfen ab. Mal mit der Hand, mal mit dem Fuß, mal mit der Schulter. Einfach gigantisch. Sein Trainer lobte ihn dafür, sagte das Wort, das durch kein anderes zu toppen ist: „Weltklasse, was Goran heute geleistet hat, war Weltklasse.“ Als Spieler hört man das gerne. Manche heben dann ab. Andere nicht. Stojanovic gehört zu den anderen, zu den ganz wenigen, die sich in solchen Situationen bewusst kleiner machen, als sie sind. Lob gibt er regelmäßig weiter. An die Mannschaft, an den Trainer: „Mit so einer Abwehr vor sich und so einer guten Vorbereitung im Rücken, ist es einfach zu spielen.“

So viel zur guten Laune, hin zu traurigeren Themen. Seit gestern ist nämlich klar, was eigentlich ohnehin schon klar war: Robert Gunnarsson, Henning Fritz und Michael Müller werden das Löwenrudel zum Saisonende verlassen. Hinter Oliver Roggisch, dem nationalen Abwehr-Giganten, steht hingegen noch ein Fragezeichen. Gut möglich, dass sein Vertrag doch noch verlängert wird. Klar ist: Der lange Blonde müsste finanzielle Abstriche machen. Storm, der Nachdenkliche: „Wir würden hinter das Thema Roggisch gerne noch im Dezember einen Haken machen.“ Gudmundsson stellt klar: „Auf ihn würde ich nur ganz ungern verzichten. Oli hat sich deutlich gesteigert, kämpft immer.“

Im Fall Müller waren gar keine Gespräche nötig. Der Linkshänder zog selbst die Reißleine, sucht eine neue Herausforderung. „Er will mehr Spielanteile. Michael ist ein Klasse-Typ, der für uns immer dann die besten Spiele absolviert hat, wenn er die Nummer eins auf seiner Position war.“

Gunnarsson wurden seine fehlenden Qualitäten in der Defensive zum Verhängnis. „Menschlich wird das ein Riesen-Verlust für uns sein, aber sportlich hat es bislang leider nicht gepasst.“ Im Gegensatz zu Müller, der durch Alexander Petersson ersetzt wird, hinterlässt Gunnarsson eine Lücke. Ein neuer Partner für Bjarte Myrhol muss gefunden werden. Die Suche hat bereits begonnen. Storm bevorzugt hier einen erfahrenen Mann: „Er muss jedoch ins Budget passen. Ansonsten wird es ein Nachwuchsmann.“

Fragezeichen hinter Roggisch

Bleibt Henning Fritz, der Weltmeister, der Ex-Kieler. Durch die Verpflichtung von Niklas Landin war sein Abschied von der Platte vorprogrammiert. Storm dazu: „Ich hoffe, dass Henning in seiner letzten Saison bei uns noch einige Highlights erleben wird. Vielleicht ja sogar mit dem ersten Titelgewinn der Löwen im Europacup und einem weiteren Titel für ihn persönlich.“

Zurück zu Roggisch. Ihn zu halten wäre von großer Bedeutung: Der 2,02m Mann spielt bereits seit 2007 bei den Gelben, ist längst eine d e r Identifikationsfiguren. Ihn zu binden, könnte Signalwirkung haben. Es wäre ein Zeichen an die anderen. An Patrick Groetzki und Uwe Gensheimer zum Beispiel. Zwei, die noch viel vor haben, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen. Und ganz wichtig: die Titel gewinnen wollen. Mit einer verstärkten „Jugendauswahl“, ist das nicht möglich.

Oder anders ausgedrückt: Bald könnten sich dann auch Gensheimer und Groetzki verabschieden. Freiwillig! Ein Horror-Szenario, das Storm gegenüber der RNZ ausschließt. Der Manager: „Beide haben langfristige Verträge und sind zentrale Spieler in unseren sportlichen Planungen für die nächsten Jahre.“

Und Storm wird alles dafür geben, dass sie sich auch weiterhin wohlfühlen. Doch unter dem Strich ist er eben auch „nur“ Manager, kein Zauberer. Der Nordmann: „Wir können nur das Geld ausgeben, was wir auch einnehmen.“

Von Daniel Hund