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Weniger ist manchmal mehr (MM)

Rhein-Neckar Löwen wollen nicht mehr so viel ausprobieren, sondern auf Bewährtes setzen / Sonntag gegen Erlangen

BIETIGHEIM. Zwei Punkte, ein Kantersieg, Tabellenplatz zwei: So richtig glücklich sah Andy Schmid trotzdem nicht aus. Der 32:22 (10:11)-Sieg der Rhein-Neckar Löwen bei der SG BBM Bietigheim-Bissingen war letztendlich deutlich, aber lange nicht so souverän, wie es das Resultat vermuten lässt. Denn neben der starken zweiten Halbzeit, in der die Löwen nicht nachließen und hungrig auf Torejagd gingen, gab es ja auch noch diesen ersten Durchgang, der so gar nicht nach dem Geschmack der Badener war. 10:11-Rückstand. Gegen einen Aufsteiger. Das ist inakzeptabel. Das wissen die Löwen. Und das sagten sie auch.

„Wir haben uns in der Pause in die Augen geschaut und gesagt, dass wir eine Schippe drauflegen müssen. Wenn es bis in die Schlussphase eng geblieben wäre, hätte es ein böses Erwachen geben können“, analysierte Schmid, der den ersten Durchgang nicht einfach so vergessen wollte. „Beide Halbzeiten sind wichtig für uns.“ Soll heißen: 30 Minuten lang zeigten die Gelbhemden, wie man es nicht machen darf. Das sollte die Sinne schärfen. Es folgte eine halbe Stunde, in der vieles besser lief. Das sollte Mut machen.

Trotzdem stellt sich die Frage: Was ist nur los mit diesen launischen Löwen, die – trotz unveränderter Stammformation – bereits gegen Magdeburg nicht in die Gänge gekommen waren? „Es fühlt sich schon ein bisschen so an, als seien wir eine neue Mannschaft“, meinte Schmid und verwies darauf, dass Trainer Nikolaj Jacobsen als Nachfolger von Gudmundur Gudmundsson seine eigenen Ideen einbringen will: „Das ist auch gut und richtig so. Wir können nicht einfach so weiterspielen wie in der vergangenen Saison. Dann sind wir zu leicht ausrechenbar. Aber wir brauchen noch ein wenig Zeit. Momentan kämpfen wir uns ein bisschen durch die Spiele.“

Der Mittelmann sieht vor allem sich und die anderen Leistungsträger der vergangenen Saison in der Pflicht. „Die Jungs, die da den Wagen gezogen haben, müssen sich steigern“, zeigte sich der Schweizer selbstkritisch. Der Auftritt im ersten Durchgang hatte dem Rechtshänder überhaupt nicht gefallen, im Angriff schwankten die Badener zwischen Hektik und Lethargie. „Ich will nicht sagen, dass wir den Gegner unterschätzt haben. Aber mit 80 Prozent gewinnen wir kein Bundesligaspiel. Wir müssen über das Kollektiv kommen und haben nicht die Individualisten wie der THW Kiel, bei dem Einzelne eine Begegnung ganz allein entscheiden“, wünscht sich Schmid in den nächsten Partien mehr Geschlossenheit. Noch greift ein Rädchen nicht in das andere, noch heißen die Kontrahenten allerdings auch „nur“ SG BBM Bietigheim-Bissingen und HC Erlangen (Sonntag, 17.15 Uhr/SAP Arena). Gegner, die von den Löwen einfach bezwungen werden müssen – in welcher Verfassung auch immer.

Blaupause zweite Halbzeit

Im Idealfall wird in den Duellen mit den vermeintlich Kleinen aber ein wenig Selbstvertrauen getankt, ein bisschen Sicherheit gewonnen. Die zweite Halbzeit in Bietigheim dient da durchaus als Blaupause, wie die Löwen zum Erfolg kommen können. Sie spielten schnell, agierten zielstrebig – und vor allem schnörkellos. Schmid: „Wir haben im ersten Durchgang viel probiert, aber nichts richtig gemacht. In der zweiten Halbzeit konzentrierten wir uns auf drei, vier Dinge. Das hat ganz gut geklappt.“ Oder anders ausgedrückt: Weniger ist manchmal mehr.

Von Marc Stevermüer