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Wetzlar gastiert bei noch unbesiegten Rhein-Neckar Löwen (Gießener Allgemeine)

(ra) Trauert man der verpassten Punktechance bei MT Melsungen nach oder überwiegt weiter die positive Startbilanz ? Handball-Bundesligist HSG Wetzlar kann in jedem Falle weiter mit der Überzeugung neuer Stärke in die Auswärtspartie am Samstag bei den noch verlustpunktfreien Rhein-Neckar Löwen (19 Uhr, SAP-Arena Mannheim) gehen.

Zumal das vorwöchentliche 26:28 in Nordhessen durch das Melsunger 27:27 am Mittwoch bei Spitzenreiter Füchse Berlin eine nachträgliche Aufwertung erfuhr.

Die 6:2 Punkte sind für die Wetzlarer ebenso viel Wert wie die 8:0 für die Löwen. Die Mannschaft von Trainer Gudmundur Gudmundsson hat auswärts wie zu Hause bislang derart überzeugende Vorstellungen gegeben, dass die gesamte Liga aufhorcht. Der finanziell gemachte Schnitt scheint sich sportlich positiv auszuwirken, weil die Zahl der Häuptlinge geringer geworden ist.

Niklas Landin und Goran Stojanovic bilden in den Augen von 2007er Weltmeister Henning Fritz das beste Torhütergespann der Liga. Bei den Auswärtserfolgen in Göppingen, Großwallstadt und Melsungen wurde zudem ein Hunger nach Erfolgen deutlich, den man zwischen Rhein und Neckar in der jüngeren Vergangenheit nur selten spüren konnte. Mit dem isländischen Halbrechten Alexander Petersson sowie dem Schweden Kim Ekdahl Du Reitz hat Manager Thorsten Storm in den Augen von Henning Fritz, der bis 2011 selbst bei den Löwen zwischen den Pfosten stand, endlich jene Typen verpflichten können, die mehr als nur einen großen Namen mitbringen. Das stärkste Torhüter-Duo, ein Top-Flügelgespann (Gensheimer, Groetzki), Deutschlands Defensivkraft Nummer eins Oliver Roggisch sowie eine Heerschar an Profihandballern, die – laut Fachmagazin »HandballWoche« – nun auch leidenschaftlich zu verteidigen versuchen, machen die Mannheimer im elften Jahr ihres einst so ehrgeizigen Handball-Projektes vielleicht zum ersten Mal zu einem wahren Topteam.

Nationalspieler Michael Müller, in diesem Sommer von den Löwen nach Wetzlar gewechselt, bringt noch einen anderen, interessanten Aspekt ins Spiel: »Man merkt, dass die Mannschaft nicht den ganz großen Druck verspürt und viel mehr Spaß am Handball hat. Das Team ist offener und lockerer und strahlt dies auch aus.« Laut Wetzlars Trainer Kai Wandschneider, der noch ein, zwei Tage an der Niederlage in Melsungen zu knabbern hatte, »weil wir allein in der ersten Halbzeit 13 Bälle weggeworfen haben«, spielen die Rhein-Neckar Löwen in der Tat »eine bärenstarke Abwehr, die ordentlich zur Sache geht«. Darauf hat er sein Team, für das Bestbesetzung zu erwarten ist, in dieser Woche eingestellt. »Vor allem Oliver Roggisch blüht in der offensiven 6:0-Variante regelrecht auf«, ist der Nationalspieler für ihn weiter der unumstrittene Abwehrchef der Mannheimer.

Zwei Klassekeeper und eine extrem aggressiv auf Balleroberung ausgerichtete Deckung ergeben einen Konter, »den wir so oft wie möglich unterbinden müssen«, wie Wandschneider anmerkt. Was umso mehr verwundert, da Löwen-Rechtsaußen Patrick Groetzki wegen einer schweren Knie-OP noch wochenlang ausfällt. Löwen-Trainer Gudmundsson tritt nicht nur deswegen etwas auf die Euphoriebremse: »Ich werte Wetzlar wie auch uns als bisherige Überrschungsmannschaften der Saison, die so keiner auf dem Plan hatte. Wir dürfen uns keine Nachlässigkeiten erlauben, denn Wetzlar ist ein gefährlicher, auf allen Positionen gut besetzter Gegner.«

Bei in Melsungen weniger als 13 vor der Pause weggeschenkten Bällen sowie vier verworfenen Siebenmetern wäre es am Samstagabend in Mannheim in der Tat zum Bundesliga-Schlager zwischen zwei 8:0-Punkte-Teams gekommen. Aber auch so werden die Wetzlarer ihre Chance suchen, weil sie – so Wandschneider – »in der Lage sind, über 60 Minuten hohes Tempo zu gehen«. Dass noch viel Arbeit auf Trainer und Mannschaft wartet, ehe eine noch stabilere Leistung abgerufen wird, trifft sowohl auf Mannheim als auch auf Wetzlar zu.