Veröffentlichung:

„Wir können es, Kiel muss es schaffen“

Karlsruhe. Ola Lindgren grinste, Thorsten Storm schmunzelte. Der Trainer und der Manager der Rhein-Neckar Löwen hatten gute Laune, freuten sich am späten Mittwochabend über einen lockeren Start-Ziel-Sieg, einen entspannten Abstecher in die Karlsruher Europahalle. Der 29:27-Erfolg gegen den TBV Lemgo war quasi die Ruhe vor dem Sturm, dem Ostsee-Sturm. Denn schon morgen geht es weiter: Das Rudel reist zum Viertelfinal-Rückspiel in der Champions-League, zum Alles- oder-Nichts-Spiel beim THW Kiel (Sonntag, 17.15 Uhr, live bei Eurosport).

Das Hinspiel war ein heißer Tanz. Es ging hin und her, vor und zurück. Der Handball-Gigant aus dem hohen Norden hatte letztlich das bessere Ende für sich: Kiel siegte mit 29:28. Bei Storm sind die Bilder noch präsent, haben sich ins Gedächtnis eingebrannt. Er sagt: „Kiel war vor dem Halbfinale der Favorit und ist es nach dem Hinspiel noch mehr.“ Aber auch: „Wir sind zurzeit gut in Form, erreichen wir unser Top-Niveau in Kiel, was uns in Mannheim nicht gelungen ist, können wir den THW schlagen.“

Widerspruch zwecklos. Die Badener haben es drauf, können an einem guten Tag jeden ärgern, jeden schlagen. Vor allem dann, wenn Olafur Stefansson auf Betriebstemperatur ist, wenn er denkt und lenkt. Im Hinspiel klappte das nicht: Kiel stellte ihn zu, nahm ihn geschickt aus dem Spiel. Diesmal soll das nicht passieren. Lindgren wird in die Trickkiste greifen, ein „Gegenmittel“ präsentieren.

Storm hofft auch auf die Geistesblitze des Isländers, doch er appelliert an sein komplettes Personal, wünscht sich einen kollektiven Befreiungsschlag: „Wenn wir um jeden Millimeter etwas mehr kämpfen als Kiel, mehr Leidenschaft reinbringen und selbst davon überzeugt sind, dass es klappen kann, dann werden wir unsere Chance bekommen.“ Der Manager klingt entschlossen, kämpferisch, als er das sagt. Storm ist heiß auf die Nordlichter, brennt auf die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte. Insgeheim spekuliert er auf den Faktor Zeit. Die Uhr läuft nämlich für die Löwen, glaubt er, meint er. Sein Masterplan: „Je länger wir die Partie offen gestalten können, desto größer wird die Angst beim THW.“

Dass die Kieler Sparkassen-Arena keine uneinnehmbare Festung mehr ist, ist ohnehin kein Geheimnis. Gerade in der Champions-League nicht. Im Finale der Königsklasse 2008 triumphierte Ciudad Real mit 31:25 beim deutschen Handball-Flaggschiff und Mitte Februar trumpfte der FC Barcelona an der Förde auf: Die Katalanen überrumpelten die „Zebras“ mit 32:30. Und genau diese Resultate sind es, die den Löwen Mut machen, die sie an die Wende glauben lassen. Storm bringt es auf den Punkt: „Was da gegen Ciudad und Barcelona passiert ist, kann immer wieder passieren. Das wissen die Kieler auch, das haben sie im Hinterkopf. Entscheidend ist aber unsere Leistung.“

Den Abstecher in den hohen Norden haben die „Besten aus dem Südwesten“ generalstabsmäßig geplant. Morgen früh checkt das Rudel am Frankfurter Flughafen ein, wenig später werden sie in Hamburg einschweben, wo ein Bus bereit steht. Am Samstagabend steigt das Abschlusstraining. Storm wird es sich anschauen. Sonntagvormittags schlüpft der gebürtige Nordmann dann in die Rolle des Reiseführers: „Ich will unseren Sponsoren und Gesellschaftern etwas von Kiel zeigen.“ Gleichzeitig wird der Manager auch das Motto der Champions-League-Reise ausgeben. Und das lautet: „Wir können es schaffen, Kiel muss es schaffen!“Oder anders ausgedrückt: „Klappt es nicht, ist es für uns kein Beinbruch. Für Kiel wäre es hingegen eine kleine Katastrophe.“

In Sachen seiner eigenen Vertragsverlängerung – Storm soll nach RNZ-Informationen bis 2015 an die Löwen gebunden werden – hält er sich bedeckt, räumt aber Gespräche ein: „Jesper Nielsen und der Aufsichtsrat haben mich auf eine vorzeitige Verlängerung angesprochen. Wir sind in ersten Gesprächen. Ich fühle mich hier sehr wohl. Es macht Spaß, mit diesem Umfeld und den Menschen hier in der Region zu arbeiten. Jetzt konzentrieren wir uns aber zuerst auf die Endphase der Saison.“

Von Daniel Hund

 30.04.2010