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„Wollen zurück in die Erfolgsspur“

Löwen empfangen am Abend die Füchse Berlin

Das letzte Aufeinandertreffen liegt noch gar nicht so lange zurück. Am 28. Oktober traten die Füchse Berlin bei den Rhein-Neckar Löwen im DHB-Pokal an. Es war ein packendes und spannendes Achtelfinale in der Ludwigshafener Eberthalle, das die Löwen am Ende mit 29:23 für sich entschieden – doch lange Zeit hatte der
Klub aus der Hauptstadt die Begegnung offen gehalten.

Vor allem gegen die ligaweit gefürchtete 3:3-Abwehr der Gelbhemden hatte sich der neue Füchse-Coach Erlingur Richardsson etwas einfallen lassen. Immer wieder standen die spielstarken Berliner frei vor Torwart Mikael Appelgren und nutzten die großen Lücken in der sonst so sattelfesten badischen Deckung. „Wir haben zu viele einfache Tore kassiert, waren zu offensiv“, monierte damals Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen, der beim 9:9 nach 18 Minuten auf eine 6:0-Abwehr umstellte – es war der Schlüssel zum Sieg. „Wir sind dann das eine oder andere Mal an der Abwehr der Löwen gescheitert und konnten dadurch nicht genug Tore erzielen“, blickt Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning zurück.

Heute nun nehmen die Berliner einen neuen Anlauf, diesmal in der Mannheimer SAP Arena – Anwurf ist um 19 Uhr, Eintrittskarten gibt es noch an der Abendkasse. Dass die Berliner das Zeug dazu haben, die Top-Mannschaften zu gefährden, deuteten sie nicht nur im Pokal an, sondern auch in vielen anderen Begegnungen in dieser Saison. Beim Meisterschafts-favoriten SG Flensburg-Handewitt holten die Berliner einen Zähler, zudem legten sie schon die eine oder andere furiose Aufholjagd hin. Beim SC Magdeburg erkämpfte sich die Richardsson-Sieben nach einem Neun-Tore-Rückstand noch einen Zähler.

Mittlerweile haben die Füchse auch ihre kleine Durststrecke überwunden. Vor dem Pokal-Aus bei den Löwen unterlagen sie bei FRISCH AUF! Göppingen (23:25) trotz erneuter Aufholjagd, auch der THW Kiel (24:27) war eine Nummer zu groß. Doch gegen den VfL Gummersbach (26:24), beim Bergischen HC (29:26) und gegen TuS N-Lübbecke (34:31) sammelten die Berliner wieder Punkte. Für Aufsehen sorgte der Hauptstadt-Klub in den vergangenen Monaten indes auch auf internationalem Parkett. Im Mai gewann der Verein den EHF-Pokal – es war der perfekte Abschied für Coach Dagur Sigurdsson, der sich seit dem Sommer auf seine Arbeit als Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft konzentriert. Im Finale gewannen die Füchse beim Final Four in eigener Halle gegen den Ligarivalen HSV Hamburg mit 30:27, im Halbfinale am Tag zuvor hatten die Berliner Gorenje Velenje aus Slowenien mit 27:24 bezwungen. „Das Schlimmste war, als unsere jungen Spieler wie bekloppt mit dem Pokal rumgewedelt haben und der knapp bei mir am Schädel vorbeigegangen ist. Ich bin stolz auf die Mannschaft“, berichtete Torhüter Silvio Heinevetter von einer großen Partynacht, in der Feierkönig Iker Romero den Ton angab. „Dieser Triumph ist das Beste, was passieren kann. Das ist das beste Ende meiner Karriere“, sagte die spanische Legende völlig überschwänglich. Der 34-Jährige wollte eigentlich schon 2014 aufhören, hatte nach dem enttäuschenden dritten Platz im EHF-Pokal im Vorjahr seine Laufbahn aber um ein Jahr verlängert. Damals scheiterten die Füchse – übrigens auch beim Final Four in eigener Halle – schon im Halbfinale völlig überraschend am späteren Sieger Pick Szeged. Der deutsche Pokalsieg ein paar Wochen zuvor im Finale über die SG Flensburg-Handewitt kam allerdings ebenso unerwartet und war mehr als ein großes Trostpflaster.

Pokalsieger 2014, EHF-Pokal-Gewinner 2015 – es hätte wahrlich schlechter laufen können, zumal die Füchse Anfang September noch ein weiteres dickes Ausrufezeichen setzten. Sie gewannen das Finale des IHF Super Globe vor 5000 Zuschauern in Doha mit 28:27 (15:13, 24:24) nach Verlängerung gegen den ungarischen Champions-League-Finalisten MKB Veszprem. Im Halbfinale hatten die Berliner zuvor den Topfavoriten FC Barcelona bezwungen. „Die Sensation ist perfekt. Dass wir als Underdogs gegen Barcelona und Veszprem gewinnen hätte keiner erwartet“, sagte Präsident Frank Steffel. Auch Geschäftsführer Bob Hanning konnte das Erlebte kaum glauben und fast nicht in Worte fassen – was bei ihm eigentlich nie vorkommt:

„Nach zehn Jahren fehlen mir zum ersten Mal die Worte. Das ist wirklich unglaublich. Das ist eine der größten Sensationen im Handball überhaupt.“ Keine Frage: Mit dem Triumph von Doha bewies der Hauptstadt-Klub schon sehr früh, dass der im Sommer vollzogene Umbruch erfolgreich war. Iker Romero beendete seine Karriere, der wurfgewaltige Russe Konstantin Igropulo schloss sich KIF Kolding-Kopenhagen an und Pavel Horak ging in die Zweite Liga zum HC Erlangen. Diesen Abgängen stehen fünf namhafte Neuzugänge gegenüber. Drago Vukovic (TuS NLübbecke), Bjarki Már Elísson (ThSV Eisenach), Kont Robin Tønnesen (HSG Wetzlar), Jakov Gojun (Paris Saint Germain und Ignacio Plaza Jimenéz (Puerto Sagunto/Spanien). Dazu kam mit Erlingur Richardsson ein neuer Trainer. Es gibt einfachere Bedingungen, doch nicht zum ersten Mal hat Füchse-Macher Hanning mal wieder gleich mehrfach ein glückliches Händchen bewiesen.

Die Löwen selbst wollen nach der ersten Saisonniederlage am vergangenen Wochenende bei der MT Melsungen am heutigen Abend unbedingt die nächsten zwei Punkte einfahren. „Wir spielen zu Hause, da zählt für uns nur ein Sieg“, gibt Spielmacher Andy Schmid die Richtung vor. Und auch Trainer Nikolaj Jacobsen lässt keinen Zweifel aufkommen. „Wir wollen zurück in die Erfolgsspur, das Spiel in Melsungen ist vorbei – wir schauen nur noch nach vorne. Berlin wird eine richtig schwere Aufgabe, aber gemeinsam mit unseren Fans werden wir das schaffen“, so der Däne.