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Wunder von Ungarn bleibt aus (MM)

Champions-League-Saison nach dem 29:31 in Szeged schon im Achtelfinale beendet

Als der Kasten mit dem schwarzen Dreher-Bier in der Kabine von Pick Szeged ankam, wurde es dort nochmals entsprechend laut, die Profis der Rhein-Neckar Löwen waren zu diesem Zeitpunkt schon geduscht und warteten abreisefertig vor der Varosi-Sportcsarnok-Halle. „Besser schnell weg“, bemühte sich Kreisläufer Bjarte Myrhol augenzwinkernd um ein Lächeln und kümmerte sich noch um die Autogrammjäger. Doch die Enttäuschung war den Badenern anzumerken. Die 29:31 (13:16)-Niederlage im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League beim ungarischen Vizemeister bedeutete gestern Abend das vorzeitige Aus in der Königsklasse schon in der ersten K.o-Runde. Der Bundesligist trug das Ausscheiden allerdings mit Fassung, nach dem 30:34 im Heimspiel war in Ungarn schließlich ein kleines Handball-Wunder gefragt – das nicht wahr werden sollte. „Dass wir jetzt draußen sind, lag nicht am zweiten Spiel. In Szeged haben wir viel richtig gemacht“, bilanzierte Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen nach der zweiten Niederlage gegen die Ungarn. Allerdings war die Fehlerquote zu hoch, um den nötigen Fünf-Tore-Vorsprung herauszuwerfen. „Dafür hätten wir einen Sahne-Tag benötigt“, meinte Rechtsaußen Patrick Groetzki. „Den haben wir aber leider nicht erwischt. Dabei starteten die Löwen fast optimal, im Gegensatz zum Hinspiel stand die Abwehr viel stabiler, auch Torwart Niklas Landin war von Beginn an zur Stelle. So konnte der Bundesliga-Zweite seine gefürchteten Gegenstöße laufen, der Lohn war eine 7:4-Führung (10.). Doch dann häuften sich die technischen Fehler und Fehlwürfe, Szeged glich zum 7:7 aus (13.) und zehn Minuten lang spielten beide Teams bis zum 12:12 auf Augenhöhe. Und wo vor Wochenfrist noch die Löwen einen sehenswerten Endspurt Richtung Halbzeit hinlegen konnten, waren es nun die Ungarn, die einen harten Wirkungstreffer setzten. Källman per Gegenstoß und Linkshänder Zsolt Balogh, der bis zur Pause sechs Mal einnetzen durfte, stellten die Anzeige auf 15:12 und dann fabrizierten die Löwen auch noch einen Wechselfehler, den Szegd mit dem 16:12 bestrafte (28.). Die enge Halle mit den (offiziell) 3000 Fans kochte, in der Summe lagen die Löwen nun schon acht Treffer im Hintertreffen, erst Kim Ekdahl du Rietz stoppte die Serie der Ungarn mit dem Treffer zum 16:13-Pausenstand.

„Diese einfachen Tore waren natürlich Gift für uns“, blickte Jacobsen auf die Endphase der ersten 30 Minuten zurück – und doch war der Hoffnungsfunke noch nicht ganz erloschen, weil die Badener nach der Halbzeit noch einmal andeuteten, dass sie die Wende schaffen wollten. Aus einem 16:18-Rückstand (35.) machten sie eine 20:18-Führung (40.), der starke Myrhol am Kreis weckte die Lebensgeister bei den Gelbhemden neu. „So eine Phase kostet aber auch brutal viel Kraft“, beschrieb Spielmacher Andy Schmid hinterher das Auf und Ab von Hoffen und Bangen. Und tatsächlich hatte Szeged wieder eine Antwort parat und machte aus einem 19:21-Rückstand (41.) mit einem 4:0-Lauf ein 23:21 (44.). Nun hatten die Löwen insgesamt sechs Tore Rückstand und ihnen lief die Zeit davon. „Wenn wir länger in Führung geblieben wären, hätten wir sie vielleicht etwas nervös machen können. Aber wir haben dann zu viel verworfen. Szeged war über zwei Spiele besser“, akzeptierte Jacobsen angesichts von insgesamt 18 „Fahrkarten“ das relativ glatte Aus in der Königsklasse, das ein wenig ins Bild der bisherigen Saison passte.

„In der Champions League hat man dieses Jahr oft nicht das Beste von uns gesehen“, zog auch Team-Manager Oliver Roggisch einen Schlussstrich unter die Auftritte auf europäischem Parkett. Feiern durfte deshalb Szeged mit sicher nicht nur einem Kasten Bier, für die Löwen geht es nun in der Liga und im Pokal weiter, wo ihre Titelchancen wohl sowieso höher einzuschätzen sind.

 Von Thorsten Hof