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„Zeiten der großen Parolen sind vorbei“ (BNN)
Löwen wähnen sich für Jubiläumssaison gewappnet / Gensheimer zögert mit Vertragsverlängerung
Am Wochenende beginnt er wieder, der monatelange Abnutzungskampf um Punkte – und die Rhein-Neckar Löwen sind gerüstet. Unlängst sind die Profis für den Dreh des neuen Einlauf-Spots in römische Kriegerkostüme geschlüpft, um mit Brustpanzer, Federbuschhelm, Schild und Speer ihre Feldzug-Ambitionen launig darzustellen. Das Sandalenfilmchen wird bei Begegnungen in der Mannheimer SAP-Arena eingespielt, erstmals am 2. September (19 Uhr) gegen den Aufsteiger ThSV Eisenach. Bereits am kommenden Samstag (19 Uhr) sind die Löwen-Legionäre beim TBV Lemgo gefordert, wenn die Handball-Bundesliga (HBL) in ihre 50. Saison startet, für die sich der deutsche Vizemeister auch ohne zwei langjährige Leistungsträger bestens gewappnet wähnt.
„Wir müssen die Abgänge von Bjarte Myrhol und Niklas Landin nicht dramatisieren. Wir haben in Mikael Appelgren und Darko Stanic zwei erstklassige Torhüter und in Rafael Baena einen super Kreisläufer dazu bekommen. Wir sind gleich gut aufgestellt wie im letzten Jahr“, sagt Andy Schmid. Weshalb angesichts des qualitativ äquivalenten Kaders die zuletzt zweimal auf Platz zwei angekommenen Löwen ihre Saisonziele genauso forsch wie vorsichtig formulieren. „Wir wollen in die Spitzengruppe und guten Handball spielen. Die Zeiten der großen Parolen sind vorbei“, sagt der Spielmacher.
Seit vor drei Jahren nach dem Ausstieg des großspurigen Geldgebers Jesper Nielsen Demut eingekehrt ist, lassen die Löwen lieber Taten sprechen als Worte. Eine Nummer kleiner tut es nun auch bei den Nordbadenern, die in den beiden vergangenen Spielzeiten trotzdem zum einzig ernsthaften Konkurrenten für Abonnementsmeister THW Kiel avancierten. Diese Rolle wieder einzunehmen, haben sich die Löwen erst gar nicht auf die Fahnen geschrieben angesichts der von der SG Flensburg-Handewitt oder dem SC Magdeburg getätigten Investitionen. „Wir wollen in der Liga unter den ersten vier landen“, definiert Trainer Nikolaj Jacobsen das Saisonziel denn auch noch defensiver als Geschäftsführer Lars Lamadé. Der Manager verspricht sich von seinem Team eine Top-3-Platzierung und erhofft sich wie der Coach das Überstehen der Gruppenphase in der aufgeblähten Königsklasse und im DHB-Pokal den erneuten Einzug ins Final Four. Der Start in diesen Wettbewerb ist den Löwen bereits gut geglückt mit den beiden Siegen gegen Erstliga-Aufsteiger TVB Stuttgart und -Absteiger TSG Friesenheim und dem damit verbundenen Einzug ins Achtelfinale.
Der Pflichtspielauftakt war eine aufschlussreiche Standortbestimmung. Die beiden Torhüter bewiesen, dass sie die Landin-Lücke weitgehend schließen können. Davor agierte die eingespielte Abwehr zupackend, souverän und flexibel wie zuletzt. Nachholbedarf offenbarte das Angriffsspiel, wo die Integration der spanischen Wuchtbrumme Baena noch nicht zufriedenstellend gelungen ist. „Mit Rafa ist es ein anderes Spiel als mit Bjarte. Die Umstellung braucht Zeit“, sagt Schmid, der mit Myrhol ein kongeniales Duo bildete.
Die Personalie Uwe Gensheimer erweist sich als Hängepartie. Der Kapitän, dessen Kontrakt 2016 endet, hat den ihm vorgelegten Rentenvertrag noch nicht unterschrieben. Weiterhin denkbar, dass er sich einem Jahr als Fremdenlegionär verdingt.
Von Reinhard Sogl