Veröffentlichung:

Zwei Meter pure Weltklasse (MM)

Niklas Landin hat sich die Auszeichnung als bester Bundesliga-Torwart der Saison mehr als verdient

MANNHEIM. Wer mit Niklas Landin abseits des Handballfeldes spricht, trifft auf einen eher zurückhaltenden jungen Mann, der kein Freund forscher Töne ist. Doch wenn der Däne das rote Trikot mit der Nummer 20 übergestreift hat, ist er kaum wiederzuerkennen. Landin schreit nach einer gelungenen Parade seine Anspannung heraus, reckt die Fäuste, pusht die Fans. „Als Torhüter stehst du immer unter Strom und trägst viel Verantwortung. Das muss dann ab und zu auch mal raus. Ich mag es, wenn mir der Ball an die Arme klatscht und ich die Fans so mitreißen kann“, schmunzelt der 25-Jährige, wenn man ihn auf diesen Wandel anspricht.

Wenn Landin dann also zu einer unüberwindlich scheinenden Krake mutiert, beeindruckt das auch gestandene Profis. Beim 42:19-Kantersieg in Coburg gegen Eisenach verweigerten die Handballer des Absteigers etwa reihenweise den Wurf – ganz offenbar aus Angst vor einem erneuten Scheitern am Löwen-Torwart. Ein seltenes Phänomen. Bis zur Pause hatte der Däne 18 Paraden auf dem Konto, am Ende waren es 26 (!) – Dimensionen, in die in dieser Spielzeit nur Niklas Landin vorstieß und die ihn zu einem Garanten des Erfolgs machten. 15 Paraden pro Spiel und 23 gehaltene Strafwürfe sprechen eine deutliche Sprache.

Dabei war es lange nicht klar, ob der Zwei-Meter-Mann überhaupt seinen Weg zwischen den Pfosten gehen würde. Landin versuchte sich zunächst beim Schwimmen, später tauchte der große Rechtshänder dann auch im Rückraum auf.

„Ich hatte eine Vereinbarung mit unserem Jugend-Trainer, dass ich gegen schwächere Mannschaften im Feld spielen durfte und unser Kreisläufer ins Tor ging. Allerdings musste ich immer nach rechts oder in die Mitte, weil auf der linken Seite der kleine Bruder von Bo Spellerberg gespielt hat. Der war der Chef“, erinnert sich der Löwen-Keeper, der sich dann aber endgültig für die Torhüter-Karriere entschied, als es um die Plätze in den dänischen Auswahl-Mannschaften ging.

Bei GOG Svendborg TGI in der 1. Liga entwickelte sich Landin dann weiter und dort kreuzten sich auch erstmals die Wege mit Gudmundur Gudmundsson. „Er hat mich schon dort gefördert, war der Hauptgrund für meinen Wechsel nach Deutschland. Er hat ganz großen Anteil an meiner Karriere“, sagt der Keeper über den Isländer.

Feste Größe im Team Dänemark

Zum Nationalspieler reifte Landin dann bei Bjerringbro-Silkeborg, wurde Europameister 2012, Vize-Weltmeister 2013 und Vize-Europameister im vergangenen Januar. „Dass wir unsere Fans im eigenen Land nicht belohnen konnten, ist schade“, blickt der 25-Jährige noch heute ungern auf die klare Final-Niederlage gegen Frankreich zurück, bei der er auch kaum etwas zu fassen bekam.

Doch solche Tage sind schließlich eher die Ausnahme und sich entmutigen zu lassen, liegt ohnehin nicht im Naturell von Niklas Landin. Als das erste Liga-Gipfeltreffen in Kiel verloren ging, machte der Klasse-Keeper seine ganz eigene Rechnung auf. „Wenn wir nur noch einmal verlieren, ist der Titel noch möglich“, meinte der Däne und wurde von einigen belächelt. Was dann aber folgte, war genau das von ihm vorhergesagte Szenario – auch wenn es am Schluss wegen zwei Toren nicht reichen sollte.

Die Wahl zum besten Torhüter der Saison konnte ihn da verständlicherweise kaum aufmuntern. „Ich wäre lieber Meister geworden“, sagte der Däne leise. Die forschen Töne überlässt er schließlich lieber den anderen – bis das nächste Spiel angepfiffen wird.

Von Thorsten Hof