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Zwischen Fußball und Finanzkrise (MM)
Löwe Gedeón Guardiola freut sich auf die Heim-WM und spricht über die Bedeutung des Handballs in Spanien
Madrid. 2005 standen sie ganz oben, die spanischen Handballer: Weltmeister wurden sie. Doch danach blieben die großen Erfolge aus. Oft waren die Iberer nah dran, am Ende reichte es für Silber (EM 2006) und Bronze (WM 2011, Olympia 2008). Im eigenen Land wollen die Spanier nun den Heimvorteil nutzen. Mit dabei: Kreisläufer Gedeón Guardiola von den Rhein-Neckar Löwen.
Gedeón, wie groß ist die Vorfreude bei Ihnen auf die WM?
Gedeón Guardiola: Für mich ist es immer etwas Besonderes, das spanische Nationaltrikot zu tragen. Noch dazu findet diesmal die Weltmeisterschaft in unserem Land statt. Das macht die Sache richtig spannend. Ich hoffe, dass ich meine Form finde, der Mannschaft helfen kann und dass sich meine Heimat als guter Gastgeber präsentiert.
Die spanischen Vereine haben große finanzielle Probleme. Kommt dieser WM deshalb eine besondere Bedeutung zu, was den Stellenwert des Handballs angeht?
Guardiola: Wenn all die Prognosen eintreten, die man so hört, wird auf das ganze Land eine schwere Zeit zukommen. Diese WM kann sicherlich noch mehr Menschen als bisher für den Handball begeistern. Aber ich glaube nicht, dass dieses Turnier helfen wird, die ökonomischen Probleme der Klubs zu verringern. Letztendlich ist der FC Barcelona wegen der Erlöse der Fußball-Abteilung der einzige Verein ohne finanzielle Sorgen. Deswegen will dort auch jeder spielen.
Freut sich die spanische Bevölkerung schon auf die Weltmeisterschaft oder ist das Handball-Fieber nicht so groß?
Guardiola: Die Handball-Interessierten wissen natürlich schon, dass die WM bei uns stattfindet. Einen riesigen Hype gibt es allerdings nicht. Vielleicht fehlte im Vorfeld ein wenig die Werbung, aber man sollte dazu nicht die wirtschaftlichen Probleme in einem Land vergessen, in dem Fußball die Königssportart ist. In Deutschland wird besser für den Handball geworben.
Mit welchen Zielen geht das spanische Team in das Turnier vor eigenem Publikum?
Guardiola: Unser Ziel ist das Halbfinale. Unsere Mannschaft ist stark genug, so weit zu kommen. Aber wir müssen aufpassen. Bei einer WM sind immer viele Spiele innerhalb kurzer Zeit zu bestreiten. Da kann immer alles passieren, vor allem ab dem Achtelfinale.
Wer sind Ihre Favoriten auf den WM-Titel?
Guardiola: Kroatien, Dänemark, Frankreich – und natürlich wir!
Spanien gehört bei jedem Turnier zu den Titelanwärtern, gewann aber seit 2005 keine Goldmedaille mehr. Warum?
Guardiola: Ganz einfach: Es fehlt ein bisschen das Glück. Bei den vergangenen beiden Turnieren war ich dabei und wir sind jeweils knapp gescheitert. Bei der EM 2012 verloren wir das Halbfinale mit 24:25 gegen den späteren Europameister Dänemark und haderten mit einigen strittigen Schiedsrichter-Entscheidungen. Bei den Olympischen Spielen verloren wir im Viertelfinale in der letzten Sekunde mit 22:23 gegen Frankreich, das anschließend Gold gewann. Es haben also letztendlich Kleinigkeiten den Ausschlag gegeben. Wir haben eine gute Mannschaft, einen guten Charakter – aber ohne Glück geht es nicht.
Bei den spanischen Fußballern war es lange Zeit sehr schwer, dass sich die Spieler aus Barcelona und Madrid vertragen. Wie ist das bei den Handballern?
Guardiola: Das ist überhaupt kein Problem. Die Handballer sind zwar nicht so prominent wie die Fußballer, dafür haben sie aber auch keine großen Allüren. Zum Fußball gehören eine gigantische Marketingmaschinerie und ein riesiges Medieninteresse. Bei diesem ganzen Hype kann schnell mal jemand die Bodenhaftung verlieren.
Was ist das Besondere am legendären spanischen Nationaltrainer Valero Rivera?
Guardiola: Er ist ein ähnlicher Typ wie Gudmundur Gudmundsson bei den Rhein-Neckar Löwen. Wir gehen jedes Training wie ein Spiel an, weshalb jede Einheit unheimlich intensiv ist. Valero Rivera verlangt einem Spieler einfach immer alles ab. Sollte es einmal einen Tag geben, an dem Du nicht 100 Prozent gibst, merkt er das sofort – und er lässt dich das auch wissen.