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21:22 – MT verpasst Halbfinale und kündigt Einspruch gegen Wertung an (HNA)

Ein Handball-Krimi zur besten Sendezeit. Im Viertelfinale des DHB-Pokals lieferte sich die MT Melsungen mit den Rhein-Neckar Löwen zunächst einen unglaublichen Kampf – und dann dieser bittere Ausgang: 21:22 (11:15).

In der Schlusssekunde kassierten die Melsunger vor 2140 Zuschauern in der ausverkauften Ebert-Halle in Ludwigshafen den entscheidenden Treffer von Uwe Gensheimer, der einen höchst umstrittenen Siebenmeter verwandelte. Doch das ist voraussichtlich noch nicht das Ende vom Lied. Denn noch am späten Abend hat MT-Manager Axel Geerken fristgerecht angekündigt, Einspruch gegen die Spielwertung einzulegen. Unser Schnellcheck.

Was ist denn in den Schlusssekunden passiert? 

Melsungen hat Ballbesitz und durchaus die Chance, ein Tor zu werfen. Aber schon da ist die MT nicht mit Fortuna im Bunde. Einen durchaus möglichen Siebenmeter gibt das Schiedsrichtergespann Immel/Klein der MT nicht. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Den Gegenstoß des Bundesliga-Tabellenführers Rhein-Neckar Löwen verhindert der Melsunger Timm Schneider irregulär. Er sieht Rot wegen einer Unsportlichkeit. Zudem entscheiden die Schiedsrichter nun auf Siebenmeter für die Gastgeber. In der Bundesliga ist die Regel seit dieser Saison gültig. Für den DHB-Pokal ist sie dies nach Einschätzung der Experten allerdings nicht.

Wie sieht die Reaktion der Melsunger aus? 

Geerken hat Protest angekündigt. Am Samstag ist die Angelegenheit Thema beim Deutschen Handball-Bund in Dortmund. Eine Lösung könnte die Ansetzung eines Wiederholungssspiels sein. MT-Trainer Michael Roth sagte: „Das ist das Schlimmste, was dem Handball passieren kann. Das ist Betrug an den Zuschauern.“ 

Blicken wir noch einmal auf das Spiel. Wie war das zweite Kräftemessen der Klubs innerhalb von vier Wochen überhaupt bis zu dieser Schlussphase? 

Es wurde ebenfalls mit einer unglaublichen Intensität geführt. Zwar hegten die Löwen offiziell keine Revanchegelüste für das 23:25 in der Bundesliga im November, aber auf dem Parkett war ihnen schon anzumerken, dass sie die Begegnung mit aller Macht zu ihren Gunsten entschieden wollten: Nach dem 0:1 durch Felix Danner warfen Kim Ekdahl du Rietz, Gedeon Guardiola und Alexander Petersson bis zur neunten Minute eine 4:1-Führung heraus. Begünstigt dadurch, dass die Nordhessen zwei Siebenmeter gegen den Ex-Melsunger Mikael Appelgren vergaben. Mit der 5:1-Abwehr, in der sich Michael Allendorf verstärkt um den Halblinken Mads Mensah Larsen kümmern sollte, gelang es der MT zusehends besser, den Favoriten in Bedrängnis zu bringen. Aus einem 4:7 machten Michael Müller Allendorf und Momir Rnic ein 7:7. In der 20. Minute lag der Gast sogar nach einem Treffer von Marino Maric 10:9 vorn.

Doch die letzten neun Minuten der ersten Hälfte waren genauso ernüchternd wie die ersten. Drei Siebenmeter-Tore in Folge durch Uwe Gensheimer brachten die Badener mit 15:11 in Front. Eine kleine Vorentscheidung? Nein. Die Melsunger wechselten nach der Pause Spielmacher Patrik Fahlgren ein und gaben sich nicht auf. Nur ärgerlich, dass sie in der Offensive zu viele Chancen liegen ließen. Zudem stand der solide MT-Torsteher Johan Sjöstrand im Schatten seines Landsmanns Appelgren. Gäste-Coach Michael Roth brachte – wohl auch mit Blick auf die nächte harte Prüfung am Freitag ab 19.45 Uhr beim VfL Gummersbach – immer neue frische Kräfte.

So durften beispielsweise Jeffrey Boomhouwer und Christian Hildebrand auf den Außen ran. Der junge Jan Forstbauer sorgte sogar nach 15:19-Rückstand für das 19:20 (52.). Dem ließ Johannes Sellin das 20:20 folgen.Jetzt hatten die Fuldastädter die Löwen endgültig ins Grübeln gebracht – Ausgang offen. Dann kam die Schlussminute.

Rein sportlich betrachtet, wer war denn bis zur Schlusssekunde der Mann des Abends? 

Ein ehemaliger MT-Schlussmann. Appelgren zeigte beim Duell in Kassel und auch in den Partien danach zumeist enttäuschende Leistungen, im Pokal war er allerdings ein starker Rückhalt. Spektakulär etwa, wie er zweimal gegen Timm Schneider (17.) parierte.

Wie war die Stimmung in der Friedrich-Ebert-Halle in Ludwigshafen?

Die Temperaturen unterm Hallendach waren so hoch, dass die Zuschauer den Pullover besser an der Garderobe abgegeben hätten. Und die Atmosphäre war passend dazu: einfach heiß – bis zur Schlussphase jedenfalls. Die Fans der Löwen machten schon vor dem Anwurf so viel Lärm, dass sich die Zuschauer im Weihnachtszirkus nebenan fragen mussten, ob sie sich für das richtige Spektakel an diesem Abend entschieden haben. Doch auch die mehr als 40 mitgereisten MT-Anhänger waren nicht zu überhören. Am Ende aber legte sich über die ausgelassene Stimmung ein Schleier des Entsetzens.

Von Björn Mahr