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28:29 – Knappe Niederlage gegen Kiel

Filip Jícha trifft neun Sekunden vor Schluss

Und am Ende gewann wieder der THW. In einer nervenaufreibenden Schlussphase behielt Kiel im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League bei den Rhein-Neckar Löwen mit 29:28 (15:13) die Oberhand. Ärgerlich für das Team von Trainer Ola Lindgren, denn die Leistung stimmte. In punkto Kaltschnäuzigkeit hatten die „Zebras“ jedoch die Nase vorn. Bei konsequenterer Chancenverwertung – die Löwen ließen mehrere 1:1-Situationen ungenutzt – wäre für das Rückspiel am kommenden Sonntag (17:15 Uhr) in Kiel eine bessere Ausgangslage drin gewesen. „Wir wollten hier gewinnen, das ist uns gelungen“, sagte THW-Coach Alfreð Gíslason. „Schade, dass wir einen größeren Vorsprung verspielt haben.“

Die Partie hielt, was sie im Vorfeld versprach. Den 13.200 Zuschauern in der ausverkauften SAP ARENA wurde Handball auf Weltklasse-Niveau geboten. Den besseren Start erwischten die Kieler. Als Filip Jícha nach sechs Minuten das 5:2 erzielte, sah es nicht besonders gut aus für die Löwen. Den Ausfall ihres rechten Rückraumspielers Kim Andersson, der diese Woche am Knie operiert wurde, kompensierte Christian Zeitz mit drei frühen Treffern. Die Lindgren-Sieben wirkte nervös, machte viele leichte Fehler. Ólafur Stefánsson und Snorri Guðjónsson warfen am Tor vorbei, Stefánsson unterlief zudem noch ein Schrittfehler. Und dennoch blieben die Gelbhemden – wenn auch ständig im Rückstand – im Spiel. Lindgren nahm nach 13 Minuten eine Auszeit, anschließend verkürzte Guðjónsson mit zwei Toren jeweils auf Stefánsson-Zuspiel auf 8:10.

Es folgte die tragischste Phase der Partie. Drei Mal innerhalb von zwei Minuten scheiterte Patrick Groetzki im Eins-gegen-Eins am überragenden Kieler Keeper Thierry Omeyer, und verpasste jeweils das mögliche 9:10. Omeyer tankte Selbstvertrauen und verbuchte in Durchgang eins elf Paraden. Lindgren nahm Groetzki vom Feld und beorderte Stefánsson auf die Rechtsaußen-Position – und auch der Isländer schaffte es nicht, freistehend Omeyer zu überwinden. Immerhin stand der Abwehrblock der Löwen nun immer sicherer und zwang die Kieler wiederholt zu Einzelaktionen. Sławomir Szmal hielt, was zu halten war. Doch der Ausgleich wollte einfach nicht gelingen. Auch Andrej Klimovets, der in der Bundesliga eine Wurfquote von über 90 Prozent aufweist, fand in Omeyer seinen Meister. Michael Müller sprang nun für seine Kollegen in die Bresche und hielt seine Farben auf Schlagdistanz. Mit zwei Toren Rückstand ging es in die Pause, bei konsequenterer Chancenauswertung hätte es unentschieden können – das 13:15 fühlte sich nicht gut an.

Bjarte Myrhol und Karol Bielecki sorgten nach dem Wechsel für den schnellen Ausgleich und Guðjónsson hatte wenig später sogar die Chance, für die Führung zu sorgen, die Omeyer verhinderte. Der Franzose wurde immer stärker und konnte sich das ein oder andere arrogante Lächeln nach einer Parade nicht verkneifen. Minutenlang blieben die Löwen nun ohne Treffer, Kiel zog auf 20:16 davon (40.), wenngleich Szmal ebenfalls zu Hochform auflief. Vier Tore Rückstand, es sah schlecht aus. Aber Myrhol und Uwe Gensheimer behielten bei zwei Kontern die Nerven und verkürzten auf 18:20. Die Halle war da, und Gíslason nahm eine Auszeit (42.). Doch es lief jetzt nicht mehr ganz so rund bei den „Zebras“. Die Löwen-Abwehr biss zu, Szmal stach … und Bielecki nagelte die Harzkugel ins Kreuzeck. Alarm in der SAP ARENA! Gíslason hätte eine weitere Auszeit gebraucht, als Grzegorz Tkaczyk und Gensheimer zum 21:20 trafen (48.).

Es war ein Duell auf Augenhöhe. Omeyer zog die Bälle nicht mehr ganz so magisch an, dafür kam nun die tschechische Tormaschine Filip Jícha ins Rollen (25:26, 55.). Vier Minuten vor Schluss nahm Lindgren beim Stand von 26:26 seine Auszeit, die Löwen hatten Ballbesitz und noch 34 Sekunden Überzahl – ein Tor musste her. Es fiel durch den neunten Treffer Bieleckis. Spannung pur. Siebenmeter Jícha, Granate Bielecki, Ausgleich Jícha. Noch eine Minute. Jetzt war Nervenstärke gefragt. Eine halbe Minute vor Schluss parierte Omeyer ein Bielecki-Geschoss, nun galt es, zumindest das Remis zu halten. Es sollte nicht sein. Wieder traf Jícha, neun Sekunden vor dem Ende, Szmal war noch dran. 28:29. Tkaczyks letzter verzweifelter Versuch mit der Schlusssirene flog über die Latte.

„Die Chancenverwertung war leider nicht so gut“, klagte der zum Zuschauen verdammte, verletzte Löwen-Kapitän Guðjón Valur Sigurðsson. Omeyer brachte es am Schluss auf 18 Paraden. „Er ist ein sehr guter Torhüter, aber man darf ihn nicht zum besten der Welt machen“, sagte Szmal – und meinte damit die zahlreichen vergebenen 1:1-Situationen. „Wenn einer solche Fehler machen darf, dann er“, nahm Abwehrchef Oliver Roggisch seinen Kollegen Groetzki in Schutz. Lindgren war sichtlich enttäuscht. „Es war ein Kampf über 60 Minuten, Kiel lag die meiste Zeit in Führung, wir mussten sie immer jagen. Aber jetzt ist erst Halbzeit.“ Noch ist nichts entschieden.

Rhein-Neckar Löwen: Szmal, Fritz (bei einem Siebenmeter) – Stefánsson (1), Guðjónsson (3), Bielecki (10) – Groetzki, Gensheimer (3) – Myrhol (6) – Roggisch, Prieto (n.e.), Tkaczyk (2), Harbok (n.e.), Manojlović, Müller (3), Klimovets, Bruhn (n.e.).
THW Kiel: Omeyer, Palicka (n.e.), Gentzel (n.e.) – Zeitz (5), Narcisse (3), Jícha (8/2) – Sprenger (4), Klein (3) – Ahlm (3) – Lund, Lundström (n.e.), Anić, Reichmann (n.e.), Ilić (3).
Strafminuten: Manojlović (4), Myrhol (2), Roggisch (2) – Jícha (4), Ahlm (4).
Trainer: Ola Lindgren – Alfreð Gíslason.
Zuschauer: 13.200 (ausverkauft).
Schiedsrichter: Stolarovs / Licis (Lettland).
Spielfilm: 2:3 (5.), 4:7 (10.), 6:9 (15.), 8:11 (20.), 10:12 (25.), 13:15 (Hz.) – 16:18 (35.), 16:20 (40.), 19:20 (45.), 22:22 (50.), 25:26 (55.), 28:29 (Endstand).
Zeitstrafen: 4 / 4.
Siebenmeter: 0/0 – 2/2.
Beste Spieler: Szmal, Bielecki, Myrhol – Omeyer, Jícha.

Die anderen Viertelfinal-Resultate der Champions League:

HSV Hamburg – BM Ciudad Real 26:22 (11:8)
FC Barcelona – KC Veszprém 33:27 (17:15)
Medvedi Čechov – Montpellier HB 28.04., 19:00 Uhr