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Die Löwen fühlen sich königlich

Mannheim. Im Vorfeld wurde gepusht, aber auch runtergespielt, gestichelt, aber auch gegenseitig gelobt. Die Anspannung bei den Verantwortlichen war groß und der Redebedarf erst: Rhein-Neckar Löwen gegen Füchse Berlin, Vierter gegen Dritter, deutsche Handball-Schwergewichte unter sich – das verbale Vorspiel hatte es in sich. Gestern Abend folgte nun das „Nachspiel“. Auf der Platte, in der Mannheimer SAP Arena. Die Ausgangslage war klar. Beide wollten gewinnen, sich einen Vorteil im Rennen um die Königsklassen-Qualifikation verschaffen. Ein Big Point, den sich letztlich die Löwen sicherten: Die Besten aus dem Südwesten siegten mit 33:32 (16:16), feierten sich danach minutenlang. Gudmundur Gudmundsson, der Trainer der Badener jubelte mit, sagte: „Ich bin sehr zufrieden. Mein Team hat Charakter gezeigt. Nun haben wir den dritten Platz – aber die Saison ist noch lang.“ Und Thorsten Storm, der freute sich mit, war erleichtert: „Die Partie schwappte hin und her, aber wir hatten tolle Zuschauer im Rücken.“

Sein Comeback gab Slawomir Szmal. Eine Blitz-Rückkehr war das. Gerade mal vier Wochen fiel der Welt-Handballer nach seiner Knieoperation aus. Zunächst saß der Torwart nur auf der Bank, drückte die Daumen, klatschte, fieberte mit. Unruhig sah er aus. Verständlicherweise: Es war eine zähe Angelegenheit, ging hin und her. 7.314 Zuschauer sahen ein Kräftemessen auf Augenhöhe. Voller Kampf, ohne Respekt. Und mit einem glänzend aufgelegten Uwe Gensheimer, der nicht nur auf Linksaußen wirbelte, sondern ab und an auch mal aus der zweiten Reihe, mitten durch die Berliner Mauer ballerte.

In der 17. Minute war es dann soweit: Henning Fritz ging, Kasa Szmal kam. Ausrichten konnte aber auch er zunächst nichts: Die Gäste von der Spree, die sich ab der kommenden Runde Weltstar Iker Romero geangelt haben, zogen an, teilweise auch begünstigt durch fragwürdige Schiedsrichter-Entscheidungen, enteilten auf 14:10 (23.). Doch der totale Einbruch blieb aus. Dank „Gensel“ und Grzegorz Tkaczyk. Beide drehten unmittelbar vor der Pause richtig auf, führten das Rudel zum 16:16. Das Tkaczyk-Hoch hielt an. Der polnische Scharfschütze hatte auch nach dem Wechsel die Lufthoheit. Immer wieder schraubte er sich in schwindelerregende Höhen. Traf und traf. „Olafur Stefansson und er haben ein sehr gutes Spiel gemacht“, lobte Storm, „wobei unter dem Strich eine geschlossene Mannschaftsleistung steht.“

Doch bei all der Freude über den Bundesliga-Knaller. Ungetrübt konnte er nicht genossen werden. Nicht als Löwen-Fan, nicht als leidenschaftlicher Sympathisant der Gelbhemden. Dazu gibt es zurzeit zu viele Störfeuer. Insbesondere eines lodert meterhoch, entfacht soll es Jesper Nielsen haben, der Hauptsponsor, der Aufsichtsratsboss: Die Anzeichen, dass er über kurz oder lang beim badischen Bundesligisten aussteigen könnte, verdichten sich – die RNZ berichtete bereits.

Gestern der nächste Schock: Laut dänischen Medien plant der Schmuckbaron angeblich nicht nur seinen Ausstieg, um sich voll auf AG Kopenhagen konzentrieren zu können, nein, er soll zudem auch Löwen-Spieler in seine Heimat lotsen wollen. Gemeint sind Olafur Stefansson, Robert Gunnarsson, Gudjon Valur Sigurdsson, Karol Bielecki und der (eigentlich) Bald-Löwe Krzysztof Lijewski.

Nielsen selbst streitet das im RNZ-Gespräch ab: „Die spinnen wohl. Ich habe nur gesagt, dass wir für Kopenhagen Spieler suchen, die auf dieser Ebene spielen können. Aber nicht, dass es diese Spieler sind.“ Und was ist an den Gerüchten um seinen möglichen Abgang bei den Löwen dran? Nielsen: „Mein Vertrag als Hauptsponsor endet erst 2012 und über eine Verlängerung haben wir noch nicht gesprochen.“ Wie auch immer: Bei den Löwen scheint man vorsichtig geworden zu sein. Nach RNZ-Infos soll an einem neuen Sponsorenpool gebastelt werden, einem mit regionalem Bezug. Klar ist aber: Einen Geldgeber vom Format von Nielsen ersetzt man nicht mal eben so.

Rhein-Neckar Löwen: Fritz (bis 17.), Szmal (ab 17.) – Stefánsson 6, Lund 2, Bielecki 1 – Cupic, Gensheimer 7/5 – Myrhol 7 – Roggisch, Šešum 2, Tkaczyk 5, Gunnarsson, Groetzki 3.

Füchse Berlin: Heinevetter (bis 46.), Štochl (ab 46. und bei einem Siebenmeter) – Petersson 4, Jaszka 3, Christophersen 4 – Richwien 7, Nincevic 2 – Laen 4 – Löffler 1, Špoljaric, Kubisztal 7/2, Wilczynski, Bult.

Von Daniel Hund

 23.03.2011