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Keine Zeit zum Feiern (RNZ)

Mannheim. In die Katakomben ging es geschlossen. Nacheinander, in Reih und Glied, schlenderten die Rhein-Neckar Löwen in den Arenabauch. Verschwitzt, völlig erschöpft, sahen sie aus. Aber glücklich. Euphorisiert von einem wichtigen, einem dicken Derby-Ausrufezeichen. Für die Göppinger Schwaben gab es diesmal nämlich nichts zu erben. Nicht gegen diese Löwen und vor allem nicht gegen diesen Torhüter: Goran Stojanovic war der Fels in der Brandung, der Mann, der phasenweise eher Krake als Löwe war. Seine Arme und Beine waren überall, eben meist da, wo auch der Ball war. „So wie in den letzten Jahren immer, wenn wir gegen ihn angetreten sind: Goran macht uns stets Probleme.“ Velimir Petkovic, der Trainer der stumpfen Schwabenpfeile, wirkte ratlos, als er das sagte. Seine Schultern zuckten. Aber natürlich war es nicht nur Stojanovic, der glänzte. An der Jagd hatten sich alle Löwen beteiligt.

Feierlaune kam im Löwengehege, wenn dann aber nur kurz auf. Das lag am Terminplan. Der ist nämlich alles, nur nicht partyfreundlich. Morgen geht es schon weiter.Um19.45 Uhr, im DHB-Pokal, bei der MT Melsungen. Und dort heißt es: Verlieren verboten! Schließlich ist die erneute Teilnahme am Final Four in Hamburg ein erklärtes Saisonziel, das nach dem Scheitern in der Champions-League-Qualifikation oberste Priorität genießt. Manager Thorsten Storm macht daraus kein Geheimnis, hält den Ball aber flach. Ganz bewusst tut er das. Denn das eine ist der Anspruch, das andere die Wirklichkeit. Er warnt: „Es wird sehr schwer für uns. Melsungen spielt bislang eine Super-Saison.“

Stimmt. Michael Roth, der Ex-Krösti, hat dort eine funktionierende Einheit um sich formiert. Vieles passt, wenig misslingt. Selbst in der Höhle der Löwen hätte es vor rund zwei Wochen beinahe zum Auswärtscoup gereicht. Bei Storm sind die Bilder noch präsent. Schöne Erinnerungen sind es nicht. Der Manager: „Wir hatten das Spiel voll im Griff und am Ende sehr viel Glück beim Punktgewinn.“ Und was heißt das nun für den morgigen Drittrunden-Knaller? „Die Chancen liegen bei 50 zu 50.“

Zu einem badischen Freudentanz in Hessen will auch Oliver Roggisch beitragen. Der Abwehrchef soll hinten dicht machen, kämpfen und beißen. Gegen Göppingen tat er das – aber nur als Teilzeitarbeiter: Nach 47 Minuten war Zapfenstreich, Dienstende. Der lange Blonde musste runter: Rot gab’s. Die dritte Zwei-Minuten-Strafe war eine zu viel. Wobei die zweite gar keine war. Aber wie heißt es doch so schön: Foul ist, wenn der Schiedsrichter pfeift. Schluss, Aus, Ende.

Bei Roggisch sowieso. Ihn scheint mancher Herr in schwarz besonders auf dem Kieker zu haben. Für ihn existiert ein eigener Strafenkatalog. Doch ist er da nicht vielleicht sogar selbst Schuld? Muss er immer das Unschuldslamm spielen, ständig lamentieren? Storm sagt nein: „Manchmal wäre es sicher besser, wenn er entschuldigend den Arm hebt und es einfach mal über sich ergehen lässt. Aber Oli weiß das selbst. Gemecker bringt keiner weiter.“ Wobei eines unverkennbar ist: Roggisch ist mittlerweile ein anderer. Leichtfüßiger, zielstrebiger, einfach deutlich stärker. Storm nickt. Er kennt den Grund: „Oli wiegt nun zehn Kilo weniger. Er hat hart an sich gearbeitet und ist dadurch schneller geworden.“

Auch gegen Göppingen war das nicht zu übersehen. 6.333 Zuschauer waren Zeuge. Nur 6.333 wohlgemerkt. Die Anwurfzeit um 15 Uhr – parallel zum Fußball – ist das Problem. Schuld ist das TV. Sport1 gibt die Sendezeiten vor. „Wir würden uns niemals für diese Uhrzeit entscheiden“, bedauert Storm: „Dafür können wir uns bei unseren Partnern und Kunden nur entschuldigen.“

Von Daniel Hund