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Löwen wollen Geschichte schreiben (BNN)

Handball-Bundesligist aus Baden strahlt Gelassenheit vor der Titelentscheidung aus

Kronau/Östringen. Zehn Tage können ganz schön lang sein. „Es wird Zeit, dass es losgeht“, hat Gudmundur Gudmundsson schon Mitte der Woche gesagt und damit einen Eindruck vermittelt von der Stimmung bei den Rhein-Neckar Löwen vor dem vielleicht größten Tag der Vereinsgeschichte. „Es herrscht eine Mischung aus Anspannung und Vorfreude. Wir fiebern dem Samstag entgegen“, sagte Kapitän Uwe Gensheimer, ehe er gestern zusammen mit den Kollegen nach dem Abschlusstraining per Bus nach Gummersbach aufbrach zum Saisonfinale. Mit einem klaren Sieg gegen den gastgebenden VfL könnten die badischen Handballprofis heute (16 Uhr/Sport 1) Geschichte schreiben und im Fernduell mit dem THW Kiel den zeitgleich in der Sparkassen-Arena gegen die Füchse Berlin geforderten Titelverteidiger als deutschen Meister ablösen.

Sieben Treffer liegt der Tabellenführer in der Tordifferenz vor den punktgleichen Norddeutschen, eine Art Fotofinish-Entscheidung ist also programmiert. „Jedes Tor zählt“, betonte der scheidende Erfolgstrainer Gudmundsson vor dem Showdown noch einmal und mahnte die Spieler dennoch zur Geduld: „Das Spiel dauert 60 Minuten. Mit dieser Zeit müssen wir umgehen können. Es gilt, bis zum letzten Pfiff die Konzentration allein auf unsere Aufgabe zu richten. Zunächst aber müssen wir unser Spiel gewinnen.“ Im Hinspiel fertigten die Löwen Gummersbach mit 36:22 ab. Ein Sieg in ähnlicher Höhe dürfte reichen, um den Tabellenzweiten auf Distanz zu halten.

Von dem parallelen Geschehen in Kiel wollen sich die Spieler des Spitzenreiters erst gar nicht ablenken lassen. „Wir sind uns einig, dass wir den Spielstand in Kiel nicht wissen wollen“, sagte Gensheimer. Ob sie sich vom Informationsfluss in der mit offiziell 4 132 Zuschauern ausverkauften Schwalbe-Arena abschotten können, sei in Zeiten des Smartphones einmal dahingestellt. 500 Löwen-Fans, Rekord für ein Auswärtsspiel, werden ihre Mannschaft lautstark unterstützen.

Zumindest nicht zum Nachteil gereichen dürfte den Löwen in ihrem Streben nach einem möglichst hohen Sieg der kurzfristige Ausfall von Carsten Lichtlein beim Tabellenzwölften, der zuletzt immerhin viermal hintereinander gewann. Der VfL- und Nationaltorhüter zog sich eine Rückenverletzung zu und muss rund zehn Tage pausieren. Auch über dieses personelle Plus wollen sich die Löwen keine Gedanken machen. „Wir probieren einfach, unsere bestmögliche Leistung zu bringen. Wir werden alle Kräfte mobilisieren, die der Körper hergibt“, versprach Linksaußen Gensheimer. Patrick Groetzki vom rechten Flügel sagte: „Wir werden 60 Minuten Vollgas geben.“ Sieben Tore seien zwar nur „ein kleines Polster“, aber „wenn wir in unserem Spiel alles gut machen, wird kein Weg an uns vorbeiführen.“

Für den unwahrscheinlichen, aber eben doch möglichen Fall, dass die Löwen und der THW nach dem letzten Spieltag dieselbe Punktzahl und die gleiche Tordifferenz aufweisen sollten, müssten zwei Entscheidungsspiele ausgetragen werden. Weil Kiel am kommenden Wochenende im Final Four der Champions League gefordert ist und anschließend die deutsche Nationalmannschaft in zwei Duellen mit Polen um die WM-Qualifikation streitet, könnten diese Spiele erst zwischen dem 18. und 29. Juni stattfinden.

Von Reinhard Sogl