Veröffentlichung:

Abschied ganz ohne Wehmut (MM)

Oliver Roggisch bestätigt vor dem heutigen Topspiel der Löwen in Flensburg sein Karriereende

MANNHEIM. 16 Jahre Profi-Handball fordern ihren Tribut, und wenn es zu viel wird, schwenken irgendwann selbst solche Kämpfertypen wie Oliver Roggisch die weiße Fahne. „Es gibt Tage, da gehen ich morgens seitlich die Treppe runter, weil alles wehtut“, sagt der 35-Jährige, dem der beanspruchte Körper zuletzt wieder mehr zu schaffen machte, als ihm lieb sein konnte.

„Ich saß die letzten Monate öfter beim Arzt als in der Trainingshalle“, berichtete der Abwehrchef der Rhein-Neckar Löwen. „Irgendwann muss man dann auch ehrlich genug zu sich selbst sein und feststellen, dass es nicht mehr so geht, wie man selbst möchte und die Konsequenzen ziehen“, bestätigte Roggisch gestern das, was schon länger durchgesickert war. Trotz eines Vertrags bei den Löwen bis 2015 ist schon nach dieser Saison Schluss, der Kapitän der Nationalmannschaft beendet seine Laufbahn mit den WM-Play-off-Spielen gegen Polen im Juni.

Gesicherte Zukunft

Wehmut war dem blonden Riesen dabei nicht anzumerken, der eisenharte Abwehrspezialist gab sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der Löwen und des Deutschen Handball-Bundes bestens gelaunt – sicher auch, weil er jetzt schon weiß, dass es weitergeht und die neuen Aufgaben als Trainer-Assistent und Repräsentant bei den Löwen sowie als Bindeglied zwischen Nationalmannschaft und Präsidium beim DHB reizvoll sind.

„Die Gespräche mit den Löwen und dem DHB haben mir Sicherheit gegeben, dass es eine Zukunft nach dem aktiven Teil meiner Karriere gibt. Deshalb fällt mir dieser Schritt nicht ganz so schwer“, sagte Roggisch, der sich auf seine Abschiedstournee freut. „Jetzt kommt sicher die schönste Zeit, in der ich noch einmal jedes Spiel genießen kann und das Maximale herausholen möchte“, blickt der gebürtige Südbadener auf die kommenden Monate, in denen er den sportlichen Erfolg nicht aus den Augen verlieren möchte. „Das beginnt mit dem Spiel in Flensburg. Ein echter Brocken“, gilt für Roggisch die ganze Konzentration zunächst dem heutigen Bundesliga-Gipfel zum Rückrunden-Auftakt (20.15 Uhr/Sport1), mittelfristig gilt es, noch weitere Punkte abzuhaken.

„Ob die Meisterschaft oder die Champions League realistisch sind, ist eine andere Frage, aber den DHB-Pokal habe ich zum Beispiel auch noch nie gewonnen“, würde der Abwehrchef der Löwen zum Abschied liebend gerne noch einmal eine Trophäe nach oben recken und mit der Nationalmannschaft geht es in denPlay-offs gegen Polen um nicht weniger als die WM-Teilnahme 2015 sowie den Stellenwert des deutschen Handballs. „Das sind vielleicht die wichtigsten Spiele in meiner DHB-Karriere“, blickt Roggisch auf diesen Show-down – das gewonnene WM-Finale von 2007 durchaus im Hinterkopf: „Da konnten wir alles gewinnen und nicht mehr viel verlieren. Das ist im Juni anders.“

Gerade diese Einstellung macht Roggisch für den DHB und die Löwen weiterhin so wertvoll, wie auch Bundestrainer Martin Heuberger gestern in Mannheim deutlich machte. „Olli hat sich über die Jahre zu einer Leitfigur entwickelt. Umso mehr freut es mich, dass er uns in der momentanen Umbruchphase mit seiner Erfahrung erhalten bleibt“, sagte Heuberger, der Roggisch schon aus gemeinsamen Tagen beim TuS Schutterwald kennt.

Perspektive als Teambotschafter

DHB-Präsident Bernhard Bauer bezeichnete Roggisch sogar als „Leuchtturm“ für die gesamte Sportart. „Es war die richtige Entscheidung, ihn beim DHB und den Löwen einzubinden“, sagte Bauer, der dem aktuellen Kapitän eine Zukunft als „Teambotschafter“ geben möchte. Und sollte sich der Routinier in diese Aufgaben schnell hineinfinden, dürfte bald auch das Treppensteigen wieder leichter fallen.

Von Thorsten Hof