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Alles drin nach letztem Kraftakt (MM)

Löwen beenden das Jahr mit 26:25 in Hamburg

HAMBURG. Für die ultimative Motivationsspritze sorgte ausgerechnet der Ex-Manager. „Wir drücken dem HSV gegen die Löwen beide Daumen. Wir hoffen, dass der HSV den Löwen ein Bein stellen kann.“ Thorsten Storm, sieben Jahre Geschäftsführer der Rhein-Neckar Löwen gewesen und urplötzlich im zurückliegenden Sommer vom Vize-Meister zum Erz- und Titelrivalen THW Kiel gewechselt, machte seine ehemalige Mannschaft vor deren Spiel beim HSV Hamburg unfreiwillig noch einmal richtig heiß. In großen Lettern hing das Storm-Zitat in der Kabine, das Unverständnis war bei den Gelbhemden ob der Äußerung ihres früheren Managers entsprechend groß – und vielleicht auch deshalb erfüllte sich der Wunsch des Ex-Geschäftsführers nicht. Die Löwen gewannen mit 26:25 (14:12) bei den Hanseaten und haben die deutsche Handball-Meisterschaft nach wie vor in der eigenen Hand.

„Alles offen in 2015“

„Ich habe der Mannschaft direkt nach dem Spiel gesagt: Jetzt ist alles für uns in 2015 offen. Nun ist es unsere Aufgabe, daraus etwas zu machen“, meinte Trainer Nikolaj Jacobsen nach der nervenaufreibenden Handball-Schlacht, in der sein Team auch als Verlierer das Feld hätte verlassen können. Doch es gab da ja den sechsfachen Löwen-Torschützen Kim Ekdahl du Rietz, der die letzten vier Treffer der Gelbhemden erzielte. „Er hat überragend gespielt“, lobte Jacobsen. Und dann war da noch Torwart Niklas Landin, der nach seiner Einwechslung in der 57. Minute gleich drei Hamburger Würfe parierte. Als es auf den Dänen ankam, war einmal mehr Verlass auf ihn. „Niklas hat erst nicht viel gehalten, dann aber drei Würfe in zwei Minuten. Das zeichnet einen guten Torwart aus.“ Es sei eine Mischung aus Glück und Gefühl gewesen, beschrieb der Coach die Beweggründe, warum er Landin doch noch einmal für Bastian Rutschmann brachte: „Ich habe Niklas gebeten, ein paar Bälle zu halten – und das hat ganz gut geklappt. Wenn ein Spiel in die Schlussphase geht, ist es immer gut, einen Niklas Landin zu haben.“

Umso schlimmer ist es für die Löwen, dass der Däne im nächsten Sommer das Kieler Trikot trägt. Mit Mikael Appelgren wurde bereits ein neuer Torwart verpflichtet, mit Darko Stanic steht der nächste Keeper vor der Unterschrift. Fest steht: Mit diesem Duo wären die Badener gut aufgestellt und weiterhin ein Meisterschaftsanwärter. Nichtsdestotrotz wissen sie um ihre große Chance, den in der vergangenen Saison so unglücklich verpassten Titelgewinn schon im nächsten Jahr nachzuholen. Ärgerlich ist einzig, dass die Ausgangssituation noch besser hätte sein können.

Drei Niederlagen seien zwar in Ordnung, meinte Uwe Gensheimer, aber dass die Löwen ausgerechnet in Erlangen und beim Bergischen HC verloren hätten, sei dann doch nicht entschuldbar: „Ohne diesen Gegner zu nahezutreten, aber dass wir dort verlieren, hätte ich nicht gedacht.“ Ähnlich äußerte sich Jacobsen, der mit sechs Minuspunkten gut leben kann – aber eben nicht mit der Tatsache, dass vier Zähler bei zwei Abstiegskandidaten hergeschenkt wurden. Der Däne sprach nach seinen ersten sechs Monaten in der Bundesliga von einem langen halben Jahr, das auch für ihn sehr anstrengend gewesen sei: „Ich habe diese Herausforderung immer gewollt und dieser Job macht mir richtig Spaß.“ Aber die vielen Spiele, die langen Reisen, die Intensität und vor allem das Unbekannte bei den für ihn vielen neuen Gegnern hätten ihm alles abverlangt, räumte der Trainer ein und zog mit einem Augenzwinkern den Vergleich zu seiner Heimat Dänemark heran: „Wenn man da auswärts um 16 Uhr spielt, ist man um 20 Uhr daheim.“

So ist das in der Bundesliga nicht, doch nicht nur deswegen sieht er viel Arbeit vor sich: „Wenn wir gut drauf sind, spielen wir hervorragend. Dann ist es schwer, uns zu schlagen. Aber wenn es auswärts schlecht läuft, müssen wir uns steigern. Sonst werden wir auch im nächsten Jahr Spiele wie in Erlangen oder beim Bergischen HC verlieren. In einigen Phasen sieht man eben doch, dass mein Team sehr jung ist. Das kann uns vielleicht Punkte kosten.“

Glücklich über Jahresabschluss

In Hamburg wäre genau das fast passiert, als die Löwen einen mühsam erarbeiteten 14:12-Pausenvorsprung verspielten und nach dem Seitenwechsel mit 18:21 (45.) zurücklagen. Am Ende stimmte zwar das Ergebnis – mehr aber auch nicht, wie Jacobsen betonte: „Das hatten wir uns anders vorgestellt. Nach unserer längeren Pause hatte ich auf frische Beine gehofft, aber wir haben die Eins-gegen-eins-Duelle nicht gewonnen. Und dann wird es für uns immer schwer. Deswegen bin ich zwar über die zwei Punkte glücklich, aber nicht zufrieden mit der Leistung. Wir müssen uns als Team steigern, wenn wir um die Meisterschaft mitspielen wollen.“ Vielleicht helfen aber auch ein paar Zitate des Ex-Managers über manch einen Durchhänger hinweg.

Von Marc Stevermüer