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Am Ende haben die Löwen ein Ass im Ärmel

Mannheim. Karol Bielecki ist niemand, der gerne zurückschaut oder lamentiert. Nach seiner Augenverletzung gab es nur den Weg nach vorn – und doch wird der polnische Rückraumspieler immer wieder von der Vergangenheit eingeholt. So etwa auch gestern Nachmittag, als er in der Partie gegen den VfL Gummersbach erstmals wieder auf Josip Valcic traf – den Spieler, mit dem er bei einem Länderspiel gegen Kroatien so unglücklich zusammengeprallt war und daraufhin sein linkes Augenlicht verlor. Bielecki machte seinem Gegenüber nie Vorwürfe – und doch war es ein besonderes Aufeinandertreffen. „Ich bin so froh darüber, dass er wieder spielt – wie wohl kaum ein anderer“, sprach auch Valcic von einer nicht alltäglichen Partie. Doch dass sein Gegenüber beim 36:34 (17:16)-Zittersieg mit seinen acht Treffern gleich zu einem der Matchwinner avancierte, hatte der Gummersbacher dabei sicher nicht im Sinn.

Erst geführt, dann gepatzt

„Seine Treffer waren Gold wert“, meinte auch Löwen-Kapitän Gudjon-Valur Sigurdsson zur Quote des Polen, der die Hälfte seiner Treffer in den entscheidenden letzten zehn Minuten der Partie erzielte. Gummersbachs Trainer Sead Hasanefendic bezeichnete Bielecki gar als „Ass, das wir zuletzt nicht ins Spiel bringen konnten“. Und den Joker mit der Lizenz zum Scharfschuss hatten die Löwen gegen die Oberbergischen gestern auch bitter nötig. Nach einem guten Start (6:2, 11.) verloren die Badener plötzlich den Faden, produzierten ungewöhnlich viele Passfehler und holten Gummersbach damit wieder ins Spiel zurück. „Dass es zur Pause nur 17:16 stand, lag mehr an uns als am VfL“, hatte Rechtsaußen Patrick Groetzki richtig erkannt. „Da haben wir irgendwie zu locker gespielt“, grübelte Trainer Gudmundur Gudmundsson über die Aussetzer. Und es sollte es noch schlimmer kommen.

Gummersbach legte einen 4:1-Lauf zum 18:21 hin (37.), wenig später stand es gar 20:24 (39.). Die Löwen kamen zu keiner Zeit mit dem zweiten Kreisläufer des VfL zurecht, den 7936 Fans in der SAP Arena schwante schon Böses. Erst beim 27:27 durch Ólafur Stefánsson konnten die Löwen wieder ausgleichen (48.), danach lieferten sich beide Teams einen offenen Schlagabtausch mit dem besseren Ende für die Badener, die sich nicht nur auf die trockenen Kracher von Bielecki, sondern auch auf die insgesamt 18 Paraden von Slawomir Szmal und den ansteckenden Kampfgeist von Kapitän Sigurdsson verlassen konnten. Selbst das 31:33 und eine Zeitstrafe für Børge Lund steckten die Löwen weg. Bielecki egalisierte mit zwei krachenden Würfen – und als sich die VfL-Abwehr dann mit drei Mann auf den Polen stürzte, war ausgerechnet der Ex-Gummersbacher Robert Gunnarssom am Kreis frei – 34:33 (58.). Patrick Groetzi sorgte für die Entscheidung, der Rest war knallgelbe Freude.

„Am Ende haben wir sicher etwas Glück gehabt, aber im Vorjahr sind solche Spiele noch mehrmals nach hinten losgegangen“, atmete auch Geschäftsführer Thorsten Storm hörbar durch. Und wer ein Ass wie Bielecki im Ärmel hat, kann zuvor eben auch mal ein paar Stiche liegen lassen.

Von Thorsten Hof

 13.12.2010