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Das Glück nicht überstrapazieren

Heidelberg. Glück, Können, starke Nerven? Wie auch immer, den Rhein-Neckar Löwen war’s am Sonntagabend egal, schnurz. Hauptsache gewonnen, Hauptsache die nächsten zwei Punkte kurz vor Weihnachten im Sack. Nach dem Sieg gegen den VfL Gummersbach sah man ausnahmslos in zufriedene, in erleichterte Gesichter. Sie grinsten um die Wette, die Badener. Manager Thorsten Storm reihte sich da nahtlos ein. Schmunzelnd saß er auf dem Podium im Presseraum, Seite an Seite mit Trainer Gudmundur Gudmundsson. Gestern war die Laune immer noch gut, aber nachdenklicher. Storm sprach Klartext: „Gegen Celje und Gummersbach haben wir unser Glück nun vielleicht schon etwas überstrapaziert.“

Oder anders ausgedrückt: Es wird Zeit, die Kurve zu kriegen, mal wieder souveräner zu werden. Ansonsten ist die nächste Bauchlandung wohl nur noch eine Frage der Zeit. Vor allem dann, wenn die drei Säulen vom Sonntag wegbrechen, wenn Karol Bielecki, Kasa Szmal und Gudjon Valur Sigurdsson eben kein Feuerwerk abbrennen. „Gegen Gummersbach konnten wir uns auf sie verlassen“, nickt Storm: „Gerade Karol hat in den entscheidenden Momenten gezeigt, wie wertvoll er ist, und Sigurdsson ist einer, der alle mitreißt – so ist er einfach.“

Weiter geht es für die Löwen am Mittwoch. Um20 Uhr gastieren die Gelbhem_ den bei der HSG Gensungen-Felsberg. Ein Drittligist, ein krasser Außenseiter, aber kein Fallobst. „Gudmi“ unter_ streicht das, wird energisch: „Jeder Gegner muss ernst genommen werden, im Handball sowieso. Dies berücksichtige ich seit Jahren, so arbeite ich.“

Folglich nahm sich der Isländer gestern etwas Zeit. Er setzte sich vor den heimischen Fernseher und schaltete den Videorekorder ein. 180 Minuten lang: „Ich habe mir drei Spiel-Mittschnitte von Gensungen besorgt“, verrät Gudmundsson und verspricht: „Wir werden gut vorbereitet sein.“ Denn wenn er etwas hasst, dann sind es Zufälle, er plant alles durch, jeden Spielzug, jede Defensivaktion. Und was kommt nun am Mittwoch auf sein Star-Ensemble zu, was erwartet Uwe Gensheimer und Co. in der Handball-Provinz? Gudmundsson: „Eine sehr offensive und aggressiv spielende Mannschaft, die wir aber natürlich eigentlich schlagen müssen – keine Frage.“ Andererseits: Die Löwen und Außenseiter, das ist ein Kapitel für sich. Und zwar kein schönes, ein unrühmliches: Bittenfeld lässt grüßen! „Im Vorjahr sind wir dort fast rausgeflogen und dieses Jahr hatten wir in der 1. Halbzeit auch große Probleme“, betont der Trainer.

Am Samstag um 19 Uhr wartet dann schon der nächste Außenseiter. Auf der anderen Rheinseite steigt um 19 Uhr das Derby gegen Friesenheim. Die Vorfreude ist groß bei den Badenern, aber nicht grenzenlos. Man hat Respekt. Storm warnt: „Das wird ein ganz heißes Pflaster, bei einem Gegner, der sich gegen uns sicher etwas ausrechnen wird.“

Ivan Cupic kann den Angriff der Eulen wohl noch nicht abwehren. Doch spätestens in der nächsten Woche wird der Wirbelwind wieder über die Platte rasen: „Ivan hat gutes kroatisches Heilfleisch“, flachst Storm. Demnach könnte Cupic auch bei der WM im Januar am Ball sein. Probleme hätten die Löwen damit nicht. Storm sagt: „Für uns wäre das okay.“ Aber auch: „Wichtig ist nur, dass er wieder gesund zurückkommt. Denn hier ist die Arbeit, dort nur die Kür.“

Apropos Kür: Auch Henning Fritz wird bei den globalen Titelkämpfen in Schweden möglicherweise mit dabei sein. Bundestrainer Heiner Brand berief ihn gestern in sein vorläufiges 28-köpfiges WM-Aufgebot.

Von Daniel Hund

 14.12.2010