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„An 2007 denke ich erst wieder als alter Mann“

Innsbruck. Fliegen und fangen – das ist die Welt von Slawomir Szmal. Der Platz zwischen den Pfosten ist sein Revier, hier fühlt er sich wohl. Mit seinen unglaublichen Reflexen und blitzschnellen Reaktionen kann der 31-Jährige die gegnerischen Angreifer zur Verzweiflung bringen. Zum Auftakt der Handball-Europameisterschaft morgen (18.30 Uhr) im österreichischen Innsbruck will der Schlussmann gleich der deutschen Mannschaft das Fürchten lehren. „Ein guter Start in ein Turnier ist immer wichtig. Das gibt Rückenwind für die nächsten Aufgaben“, sagt Szmal, der in der Bundesliga das Trikot der Rhein-Neckar Löwen trägt.

Bei den Badenern lief es für ihn und seinen Kollegen Henning Fritz zuletzt nicht so gut. Beide wurden von Geschäftsführer Thorsten Storm kritisiert, der Manager sprach nach den überraschenden Niederlagen in Berlin und Lübbecke sogar von einem Torwart-Problem. Er vermisst die überragenden Leistungen, die das Duo in der Rückrunde der vergangenen Saison zeigte.

Im Kreise der Nationalmannschaft konnte Szmal den Trubel bei seinem Klub allerdings hinter sich lassen. Er ist nach wie vor stark genug, eine Partie im Alleingang zu entscheiden. Keine Frage: Wenn „Kasa“ richtig heiß läuft, wird der 31-Jährige zur unüberwindbaren Wand. Dann geht es spektakulär und akrobatisch auf der Platte zu. In Höchstform kratzt der Pole Unhaltbare aus dem Winkel und pariert Siebenmeter am Fließband. Und hat die große „Szmal-Show“ erst einmal begonnen, verbreitet seine bloße Anwesenheit schon beim Gegner Angst und Schrecken.

Keinen klaren Favoriten

Die DHB-Auswahl wird morgen also konzentriert und kaltschnäuzig im Angriff agieren müssen, wenn sie die Polen schlagen will. Die Partie gegen die Osteuropäer ist eines von drei „Endspielen“ in der Hammergruppe C. Das sieht auch Szmal so. „Es gibt keinen klaren Favoriten. Wer in diesen Begegnungen nicht 100 Prozent abruft und nicht bis zum Umfallen kämpft, wird eine böse Überraschung erleben. So wie wir mit den Löwen in Berlin und Lübbecke“, hat der Torwart die peinlichen Liga-Pleiten mit seinem Klub am Jahresende nicht vergessen.

Eine weitere bittere Niederlage hat er jedoch (vorerst) aus dem Gedächtnis gestrichen: das WM-Finale 2007. Vor drei Jahren verloren die Polen das Endspiel gegen Deutschland. „Daran erinnere ich mich nicht mehr, das ist Vergangenheit. An 2007 denke ich erst wieder als alter Mann, wenn ich als 70-Jähriger mit meinem Sohn auf dem Sofa sitze und mit ihm darüber spreche“, wirft Szmal mit einem Lachen im Gesicht einen kleinen Blick in die Zukunft. Dazu gehört auch die eigene Karriereplanung. Zurzeit verschwendet er zwar keinen Gedanken an einen Abschied von den Löwen – zumal sein Vertrag erst 2011 ausläuft. Allerdings beschäftigt sich der Torwart durchaus damit, noch einmal in seiner Heimat zu spielen.

„Es ist immer schön, wieder nach Hause zu kommen“, gibt der 1,86-Meter-Mann zu. „Der Handball in Polen hat sich unheimlich positiv entwickelt. Viele Ausländer bereichern die Liga. Und Nationalspieler wie mein früherer Löwen-Kollege Mariusz Jurasik sind zurückgekommen. Es tut sich unheimlich viel, das sieht man an Vive Kielce.“ Der polnische Meister mischt in dieser Saison die Champions League auf und liegt in der Vorrundengruppe B punktgleich mit den Rhein-Neckar Löwen auf Rang drei.

Zur Sportart Nummer eins hat es der Handball aber (noch) nicht geschafft. „Volleyball hat den höchsten Stellenwert“, sagt der Torwart. Bei der Europameisterschaft in Österreich wollen Szmal und  Co. aber trotzdem viel Werbung für ihren Sport machen.

Von Marc Stevermüer

 18.01.2010