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Anspruch auf das letzte Wort (MM)

Löwen-Torwart Niklas Landin kann ein Spiel allein entscheiden – und genau das will er morgen gegen Kiel machen

MANNHEIM. Es geht Richtung Norden, Richtung Heimat. Aber kurz vor der Grenze zu Dänemark ist die Reise vorbei. Sie endet in Kiel. Mal wieder. Schon vor einem Monat war Niklas Landin mit den Rhein-Neckar Löwen dort. Damals zum Bundesliga-Topspiel, diesmal zum DHB-Pokal-Hit. Und morgen (20.15 Uhr) soll es anders laufen. Besser und erfolgreicher als vor wenigen Wochen. Das 28:31 an der Ostsee hat der 24-Jährige nicht vergessen. Die Niederlage schmerzte. Weil sie so unnötig war. Und dazu noch selbst verschuldet.

„Am Tag nach dem Spiel saßen wir eine Stunde bei der Videoanalyse und unser Trainer Gudmundur Gudmundsson zeigte uns unsere Fehler. Das tat weh. Aber noch schlimmer war, dass man sehen konnte, dass wir dieses Spiel hätten gewinnen können“, erinnert sich der dänische Weltklasse-Torwart an das Duell mit dem Double-Gewinner. Morgen gibt es die Chance zur Revanche, ehe am Samstag (15 Uhr) das Liga-Topspiel beim HSV Hamburg ansteht: „Daran denke ich noch nicht. Erst einmal zählt nur Kiel, wo ein Hammerspiel auf uns wartet. Ich will in dieses Final Four.“

Seit 23 Jahren unbesiegt

Damit der Traum vom Finalturnier nicht platzt, muss allerdings kein Geringerer als der Titelverteidiger aus dem Weg geräumt werden. „Es waren doch so viele andere Mannschaften im Lostopf“, sagt der 24-Jährige und lacht. Er weiß: Es gibt keine schwerere Aufgabe, ein Pokal-Heimspiel verlor der THW zuletzt am 21. November 1990. TUSEM Essen eroberte die Ostseehalle mit einem 25:15-Sieg. Landin war damals keine zwei Jahre alt, jetzt will er mit den Löwen Geschichte schreiben und kann dem Los sogar etwas Positives abgewinnen: „Ich will mich nicht beschweren, sondern sehe dieses Spiel vielmehr als Chance. Jetzt können wir zeigen, dass für uns wirklich ein Sieg in Kiel möglich ist.“

Nicht zuletzt wird es dabei auf ihn, den Hexer zwischen den Pfosten, ankommen. Die Löwen brauchen ihn. Seine Reaktionen. Seine Reflexe. Dass der Europameister von 2012 ein Spiel allein gewinnen kann, hat er schon oft genug bewiesen. Ihn spielen zu sehen, sei ein Erlebnis, betonte Trainer Gudmundsson in der Vergangenheit mehrfach. Er weiß, dass ihm ein Weltklasse-Torwart zur Verfügung steht. Ein Ausnahme-Könner, der als Dreijähriger mit dem Handballspielen begann.

Landin erinnert sich genau an seine Anfänge, blickt zurück. Sein Jugendtrainer habe ihn einfach irgendwann mal ins Tor gestellt. „Im Nachhinein habe ich gehört, dass er mich gar nicht so gut als Torwart fand“, berichtet der Däne und lacht. Ganz so schlecht schien er seine Sache aber nicht gemacht zu haben, als Zwölfjähriger stand er immer noch zwischen den Pfosten: „Doch plötzlich fand ich das total langweilig.“

Landin wollte keine Tore mehr verhindern, sondern selbst welche erzielen. Den Ball ins Netz werfen und nicht aus dem Netz holen. Diese Idee trieb ihn an. Mit Erfolg. „Ich spielte eine Saison lang im Rückraum, dann abwechselnd im Tor und gegen die drei schlechtesten Teams in der Liga im Rückraum“, berichtet der Keeper und grinst: „Irgendwann hat mich dann ein Jugendnationaltrainer gefragt: ‚Bist du Rückraumspieler oder Torwart?‘ Von dem Tag an war ich Torwart.“

Und er wurde immer besser. In jedem Training, in jedem Spiel. Bei GOG Svendborg hieß sein Trainer ausgerechnet Gudmundsson, der das Talent des Zwei-Meter-Hünen erkannte und ihn als 20-Jährigen in der höchsten dänischen Liga zum Debüt verhalf. Der Isländer vertraute Landin, der sich mit starken Leistungen dafür bedankte.

Seitdem geht es für den sympathischen Vize-Weltmeister von 2011 und 2013 kontinuierlich bergauf. Die Löwen wollen seinen 2015 auslaufenden Vertrag vorzeitig verlängern – und sind in diesem Poker nicht chancenlos. „Ich fühle mich wohl und kann mir vorstellen, hier zu bleiben. Aber ich habe noch Zeit für diese Entscheidung. In der nächsten Saison bin ich auf jeden Fall ein Löwe“, sagt der Däne, an dem auch der THW interessiert ist. Einen Mann wie ihn können die Norddeutschen immer gebrauchen. Was er drauf hat, würde der Torwart den Kielern morgen im Pokal-Achtelfinale liebend gern zeigen.

„Er ist ein unglaublich talentierter Schlussmann und ich habe die Hoffnung, dass er sich noch mehr entwickelt“, sagt Löwen-Assistenztrainer Tomas Svensson. Der Schwede muss wissen, wovon er spricht, gilt der 45-Jährige doch selbst als Torwartlegende. „Bei Niklas bin ich mir sicher, dass er noch einige Grenzen überwinden kann. Er hat alle Möglichkeiten und das Talent, neue Maßstäbe zu setzen, denn sein riesiges Potenzial hat Niklas noch lange nicht ausgeschöpft. Ein Torwart ist niemals fertig mit seiner Entwicklung“, sagt der Schwede und unterstreicht die Bedeutung eines Torhüters: „Im Handball ist das die wichtigste Position, weil ein Torwart immer alle Möglichkeiten hat, ein Spiel allein zu drehen. Ein Schlussmann hat immer das letzte Wort.“

Von Marc Stevermüer