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Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander
Kronau/Östringen. Viel geschlafen habe er in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag nicht, berichtet Gudmundur Gudmundsson. „Ich habe viel nachgedacht“, erklärt der Trainer der Rhein-Neckar Löwen, der gestern mit dem Flugzeug nach Island reiste, um dort ab Sonntag die Handball-Nationalmannschaft seines Heimatlandes auf die WM in Schweden vom 13. bis 30. Januar vorzubereiten.
Den Kopf hatte der ehrgeizige Löwen-Coach allerdings noch nicht frei für das anstehende Großereignis. „Unsere Leistung in der ersten Halbzeit war ganz schwach, da hat der Biss gefehlt“, meint der 50 Jahre alte Handballlehrer mit Blick auf die 31:35-Pleite seiner Schützlinge am Mittwoch im Bundesligaspiel bei FA Göppingen. „Dort haben schon viele gute Mannschaften verloren. Es geht aber um die Art und Weise, wie man dort auftritt“, grantelt der Übungsleiter. „Unsere technischen Fehler sind uns teuer zu stehen gekommen“, ergänzt der Löwen-Coach, dessen Schützlinge für ihre teilweise leichten Ballverluste von den furiosen Schwaben bitter bestraft wurden.
Auch Thorsten Storm, der Manager des ambitionierten badischen Bundesligisten, ist angefressen – zu weit klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander. „Wir haben den Kampf Mann-gegen-Mann auf jeder Position verloren. Diese Leistung passt nicht zu unseren Erwartungen“, poltert der 46-Jährige, der vom Auftritt der Löwen in der EWS-Arena sehr enttäuscht war. „Wir haben in einigen Bereichen sehr gut gearbeitet und stellen wirklich sehr gute Rahmenbedingungen – aber auch ich muss mich hinterfragen, ob wir die richtigen Spieler haben“, sagt der Nordfriese und fügt an: „Wir erwarten von allen 100 Prozent. Gegen Göppingen waren die nicht da.“
Nach der vierten Saisonniederlage haben die Löwen als Tabellenvierter mittlerweile schon acht Punkte Rückstand auf Spitzenreiter HSV Hamburg. Die Berliner Füchse als Tabellenzweiter liegen fünf Zähler vor Gudmundssons Auswahl, Rekordmeister THW Kiel auf Rang drei hat immerhin schon ein Drei-Punkte-Polster auf die Badener.
„Wir gehen jetzt mit keinem guten Gefühl in diese lange Pause. Aber damit müssen wir jetzt leben“, meint Coach Gudmundsson und kündigt an, dass über das Spiel in Göppingen noch intensiv geredet werden wird. Schließlich gibt dieser lasche Auftritt allemal Anlass zur Sorge. Und spätestens jetzt sollte auch dem letzten im Löwen-Lager klar sein, dass weitere Punktverluste tabu sind – ansonsten gerät auch das Minimalziel „Platz drei“ in weite Ferne.
Von Christof Bindschädel
31.12.2010