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Ansprüche wie ein Klotz am Bein (MM)

Mannheim. Patrick Groetzki war angesichts des jüngsten Nackenschlags für die Rhein-Neckar Löwen nicht zu beneiden. Nicht nur, dass der Rechtsaußen seine eigene Knieverletzung zu verarbeiten hat und beim Halbfinal-Aus im EHF-Cup in Göppingen zum Zuschauen verdammt war – auf Krücken gestützt musste er neben Trainer Gudmundur Gudmundsson als offizieller Vertreter der Badener auch noch die 29:33-Niederlage einordnen. Seine Kollegen hatten sich da schon lange zum Wundenlecken in die Kabine zurückgezogen.

Doch die Löwen hatten damit eine gute Wahl getroffen, denn der Nationalspieler sprach nicht nur die unmittelbaren Ursachen an, die zu der Niederlage in der Göppinger „Hölle Süd“ führten, sondern blickte auch auf das große Ganze, das nach dem nächsten geplatzten Titeltraum mal wieder ordentlich aus dem Gleichgewicht geraten war.

„Wir sind noch nicht so weit“

„Dass wir das Finale verpasst haben und damit die nächste Titelchance weg ist, ist schlicht frustrierend“, fasste Groetzki seine Gemütslage zusammen, thematisierte aber zugleich die Erwartungshaltung rund um das badische Handball-Projekt. „Gegen Göppingen war wieder zu sehen, was es bedeutet, den entscheidenden Schritt zu gehen. So weit sind wir offenbar noch nicht“, stellte der 22-Jährige ernüchtert fest, dem aber auch von außen „zu forsch“ mit Worten umgegangen wird. „Da wird oft nicht bedacht, was das bedeutet“, monierte der Linkshänder. Die Zielsetzung des ehemaligen Aufsichtsratschefs Jesper Nielsen („Bester Klub der Welt“) ist hier noch in bester Erinnerung, doch auch den Gewinn des EHF-Cups als Saisonziel auszugeben, ist offenbar nicht unumstritten.

„Das hätte man auch intern machen können“, sah sich Trainer Gudmundur Gudmundsson mit seinem Team in der Erfolgsfalle, die mit den Löwen als selbst ernanntem Favoriten auf den Europapokal nun umso schmerzhafter zuschnappte – den hämischen Spott der Göppinger Fans („Ein Leben lang ohne Schale“) inklusive.

Geschäftsführer Thorsten Storm wollte sich dagegen nicht vom Anspruch, den EHF-Cup in die Klub-Vitrine zu stellen, distanzieren. „Dass wir diese Chance vertan haben, ist deshalb so bitter, weil die Aufgabe machbar war“, blickte der Manager auf die Kader und die Ligaplatzierung der beiden Halbfinalgegner. Doch einmal mehr waren die Löwen nur auf dem Papier besser. „Göppingen hat aus seinen Qualitäten einfach mehr gemacht“, stellte Storm kopfschüttelnd fest und sprach von einer „tiefen Wunde“.

Nicht zuletzt die jüngste Gegentorflut lag Storm im Magen. 32 Tore im Hinspiel gegen die Schwaben, 30 gegen Lemgo, nun 33 in Göppingen. „Wahnsinn. Das ist sicher nicht die richtige Entwicklung, die wir sehen“, blickte der Geschäftsführer auf den aktuellen Trend, der gegen Berlin (Mittwoch, 20.15 Uhr, SAP Arena) unbedingt gestoppt werden sollte, damit der letzte Strohhalm Richtung Champions League nicht auch noch vorzeitig abknickt.

Die aktuelle Aufgabe ist also klar definiert, Patrick Groetzki blickt aber auch hier schon weiter: „Wir müssen jetzt wieder schnell unsere Fassung gewinnen – und mittelfristig brauchen wir endlich einmal ein stabiles Gerüst in der Mannschaft, um einen Titel angehen zu können.“

Von Thorsten Hof