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Arbeitstier mit klarer Kante

Sebastian Hinze hat als neuer Cheftrainer der Rhein-Neckar Löwen bereits an vielen Stellschrauben gedreht

Arbeitstier mit klarer Kante: Sebastian Hinze hat als neuer Cheftrainer der Rhein-Neckar Löwen bereits an vielen Stellschrauben gedreht.
Löwen-Trainer Sebastian Hinze klatscht seiner Mannschaft Applaus.

Handball ist Arbeit. Und Arbeit kann Spaß machen. Zwei Sätze, die treffend zusammenfassen, wie der neue Cheftrainer der Rhein-Neckar Löwen tickt. Natürlich ist Sebastian Hinze kein reiner Schleifer, kein Felix Magath, der vom „Hügel der Qualen“ herunter seine Kommandos blafft und im Spiel dann Taktik samt Aufstellung dem Kapitän überlässt. Viel eher erstrecken sich Arbeitseinsatz und Akribie bei Sebastian Hinze auf alle Facetten des Handballs: ein echtes Arbeitstier mit klarer Kante.

Die ersten Ergebnisse dieses neuen Löwen-Stils lassen sich bereits begutachten. Weniger anhand der sechs Testspiel-Siege an sich, die überwiegend gegen Teams errungen wurden, die sich unterhalb Bundesliga-Niveau bewegen. Es ist die Art und Weise, in der die Löwen auftreten. Eine Art und Weise Handball zu spielen, die nicht zuletzt dem „Mannheimer Morgen“, Medienpartner und führende Tageszeitung in Mannheim, „Lust auf mehr“ macht.

Wie sieht dieser Löwen-Stil unter Sebastian Hinze aus? Die Basis von allem ist die Abwehr. Hier zeigen die Löwen bisher, was ihr neuer Coach mit Arbeit meint. Im jüngsten Testspiel gegen Euro-League-Teilnehmer Frisch auf! Göppingen, dem bisher anspruchsvollsten Gegner in der Vorbereitung, ließ die Löwen-Abwehrreihe kaum einen leichten Treffer zu. Da wurde brutal gegen mögliche Wurf-Chancen gearbeitet, wurde sehr situativ und mannbezogen gedeckt, und das mit großer Leidenschaft und Effektivität.

Arbeitstier mit klarer Kante und ersten Arbeitsnachweisen

Arbeitstier mit klarer Kante: Sebastian Hinze hat als neuer Cheftrainer der Rhein-Neckar Löwen bereits an vielen Stellschrauben gedreht.
Sebastian Hinze gestikuliert am Spielfeldrand.

Hinter einer solchen Herangehensweise steckt selbstredend ein mordsmäßiger Kraftaufwand. Und entsprechend gehört zum Hinze-Handball eine gute Portion personeller Rotation. Da ist also viel Bewegung im Löwen-Spiel. In der Abwehr, nach Ballgewinnen in Richtung Gegenstoß, zwischen Feld und Bank. Wobei es weniger darum geht, sogenannte Spezialisten-Wechsel zu vollziehen, sondern Einsatzzeiten zu verteilen.

Das alles funktionierte beim 33:26 über Göppingen wunderbar. Bis auf einige schlampige Schlussminuten zeigten sich die Löwen höchst fokussiert und sehr bedacht darauf, die Trainer-Vorgaben umzusetzen. Mehr als jeder zweite Treffer war unter Tempo-Spiel zu verbuchen. Auch das ein Schlagwort, das Sebastian Hinze als stilprägend von seiner Mannschaft sehen will. Rund zwei Wochen vor dem Saisonstart in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga ist das ein Ist-Zustand, mit dem der neue Löwen-Coach sehr zufrieden sein kann.

Wobei das mit dem Zufriedensein so eine Sache ist. Hierzu hat Sebastian Hinze seine ganz eigene Meinung. Denn so wirklich zufrieden, sagt er, ist er eigentlich nie. Es geht immer noch ein bisschen besser. Es gibt immer noch etwas zu tun. Und man kann immer etwas lernen. In seinen ersten Tagen bei den Löwen hat er nicht nur jede Menge neue Leute kennengelernt, sondern auch den Unterschied zwischen süddeutschem Wetter und dem Klima im Bergischen Land. An das deutliche Temperaturgefälle musste sich der gebürtige Wuppertaler erst gewöhnen. Aber auch das meisterte der 43-Jährige problemlos – zur Not mit „dreimal duschen am Tag“.

Arbeitstier mit klarer Kante und Prozess-Orientierung

Arbeitstier mit klarer Kante: Sebastian Hinze hat als neuer Cheftrainer der Rhein-Neckar Löwen bereits an vielen Stellschrauben gedreht.
Sebastian Hinze ärgert sich über eine Aktion auf dem Feld.

Besonders wichtig ist es dem Fan von gut gemachter Rock- und Blues-Musik, dass man der Entfaltung seines Arbeits- und Handball-Stils die nötige Zeit einräumt: „Die Vorbereitung bzw. das Erarbeiten meiner Idee davon, wie die Löwen Handball spielen sollen, das wird sicherlich nicht abgeschlossen sein vor dem ersten Spieltag. Das wird ein Prozess, der ganz sicher die ganze Saison beanspruchen wird und der nur Schritt für Schritt umzusetzen ist.“ Genauso weiß der erfahrene Handballtrainer, dass er von Tag eins auch an den Ergebnissen gemessen werden wird. Nervös macht ihn das nicht.

Er sei sich sicher, dass die Mannschaft alles mitbringt, um besser abzuschneiden als in der vergangenen Saison. Er spüre im Training, dass jeder einzelne Lust darauf habe, an sich zu arbeiten und sowohl als Einzelspieler, als auch im Team als Ganzes nach vorne zu kommen. Mit viel Arbeit, aber, wie Sebastian Hinze sagt: „Es verbietet ja keiner, dass Arbeit auch Spaß machen kann.“

Exakt das hat er beim Bergischen HC bewiesen, wo er eine klare Philosophie etabliert und sich damit einen Namen in ganz Handball-Deutschland gemacht hat. Dass er jetzt erstmals hinausgeht aus seiner „Komfortzone“, den BHC nach fünf Jahren als Spieler und zehn Jahren als Trainer verlässt, das beschäftigt Sebastian Hinze nicht wirklich. Wo er arbeitet, sei für ihn zweitrangig. Ihm gehe es vielmehr darum, dass er dort, wo er ist, das machen könne, was er am besten kann: Handball arbeiten. Aber bitte mit Spaß.

Bilder: Sörli Binder (RNL)