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Auf einmal sind die Titelchancen für die Rhein-Neckar Löwen deutlich besser (RNZ)

Schaue dem Trainer der Rhein-Neckar Löwen ins Gesicht und du weißt, wie es um die Mannschaft des Tabellenführers der Handball-Bundesliga bestellt ist. Nach dem 30:21-Erfolg beim SC DHfK Leipzig war die Gemütsverfassung von Nikolaj Jacobsen eine völlig andere als noch vier Tage zuvor nach der Niederlage in Berlin.

Am Mittwochabend war Nikolaj Jacobsen bestens gelaunt, ehe er die Arena in Leipzig verließ, er grinste und lachte viel. Kein Wunder, schließlich hatten sich die Aussichten seiner Mannschaft erheblich verbessert, in ein paar Wochen erstmals in der Vereinsgeschichte deutscher Meister zu werden.

Zwei Gründe gab es für die gelöste Stimmung beim sportlichen Chef der Löwen. Auf der einen Seite hatte seine Mannschaft eine gute Reaktion nach der Pleite in der Hauptstadt gezeigt, zwar nicht brilliert, aber die Souveränität eines Spitzenreiters offenbart und damit ihren Teil für den Titelgewinn erledigt. Auf der anderen Seite strauchelte überraschend der bislang ärgste Rivale THW Kiel.

„So schnell kann’s gehen“, sagte Uwe Gensheimer mit Blick auf das 28:29 des THW in Magdeburg. Auch der Kapitän der Löwen hatte sein Lächeln zurückgewonnen. Drei Mal streift der Linksaußen noch das Trikot der Badener über, ehe er den Klub in Richtung Paris verlässt und der Abschied könnte traumhaft für den Mann werden, der seine ganze bisherige Karriere im Verein verbrachte. „Die Kieler Niederlage zeigt nur, was alles passieren kann“, verwies Gensheimer darauf, dass der Ausrutscher der Konkurrenz als Warnung für das eigene Team verstanden werden muss, damit die Löwen nicht selbst noch einmal stolpern.

Bis einschließlich Sonntag gab Jacobsen seinen Akteuren trainingsfrei, damit sie individuell Kraft für den Liga-Endspurt sammeln können. Das nächste Duell steht erst am Sonntag in einer Woche in Wetzlar auf dem Programm. „Wir haben uns jetzt lange genug am Stück gesehen“, sagte der Trainer und grinste dabei. Drei Auswärtsspiele in acht Tagen hatten die Mannschaft und ihr Trainer absolvieren müssen.

Der Sonntag steht also zur freien Verfügung, wobei es sich viele Löwen-Akteure am späten Nachmittag auf der heimischen Couch bequem machen werden. „Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, am Sonntag kein großer THW-Fan zu sein“, erklärte Andy Schmid in der Vorausschau auf das Duell zwischen den Kielern und der SG Flensburg-Handewitt, das die Löwen entspannt aus der Entfernung verfolgen können.

Sollten die Kieler den aktuellen Rangzweiten aus Flensburg schlagen, hätten die Badener wieder zwei Punkte Vorsprung auf die Kieler und drei auf die SG – der Ausrutscher in Berlin wäre in der Tabelle ausgebügelt – und die Meisterschaft ganz nah.

„Ich bin für Kiel“, sprach Jacobsen und grinste einmal mehr an diesem Abend in Leipzig. Der Trainer hat als Spieler eine Vergangenheit beim THW und alleine deshalb eine emotionale Nähe zu den „Zebras“, am Sonntag hat sein Daumendrücken für die Kieler aber ganz andere Gründe. „Ich bin natürlich immer für die Mannschaft, die uns helfen kann.“ Und das ist in der gegenwärtigen Konstellation eben der amtierende Meister und Dauerrivale der zurückliegenden Jahre. Dass der gewinnen muss, um zumindest Platz zwei und damit die sichere Qualifikation für die Champions League zu sichern, spielt den Löwen zusätzlich in die Karten.

„Vielleicht ist der Handball-Gott ja diesmal auf unserer Seite, wer weiß“, sagte Schmid mit einem Augenzwinkern. Gemeint war damit die Niederlage der Kieler in Magdeburg. Der Löwen-Spielmacher würde umso mehr an die Kraft des Übersinnlichen glauben, wenn der THW am Sonntag die Flensburger schlägt.

Von Michael Wilkening