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Auf richtigem Parkplatz

Mannheim. Wenn er den Ball hat, herrscht um ihn herum höchste Alarmstufe. Gleich mehrere Gegenspieler haben ihn dann im Auge, beobachten jede noch so kleine Bewegung, warten förmlich auf seine genialen Momente, fürchten sich: Olafur Stefansson, die lebende Handball-Legende, der Rückraum-Stratege der Rhein-Neckar Löwen, verbreitet Angst und Schrecken. Nach anfänglichen Startproblemen im Löwengehege ist der 36-Jährige bei den Gelbhemden mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Den Manager freut’s: „Olafur hält dem Erwartungsdruck nun Stand“, erklärt Thorsten Storm, „und das ist extrem wichtig für uns, denn wenn es bei ihm läuft, läuft es meistens bei allen.“

Stimmt. Sobald er gebraucht wird, ist er da, gibt Anweisungen, verteilt das Bällchen passgenau durch die Manege. Gewalt-Schüsse aus der zweiten Reihe sind hingegen nicht sein Ding. Storm weiß das, sagt: „Er ist kein Shooter im herkömmlichen Sinn, er hilft eher den anderen, setzt sie ein.“

Das Duell gegen Magdeburg taugte diesbezüglich als Paradebeispiel. Mit drei Toren und beinahe ein Dutzend Zuckerpässen berauschte der Isländer das Arena-Publikum im Bösfelder „Ufo“. Eigenlob ist ihm dennoch fremd. Die Mannschaft steht über allem: „Wir haben heute endlich auch mal zuhause gezeigt, wie stark wir sind. Ich denke, die Zuschauer hatten ihren Spaß“, schmunzelt der Linkshänder – ohne dabei arrogant zu wirken. Arroganz ist für ihn nämlich ein Fremdwort. Abseits der „Platte“ sowieso. Hier tritt er bescheiden auf, der Weltstar, höflich und zuvorkommend.

Eine gesunde Portion Aberglaube schwingt aber ebenfalls mit. Peinlich ist ihm das nicht. Im Gegenteil, er steht dazu. Angesprochen auf den Grund für die Magdeburg-Gala, kramte Stefansson zumindest eine verblüffende Erklärungsvariante hervor: „Nun ja, dieses Mal habe ich mein Auto auf einem anderen Parkplatz vor der Arena geparkt. Normalerweise ist er immer belegt gewesen. Ab sofort werde ich einfach immer etwas früher kommen.“

Gute Laune, die am Samstag auch den Manager des Rudels ansteckte. Grinsend verabschiedete er sich zu Sponsorengesprächen in den Arenabauch. Apropos Gespräche. Auch mit Trainer Ola Lindgren und Kent-Harry Andersson, dem Sportlichen Berater der Löwen, tauscht sich Storm derzeit häufiger aus. Das Trio bastelt im Stillen am Kader, überlegt, versucht so manche Baustelle im Hinblick auf die neue Saison zu schließen. Handlungsbedarf besteht auf mehreren Positionen. Gerade am Kreis wird sich sicher etwas tun. Der Vertrag von Andrej Klimovets läuft aus und Spanien-Import Carlos Prieto wurde trotz eines Vertrags bis 2011 längst einWechsel nahe gelegt: „Carlos, der vor den Planungen mit Lindgren bei uns eine Rolle spielen sollte, ist nur dritte Wahl. Und mit Andrej hat es noch keine Gespräche gegeben.“ Und dazu wird es wohl auch nicht mehr kommen. Es gilt als sicher, dass Bjarte Myrhol, den Storm als „Super-Typen, der den Handball lebt“, bezeichnet, im Sommer einen neuen Kreispartner zur Seite gestellt bekommt. „Wir analysieren die Situation. Im diesem Monat oder im Januar wird eine Entscheidung fallen“, verrät Thorsten Storm im RNZ-Gespräch.

Aber auch über andere Positionen wird gegrübelt: Bei Siarhei Harbok, Oliver Roggisch und Henning Fritz laufen die Verträge aus. Fritz besitzt bekanntlich eine Option, die es ihm erlauben würde, seinen Kontrakt eigenhändig um zwei weitere Jahre zu verlängern; Harbok wollte weg, will nun aber angeblich doch bleiben. Und wie steht’s um Roggisch? „Oli ist unser Schichtführer in der Abwehr, durch ihn haben wir mittlerweile hinten drin mehr Stabilität“, betont Storm, „aber manchmal spielt er noch zu sehr mit dem Herz und nicht mit seinem Kopf. Da ist sicher noch Steigerungspotenzial drin.“

Kopfarbeit ist auch auf der Mitte gefragt. Und hier wird an der Seite von Grzegorz Tkaczyk, der derzeit noch seine Verletzung am linken Knie auskuriert, ebenfalls ein Platz frei: Nikola Manojlovic und Snorri Gudjonsson haben beide jeweils nur einen Einjahresvertrag unterschrieben. „Klar, dass wir uns da Gedanken machen“, so Storm: „Die Situation ist aber nicht einfach, denn noch wissen wir nicht, wie Grzegorz nach seiner schweren Verletzung zurückkommt.“

Von Daniel Hund

 14.12.2009