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Befreiungsschlag gegen Kiel?

Heidelberg. Große Spiele werden von großen Spielern entschieden. Von welchen mit guten Nerven, mit dem Gespür für die richtige Aktion, für den alles entscheidenden Einfall. Sie machen den Unterschied, wenn es um die Wurst geht, können zum finalen Schlag ausholen. Den Rhein-Neckar Löwen fehlten sie am Mittwoch, diese Typen. In Hamburg, in der Crunch-Time, in den letzten beiden Minuten des Handball-Knallers gegen den HSV wurden sie schmerzlich vermisst: Keiner behielt den Überblick, alle verloren den Durchblick. Plötzlich wirkte das Rudel einfallslos, ja fast schon hilflos, nicht fähig, die „Big Points“ einzusammeln.

Unmittelbar nach der Last-Minute-Pleite setzte das große Grübeln ein. Man betrieb Ursachenforschung, versuchte das zu erklären, was nur schwer zu erklären ist. Thorsten Storm, der Manager, sagt: „Einigen fehlt noch die Kaltschnäuzigkeit und die sogenannte Killermentalität in bestimmten Situationen. Man muss auch mal böse werden und es mehr wollen als die anderen.“ Aber auch: „Das ist ein Lernprozess und der ist in vollem Gange.“

Profitieren werden die Badener vom hoffentlich bald Erlernten, jedoch erst in der kommenden Saison – denn der Titeltraum in der Bundesliga, der allerdings auch nie das offizielle Ziel war, ist wohl bereits ausgeträumt. Sieben Verlustpunkte sind schon fast zu viel für den ganz großen Wurf. Außerdem warten noch richtig schwere Aufgaben. Storm weiß das, Freude kommt bei ihm deshalb nicht auf, wenn er sich Tabelle anschaut: „Gerade die völlig unnötige Niederlage in Magdeburg und das 31:32 in Flensburg, wo wir zudem etwas Pech mit den Schiedsrichter-Leistungen hatten, tun sehr weh.“ Apropos Schiedsrichter: Auch am Mittwoch erwischten die beiden Unparteiischen nicht ihren besten Tag. Insbesondere der Ellenbogenstoß von Stefan Schröder an Karol Bielecki hätte im Normalfall mit einer roten Karte bestraft werden müssen. In Hamburg war es noch knapper als in Flensburg. Und besser. Vieles klappte, kaum etwas ging schief: 58 Minuten lang. Das macht Mut. Auch Storm: „Falls wir weiter auf diesem Niveau spielen, wird ein Sieg über ein Topteam nicht mehr lange auf sich warten lassen. So nah dran wie jetzt, waren wir noch nie.“

Wer weiß, vielleicht klappt es ja schon heute.Um19.15 Uhr steht nämlich bereits der nächste Härtefall an: Der THW Kiel gastiert zum Champions-League-Rückspiel in der Mannheimer SAP Arena. Und am kommenden Mittwoch um 20.45 Uhr kreuzen die „Zebras“ dann erneut im „Ufo“ auf. Ein verrückter Spielplan. Einer, in dem man schnell alles gewinnen, aber auch genauso rasch alles verlieren kann. Die Löwen können ein Lied davon singen. Derzeit ist es kein Gute-Laune-Song. Im Gegenteil: Die „Wochen der Wahrheit“, so bezeichnete Löwen-Aufsichtsrats-Boss Jesper Nielsen kürzlich die aktuelle Phase, verliefen bislang enttäuschend: Drei Spiele, drei Niederlagen. Man steht mit leeren Händen da. Helfen kann da eigentlich nur eins: Zwei Siege gegen Kiel. Storm nickt: „Das stimmt.“

Der Manager ist enttäuscht, aber nicht niedergeschlagen. Er glaubt an die Wende, ganz fest: „Wir müssen 60 Minuten lang einen erbarmungslosen Kampf liefern, auf dem Feld und den Rängen. Die Mannschaft braucht ihre Fans jetzt.“ Wichtig wird auch sein, dass die Löwen den Ostsee-Riesen diesmal auch im Tor das Wasser reichen können. Kasa Szmal und Henning Fritz sind gefordert. Und die Abwehr. Storm: „Sie muss den beiden helfen mit Kampf und Leidenschaft.“

Von Daniel Hund

 26.11.2010