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Beherzte Löwen machen den Meister wortkarg (BNN)

Kronau/Östringen. Unmittelbar nach der Schlusssirene bildeten die Spieler der Rhein-Neckar Löwen einen Kreis, feierten lautstark ihren Triumph über den deutschen Meister, klatschten sich ab und begaben sich anschließend auf ihre Ehrenrunde in der Mannheimer SAP-Arena. Nur wenige Meter entfernt steckten auch die Profis des HSV Hamburg die Köpfe zusammen, trotteten nach einer kurzen Ansprache von Kapitän Guillaume Gille jedoch mit hängenden Köpfen schnurstracks in ihre Kabine. Auch bei der Pressekonferenz nach dem Topspiel der Handball-Bundesliga, das die Löwen nach einer vorzüglichen Vorstellung mit 33:29 (18:13) für sich entschieden, war die unterschiedliche Gefühlslage der Protagonisten deutlich zu erkennen. Gudmundur Gudmundsson, der Trainer der Badener, und Manager Thorsten Strom saßen entspannt nebeneinander und freuten sich über einen perfekten Saisonstart, bei Gästecoach Per Carlén und HSV-Präsident Martin Schwalb herrschte tiefe Tristesse.

„Glückwunsch an die Löwen, sie haben ein starkes Spiel abgeliefert“, gab Schwalb, der die Hanseaten im Vorjahr zur ersten Meisterschaft geführt hatte, ungewohnt wortkarg zu Protokoll. Carlén, Schwalbs Nachfolger auf der Trainerbank, gestand ein, dass ihn diese Niederlage einen Teil seines Herzens gekostet habe. „Wir haben einen Fehlstart hingelegt. Das ist hart“, sagte der Schwede, dem nach der zweiten Pleite in Folge bereits ein rauer Wind entgegenweht. Carlén und Schwalb vermieden zwar das Wort „Krise“, doch von der Leichtigkeit des Vorjahres sind die Hamburger derzeit weit entfernt. Carlén, der immer stärker unter Druck gerät, bemühte viel mehr die üblichen Floskeln der Branche: „Wir können die Bundesliga nach wie vor gewinnen – wir haben einen tollen Kader. Aber es wird schwer. Es kann sein, dass die Spieler nach dem Gewinn der Meisterschaft den Druck zu sehr spüren.“

Pudelwohl fühlen sich dagegen Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer und seine Teamkollegen, die sich mit drei Auftaktsiegen zunächst in der Spitzengruppe festgesetzt haben. „Wir haben wieder einen guten Start hingelegt. Letztes Jahr haben wir aber viele Punkte gegen vermeintlich schwächere Gegner liegenlassen – diese Fehler wollen wir diesmal nicht machen“, erklärte der Nationalspieler mit Blick auf das Auswärtsspiel am morgigen Samstag (19 Uhr) beim noch punktlosen TSV Burgdorf. Groß gefeiert wurde der Triumph ohnehin nicht, bereits gestern Vormittag bat Trainer Gudmundsson seine Schützlinge wieder zum Training. „Aber wir haben diesen Sieg genossen“, verriet Robert Gunnarsson.

„Wir spucken jetzt keine großen Töne. Unser Ziel bleibt ein Platz unter den ersten Drei, um uns direkt für die Champions League zu qualifizieren“, sagte Manager Storm, der nach dem furiosen Auftritt gegen den HSV von einer „tollen Mannschaftsleistung“ sprach: „Für uns kann gerne es so weitergehen.“
Überhaupt sieht Storm die Löwen, die sich – anders als in den Vorjahren – auf dem Spielfeld als eingeschworene Einheit präsentieren, auf dem richtigen Weg: „Unser Ziel ist es nun, solche Leistungen über einen längeren Zyklus abzurufen. Daran arbeiten wir.“ Und anders als sein Hamburger Kollege Carlén kann Löwen-Coach Gudmundsson dies in den nächsten Wochen in aller Ruhe tun.

3 FRAGEN AN…

… Gudmundur Gudmundsson, den Trainer der Rhein-Neckar Löwen, die mit drei Siegen – darunter dem Erfolg gegen den deutschen Meister aus Hamburg – optimal in die Bundesliga gestartet sind.

1. Welche Faktoren haben den Ausschlag zum 33:29-Heimsieg über den HSV Hamburg gegeben?
Gudmundsson: Wir haben über die gesamten 60 Minuten sehr gut verteidigt, auch unsere 5:1-Abwehrvariante hat funktioniert und den HSV vor Probleme gestellt. Überhaupt haben wir sehr diszipliniert gespielt und im Angriff die Tiefenräume besser genutzt als in den Spielen zuvor.

2. In den vergangenen Jahren haben sich die Löwen – gerade gegen vermeintlich schwächere Gegner – immer wieder Aussetzer geleistet. Was ist in dieser Saison anders?
Gudmundsson: Wir haben mehr Ruhe im Verein und im Umfeld. So können wir – also die Mannschaft und ich – uns viel besser auf unsere Aufgaben konzentrieren. Wir haben uns einiges vorgenommen. Hoffentlich werden wir in Zukunft auf dem Spielfeld noch viel häufiger zeigen, dass wir gewillt sind, das alles, was wir in dieser Saison vorhaben, auch umzusetzen.

3. Am Samstag sind die Löwen beim TSV Burgdorf gefordert, der noch keinen Zähler geholt hat. Wie schwer ist es, die Mannschaft nach dem beeindruckenden Auftritt gegen Hamburg nun auf diesen Underdog einzustellen?
Gudmundsson: Nach so einem Erfolgserlebnis ist das nächste Spiel immer eine große Herausforderung. Wir wollen und müssen diese Partie gewinnen, aber leicht wird das sicher nicht. Große Mannschaften zeichnet es jedoch aus, dass sie sich sofort auf ihren nächsten Gegner konzentrieren können – da wollen wir auch hin.

Von Christof Bindschädel