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Löwen rücken in den Fokus der Liga (MM)

Mannheim. Krzysztof Lijewski sah zum Fürchten aus. Um seine Knöchel waren über den Badelatschen auf jeder Seite dicke Eis-Pakete geschnallt, es fehlten eigentlich nur noch die Krücken. Doch der Linkshänder gab Entwarnung. „Das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme an meinen Schwachstellen“, lächelte der Neuzugang der Rhein-Neckar Löwen, nachdem er beim 33:29 gegen den HSV Hamburg seinem Ex-Klub kurz zuvor nicht weniger als neun Treffer ins Netz gewuchtet hatte. „Und dass ich mit der Schulter keine Probleme mehr habe, hat heute wohl jeder gesehen“, grinste der Löwen-Top-Scorer des Abends, der auf der Seite des deutschen Meisters nicht nur seinen Bruder Marcin in den Schatten gestellt hatte.

Individuelle Glanzleistungen

Es waren solche individuelle Glanzleistungen wie die Vorstellungen von Lijewski oder Torwart Goran Stojanovic, die den Meister-Sturz in der SAP Arena erst möglich gemacht hatten. Doch vor allem zu Beginn, und als es zwischenzeitlich brenzlich wurde, stand nicht zuletzt ein gelb-blaues Kollektiv auf dem Feld, das erstmals in dieser Saison sein Potenzial komplett abrief.

„Wir wollen nicht vom perfekten Spiel reden“, meinte sogar der stets etwas skeptische Keeper Henning Fritz. „Aber das war schon eine sehr, sehr gute Partie von uns.“

Beweglich in der Abwehr, entschlossen im Angriff, kämpferisch auf der Höhe – so ließen es die Löwen gegen den fast überfordert wirkenden Meister krachen, der sich bedient aus Mannheim verabschiedete. „Das hat mich einen Teil meines Herzens gekostet“, musste der neue HSV-Coach Per Carlén nach der zweiten Niederlage in Folge kräftig schlucken und steht bereits früh in der Saison unter Druck. „Die Löwen können in der Bundesliga gegen jeden gewinnen“, hob der Schwede die Badener auf den Schild der Mitfavoriten – sicher auch um ein bisschen von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken.

Doch mit dem „Signal“ (Lijewski) vom Mittwochabend stehen die Löwen nun tatsächlich im Fokus. Ist ein Meisterbezwinger nicht auch automatisch ein Meisterschaftskandidat? „Wir wollen mal den Ball flach halten“, wiegelte der vor der Partie von der Liga als „Handballer des Jahres“ ausgezeichnete Kapitän Uwe Gensheimer ab. „Klar, haben wir einen guten Start hingelegt, aber wir müssen an dem arbeiten, was in den Vorjahren schlecht war. Das waren unsere Auftritte gegen vermeintlich schwächere Gegner und damit können wir gleich am Samstag beginnen“, blickte Gensheimer auf die Partie beim TSV Hannover-Burgdorf (Samstag, 19 Uhr). Und der TSV hatte zum Auftakt bekanntermaßen schon die Berliner Füchse geärgert.

Deshalb ist auch für Trainer Gudmundur Gudmundsson klar: „Das ist eine Riesenprüfung – vor allem für den Kopf. In dieser Liga gibt es keine Selbstläufer. Wir genießen den Moment, aber dann müssen wir auch sofort wieder auf den Boden“, hat der Isländer schließlich schon oft genug miterlebt, was passiert, wenn sein Team nicht ganz bei der Sache ist. Doch nun soll statt großer Visionen von Spiel zu Spiel gedacht werden. „Das ist der Schlüssel“, betont der Löwen-Coach vor der Auswärtsfahrt in den Norden.

Von Thorsten Hof