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„Bei den Junioren lerne ich, Verantwortung zu übernehmen”

Während seine Teamkollegen daheim in Mannheim und Kronau für die kommende Saison schwitzen, ist Patrick Groetzki ausgebüchst. Allerdings mit außerordentlicher Genehmigung der Rhein-Neckar Löwen. Sein Arbeitgeber gab ihm im Juli und August frei, damit der Jung-Löwe sich bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Ägypten beweisen kann. Am heutigen Donnerstag um 17.30 Uhr Ortszeit (16.30 Uhr MESZ) trifft das Team von DHB-Trainer Martin Heuberger im Auftaktspiel auf Argentinien. Wie der 20-jährige Rechtsaußen, der auch schon unter Heiner Brand zwei Mal zum Einsatz kam, Verein und Auswahl unter einen Hut bekommt, verriet er in einem ausführlichen Gespräch.

Hallo, Herr Groetzki. Sind Sie und die Mannschaft wohlbehalten in Kairo angekommen?

Groetzki: Alles gut. Wir hatten ja im Vorfeld einige Bedenken, da für unser Hotel keine richtige Adresse ausgewiesen wurde. Aber am Ende haben wir sicher unser Ziel erreicht. Das Essen ist in Ordnung, die Zimmer auch – bislang läuft alles nach Plan.

Gab es oder gibt es Probleme mit der Umstellung auf das nordafrikanische Extremklima?

Groetzki: Eigentlich nicht. Allerdings halten wir uns bei knapp 40 Grad so wenig wie möglich draußen auf. Die Räumlichkeiten sind sämtlichst klimatisiert, auch in den Hallen sind die Temperaturen angenehm.

Mit dem Match gegen Argentinien beginnt heute für Sie die Junioren-WM. Klingt alles nach einem lockeren Aufgalopp?

Groetzki: Denke ich nicht unbedingt. Wir wissen so gut wie nichts über unseren Auftaktgegner. Da ist es immer gefährlich, den vermeintlich Schwächeren zu unterschätzen. Aber wir haben richtig gut gearbeitet, sodass ich davon ausgehe, dass es heute Abend gut gehen wird.

Welche Chancen bieten sich der Mannschaft bei der WM?

Groetzki: Ich hoffe schon, dass wir weit kommen werden. Aber erst einmal wollen wir die Vorrunde schadlos überstehen. Gelingt uns das, warten in der Hauptrunde wahrscheinlich dicke Brocken wie Frankreich, Norwegen oder Spanien. Insgesamt spielen fünf oder sechs Teams auf sehr ähnlichem Niveau. Da entscheidet die Tagesform, ob du am Ende mit einem Tor Differenz gewinnst oder verlierst.

Sie waren der erste Spieler dieser Junioren-Mannschaft, der bereits ein Erstliga-Engagement hatte. Stört Sie da eine Junioren-WM nicht in der Saisonvorbereitung?

Groetzki: Es ist sicher nicht ganz einfach, wenn man bei der intensiven Saisonvorbereitung seines Teams fehlt. Aber so eine Junioren-WM bietet die einmalige Chance, in kürzester Zeit so viele intensive Erfahrungen zu sammeln. Du spielst hier acht bis zehn Spiele in wenigen Tagen auf allerhöchstem Niveau. Das ist der positive Aspekt. Negativ ist, dass ich mich bei meinem Klub nicht empfehlen kann. Also muss ich ganz einfach eine gute WM spielen. Das wird sicher auch in der Heimat von meinem Trainer wahrgenommen.

Junioren-Coach Martin Heuberger ist davon überzeugt, dass Sie bei einer Junioren-WM mehr lernen als im Verlaufe einer ganzen Bundesliga-Saison.

Groetzki: Das ist im Großen und Ganzen sicher nicht falsch. Aber bei den Topspielen in der Liga lerne ich sicher noch mehr. Der größte Unterschied ist, dass ich im Verein noch nicht die spielentscheidende Rolle habe. In der Junioren-Nationalmannschaft lerne ich aber schon sehr früh, Verantwortung – auch bei einem Großturnier – zu übernehmen. Das ist eine ganz wichtige Erfahrung.

Wie gewaltig ist eigentlich der Sprung vom Nachwuchs in die 1. Liga? Bei Ihnen scheint das gut gelaufen zu sein.

Groetzki: Auch zu meiner eigenen Überraschung. Aber ich glaube, dass es auf meiner Position als Außenspieler sicher einfacher ist, sich in der Liga zu etablieren. Anders als auf den Rückraumspositionen brauchst du nicht auf Anhieb diese 100-prozentige körperliche Präsenz. Steffen Fäth hat als linker Rückraumspieler bereits in der vergangenen Saison einige Spiele für die Löwen absolviert. Der hat es sicher ein wenig schwerer als ich.

Sie spielen nun bei den Rhein-Neckar Löwen, einem Spitzenteam der TOYOTA HBL. Ist der Druck da nicht besonders groß?

Groetzki: Der Druck ist immer groß. In der Junioren-Auswahl soll ich Führungsaufgaben übernehmen, und in der Bundesliga geht es in jedem Spiel darum, alles zu geben und zu gewinnen. Der Druck ist dabei Teil des Ganzen. Aber ich weiß genau, welche Aufgaben ich habe und versuche ganz einfach, diese bestmöglich zu erfüllen.

Formulieren Sie doch einmal Ihre persönlichen Saisonziele.

Groetzki: Ich denke, dass wir mit den Rhein-Neckar Löwen für die kommende Saison gut aufgestellt sind. Gegenwärtig bin ich auf meiner Position noch der einzige Spieler, weshalb ich mich mit entsprechenden Spielanteilen persönlich weiterentwickeln möchte. Mit dem Team ist sicher einiges drin. Ich bin guten Mutes, dass mindestens in einem der drei Wettbewerbe etwas dabei herausspringt.

Und was ist mit der Europameisterschaft 2010 in Österreich?

Groetzki: Die spielt gegenwärtig für mich überhaupt noch keine Rolle. Es gibt so viele Spieler auf meiner Position. Zudem habe ich gerade mal zwei Länderspiele absolviert. Ich konzentriere mich ganz einfach voll auf die Junioren-WM und die darauf folgende Bundesliga-Saison. Wenn das alles richtig gut läuft, kann die EM durchaus ein Thema werden. Andererseits: Ich bin gerade mal 20 Jahre alt, habe also auch noch ein wenig Zeit.

Toyota HBL, 06.08.09