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„Da müssen wir durch“ (RNZ)

Heidelberg. Gudmundur Gudmundsson ist zurück. Schon länger. Serbien, die EM, hat er abgehackt. Der Alltag half ihm dabei. Sein Amt als isländischer Handball-Nationaltrainer ruht nun vorerst, die volle Aufmerksamkeit gilt wieder den Rhein-Neckar Löwen. Und mit ihnen hat der Cheftrainer in den nächsten Wochen und Monaten einiges vor. Er will weg von den Negativ-Erlebnissen der Vorrunde, hin zum erfolgreichen Hurra-Handball. Ein guter Start ist da besonders wichtig. Am Mittwoch um 20.15 Uhr in Balingen soll deshalb ein Sieg her.

Gudmi erwartet dort viel. Fordert Konzentration, Einsatz, Wille, Kampf, Leidenschaft. Das komplette Paket eben. Die Frage ist nur, von wem kann er das fordern? Denn der Löwen-Express, der sich auf den Weg ins Schwabenland macht, gleicht eher einem Krankenwagen: In der Vorwoche musste Gudmundsson auf vier Stammkräfte verzichten. Zarko Sesum (Augenverletzung), Patrick Groetzki, Krzysztof Lijewski (beide klagen über Knieprobleme) und Börge Lund (Schmerzen in der Leistengegend) fehlten im Kronauer Trainingszentrum – die RNZ berichtete bereits. Gudmundsson spielt derweil auf Zeit. Der Isländer zwischen Hoffen und Bangen: „Ich bin relativ optimistisch, dass in Balingen bis auf Zarko alle dabei sein können.“ Dabei gut, aber auch als Stützen? Eher nicht. Lijewski, Lund und Groetzki haben seit Ende Dezember nicht mehr mit der Mannschaft trainiert. „Das ist eine andere Geschichte“, murmelt der Trainer, „doch was sollen wir tun? So ist es eben.“

Zum Glück geht es ja aber ohnehin nur nach Balingen. Ein Gegner, den man mal so im Vorbeigehen aus der Halle ballert? So scheint es jedenfalls Löwen-Aufsichtsratsboss Jesper Nielsen zu sehen, der sich kürzlich in einem Zeitungs-Interview wenig respektvoll über den Bundesliga-Konkurrenten geäußert hatte. Gudmundsson hat’s mitbekommen. Und der fand es nicht so toll: „Das ist nicht unsere Meinung, also nicht die unserer Spieler und natürlich auch nicht meine. Wir haben großen Respekt vor dem, was seit Jahren in Balingen geleistet wird.“ Wie auch immer, ein Motivationsproblem werden die Balinger am Mittwoch sicher nicht haben. Im Gegenteil: Der Außenseiter wird durch die Steilvorlage von Nielsen brennen, noch heißer als sonst sein. Gudmundsson nickt, leicht gequält tut er das: „Davon ist leider auszugehen.“

Doch da müssen sie nun durch, die Löwen. Gut vorbereitet ist man. Gudmundsson hat die Brack-Sieben genauestens analysiert. Im Hinterkopf spukt natürlich auch schon der nächste Gegner herum: Eskilstuna Guif, die Achtelfinal-Hürde im EHF-Cup. Bereits am Samstag müssen die Badener dort die Krallen zeigen. Darüber zu sprechen ist jedoch verboten. Gudmi will es so. Er weiß warum. Zuletzt gab es viele böse Überraschungen. Niederlagen, die laut Gudmundsson „unglaublich waren“. Folglich gilt ab sofort Folgendes: Bei den Löwen wird nur noch von Spiel zu Spiel gedacht, in ganz kleinen Schritten. Oder um es mit den Worten des Trainers auszudrücken: „Keiner soll sich mehr öffentlich zu Zielen oder Serien äußern. In diesem Verein wurde immer viel über das gesprochen, was man will, das war nicht gut. Nun soll die Sprache die Leistung auf dem Feld sein. “

Ein Ziel für die Rest-Rückrunde gibt Gudmi dann aber trotzdem noch aus. Es geht mal wieder um das beliebte K-Wort, das mit den acht Buchstaben: KONSTANZ. „Ich weiß, wir reden schon seit Jahren darüber, trotzdem muss es uns endlich gelingen, die nötige Konstanz reinzubringen. Und ich hoffe und denke, dass wir diesbezüglich auf einem guten Weg sind.“ Die nächsten Wochen und Monate werden es zeigen.

Von Daniel Hund