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Storm: Verband ist nicht mir der Zeit gegangen (MM)

Mannheim. Er wollte nicht mehr länger schweigen, sondern Klartext reden. Handball-Nationaltorwart Silvio Heinevetter hat mit seiner Kritik an DHB-Präsident Ulrich Strombach eine Führungsdebatte in Gang gesetzt. Zuletzt erhielt Heinevetter Zuspruch aus der Mannschaft – und in Bob Hanning sprang ihm jetzt auch noch der Vize-Präsident der Liga zur Seite. Der Widerstand gegen den allmächtigen, gleichwohl aber umstrittenen Präsidenten wird immer größer. Es sieht stark danach aus, dass der von Heinevetter ins Rollen gebrachte Stein langsam zu einer Gerölllawine wird.

In der Debatte geht es längst nicht mehr nur um die sportliche Misere, sondern auch um den Verband an sich. Hanning fordert in seinem Positionspapier gravierende Veränderungen. Oder anders ausgedrückt: Der Manager des Bundesligisten Füchse Berlin, bei dem auch Heinevetter spielt, schlägt vor, in der Dortmunder Geschäftsstelle mal alle Fenster zu öffnen und kräftig durchzulüften. „Innerhalb des DHB müssen kompetente Personen die Verantwortung übernehmen. Die Umsetzung muss in der laufenden Legislaturperiode erfolgen“, lautet eine Forderung von Hanning: „Die Strukturen des DHB müssen professionalisiert werden.“

„Attraktive Nationalmannschaft“

Zustimmung erhält er von Thorsten Storm. „Der Verband ist nicht mit der Zeit gegangen“, sagt der Manager der Rhein-Neckar Löwen, der sich im Gespräch mit dieser Zeitung ebenso wie sein Berliner Kollege eine bessere Vermarktung der DHB-Auswahl erhofft: „Die Nationalmannschaft genießt die höchste Aufmerksamkeit in den Medien und muss wie ein Unternehmen geführt werden. Ich sehe da keine Unterschiede zu einem Profiklub. Man hat nur den Vorteil, dass die Spielergehälter bereits bezahlt sind. Man muss in der Vermarktung auch einmal neue Wege gehen. Um so etwas muss sich allerdings jemand jeden Tag rund um die Uhr kümmern. Das ist ein Fulltime-Job.“

Dazu passt Hannings Idee eines Teammanagers für die deutsche Nationalmannschaft, der aus der Bundesliga kommen und ständig Kontakt zu den Klubs halten solle. Storm geht sogar noch einen Schritt weiter. „Dieser Teammanager müsste sich auch um die neuen Medienagenturen kümmern, zudem ein Netzwerk aus Wirtschaftsunternehmen und möglichen Sponsoren pflegen“, meint der Löwen-Manager, der jedoch dem Vorschlag des Berliner Geschäftsführers, dass die Handball-Bundesliga Investitionen des DHB finanziell unterstützen sollte, nicht folgen will. Vielmehr sieht er auch hier den Verband in der Pflicht: „Der DHB kann wie jeder Bundesligaklub auch Marketinggelder erwirtschaften. Die Nationalmannschaft ist sehr attraktiv.“

Hannings Forderung, dass mindestens drei deutsche U-25-Spieler in jedem Bundesliga-Kader stehen sollten, steht Storm ebenfalls skeptisch gegenüber: „Grundsätzlich ist das eine gute Idee, aber diese Jungs müssten dann auch spielen. Und das ist für einen Bundesligatrainer nicht einfach, wenn er unter ständigem Erfolgsdruck steht und die Konkurrenz stark ist.“

Einen Grund für das enttäuschende Abschneiden der DHB-Auswahl bei der EM in Serbien sieht der Löwen-Geschäftsführer einmal mehr im vollgepackten Terminkalender. „Die deutschen Nationalspieler sind alle in der Bundesliga aktiv. Wer in der spanischen, dänischen oder serbischen Liga spielt, hat mehr Ruhepausen und muss nicht alle drei Tage Vollgas geben“, sagt Storm, dem es mit Blick auf das große Löwen-Lazarett die Zornesröte ins Gesicht treibt: „WM und EM müssen zwingend in einen anderen Rhythmus und weg aus dem Januar. Wir haben jetzt sieben gesunde Feldspieler im Training. Das sind 50 Prozent. Das ist nicht mehr tragbar.“

Von Marc Stevermüer

 07.02.2011