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Das andere Gesicht

Mannheim. Sie saßen beide auf dem Podium. Zusammen, Seite an Seite. Der eine links, der andere rechts. Eigentlich genauso wie am Sonntag, zwei Tage zuvor. Aber eben nur eigentlich. Denn irgendwie war alles anders. Thorsten Storm und Gudmundur Gudmundsson, der Manager und der Trainer, die starken Zwei bei den Rhein-Neckar Löwen, wirkten wie ausgewechselt: Ihre Gestik, ihre Mimik, ihr ganzes Auftreten. Tiefe Sorgenfalten suchte man diesmal vergeblich. Sie wurden verdrängt, abgelöst durch ein breites, ein ansteckendes Grinsen, vertrieben durch eine 60-minütige Handball-Gala: Das 38:30 gegen Magdeburg, es hatte eine heilende Wirkung, war ein Riesen-Schluck aus der Medizin-Pulle.

Plötzlich war es nämlich vergessen, das Wetzlar-Drama. Was bleibt, ist die Frage: Wie ist solch eine Leistungsexplosion zu erklären? Innerhalb von 48 Stunden!? Wenn einer die Antwort kennt, dann „Gudmi“, der Taktiker. Und der lässt sich nicht zwei Mal bitten, schmunzelt, lehnt sich zurück: „Nach dem Unentschieden gegen Wetzlar hatten wir einfach ein gutes Gespräch, in dem wir alles aufgearbeitet haben.“

Der Inhalt ist geheim. Aber offenbar hat der kleine Isländer seine Riesen an der Ehre gepackt. Denn am Dienstag zeigten sie ein anderes Gesicht. Das verbissene, das entschlossene, nicht das lustlose. Alles passte, nichts ging schief: Die Angriffe liefen, die Abwehr stand, die Gegenstöße rollten. Oder anders ausgedrückt, in der Gudmundsson-Variante: „Das war heute eine geschlossene Mannschaftsleistung: Kompliment!“

Sesum war der Star des Abends

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Es gab nämlich einen, der gesondert hervorgehoben werden muss. Einen speziellen Helden, den Star des Abends. Sein Name: Zarko Sesum. Seine Spezialität: Tore aus dem Rückraum. Genau die servierte er dem Arena-Publikum am Dienstag im Überfluss. Wie im Rausch feuerte der Serbe den kleinen Lederball aufs Magdeburger Gehäuse. Immer und immer wieder. Eingeschlagen ist er neun Mal. Oben, unten, in der Mitte: überall.

Sesum traf wie er wollte. Gudmundsson umschrieb seinen Auftritt kurz und knapp, aber treffend: „Weltklasse!“ Storm holte weiter aus. Bei Sesum wird der Manager zum Referent, spricht von einem kompletten Spieler, von einem ganz hungrigen jungen Mann, von einem Sportler, der sich noch besser werden wird, Stück für Stück.

Am Sonntag möchte der 24-Jährige nachlegen. Und dann ist die Bühne deutlich größer. Es ist Champions-League-Zeit. Der ruhmreiche FC Barcelona, der siebenfache Königsklassen-Sieger, gastiert um 15.30 Uhr in der Mannheimer SAP Arena. Ein Handball-Fest scheint vorprogrammiert zu sein: „Es gibt nur noch rund 500 Karten“, freut sich Storm über den großen Zuspruch.

Doch da ist nicht nur Freude, da ist allem auch Anspannung. Storm sagt: „Der Favorit sind wir sicherlich nicht, dazu ist dieser Gegner zu stark besetzt. Andererseits: In einer ausverkauften Halle und mit einem Kampf über sechzig Minuten ist sicher vieles möglich.“ Marcus Rominger wird dann auch erstmals im Ufo sein – zumindest als Rudelmitglied. Der Ex-Großwallstädter und Neu-Löwe kehrt morgen aus Südafrika zurück. Die erste Trainingseinheit absolviert er am Samstag. Seine Premiere für die Löwen ist hingegen noch nicht absehbar. Gudmundsson erklärt: Marcus rückt erst dann in den Kader, wenn Kasa operiert wird. Und wir hoffen, dass man die OP noch eine Weile rausschieben kann.“

Von Daniel Hund

 17.02.2011