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„Das beste Marketing ist der Erfolg“ (RNZ)

Heidelberg. Die Handballer der Rhein-Neckar Löwen haben sich am zweiten Weihnachtsfeiertag mit einem 34:25-Auswärtssieg beim Bergischen HC in die EM-Pause verabschiedet. Weiter geht es für die Badener erst am 8. Februar wieder: Dann steigt das Bundesliga-Duell bei derHBWBalingen-Weilstetten.Nachdem letzten Spiel sprach die RNZ mit Thorsten Storm, dem Manager der Löwen.

> Thorsten Storm, wie fällt Ihr Fazit zum bisherigen Saisonverlauf aus?

Wir waren auch in dieser Hinrunde zu inkonstant und haben Spiele abgegeben, die wir auch hätten gewinnen können und manchmal sogar müssen. Gerade in Hannover und Lübbecke oder im Pokal gegen den HSV Hamburg waren Siege drin.

> Es gab einige Rückschläge, trotzdem ist der vierte Platz in der Bundesliga nach wie vor nicht völlig außer Reichweite, oder?

Alles Denkbare ist auch machbar. Wenn sich jeder einzelnezuhundertProzentund für die Ziele der Mannschaft einbringt, haben wir sowohl im Europacup als auch im Kampf um Platz drei unsere Chancen. Aber es wird sehr schwer.

> Was wünscht sich der Manager für die restliche Saison?

Weniger Verletzungen. Die waren neben den individuellen Fehlern in der Crunchtime einiger Spiele unser größtes Problem. Karol Bieleckis Augenverletzung, Bjarte Myrhols schwere Erkrankung, die Bandscheibe unseres Torhüters Goran Stojanovic, Zarko Sesums Ellenbogen, Patrick Groetzkis Knie oder die ausgekugelte Schulter bei Ivan Cupic – wir waren bis heute nie komplett. Ein breiter Kader sieht anders aus. Hoffen wir, dass nach der Europameisterschaft alle gesund aus Serbien zurückkehren.

> Henning Fritz, Robert Gunnarsson und Michael Müller werden den Verein im Sommer verlassen. Mit Alexander Petersson und Niklas Landin rücken zwei Spieler nach. Auch ein neuer Kreisläufer ist sicher ein Thema, oder? Wie sieht hier das Anforderungsprofil aus?

Wir werden den Etat im Vergleich zu den beiden Vorjahren zurückschrauben müssen. Petersson und Landin sind zwei absolute Wunschspieler von Gudmundur Gudmundsson. Beide kennt er sehr gut. Charakter und Spielstärke werden der Mannschaft sehr helfen. Das ist ohnehin das entscheidende Kriterium: Herz und Erfolgshunger! Wir müssen gezielt einen Ersatz für Robert Gunnarsson am Kreis finden und haben hier auch einen Kandidaten im Auge. Das Budget und die wirtschaftliche Machbarkeit werden entscheidend sein. Der Spieler muss Angriff und Abwehr spielen können.

> Wie geht es mit Oliver Roggisch weiter? Wird der Abwehrchef einen neuen Vertrag bekommen?

Wie bereits gesagt, werden wir mit weniger Geld auskommen müssen. Oli ist ein großer Kämpfer und hat sich sehr gesteigert. Ob das Budget für einen zusätzlichen, reinen Defensivspieler ausreichen wird, hängt von den Entscheidungen in den nächsten Wochen ab.

> Wie wird es mit Krzysztof Lijewski weiterlaufen? Beim HSV Hamburg heißt es, dass die Löwen sein Gehalt nicht mehr bezahlen könnten. Zuletzt wirkte er zudem ein wenig lustlos…

Krzysztof Lijewski ist ein Klasse-Handballer mit großen Qualitäten. Das Gerangel um seine Person hinter den Kulissen hat natürlich auch auf ihn Einfluss. Er braucht die Ruhe und Stabilität, damit er das alles konstant abrufen kann. Wir haben einen langfristigen Vertrag mit ihm. Und der Klub hat einen langfristigen Vertrag mit Jesper Nielsen. Ich kann mich da immer nur wiederholen. Werden alle diese Verträge eingehalten, gibt es auch keine wirtschaftlichen Probleme.

> Löwen-Aufsichtsrats-Chef Jesper Nielsen meinte kürzlich in einem RNZInterview, dass man bei den Löwen von Beginn an mehr auf deutsche Spieler hätte setzen müssen. Wie sehen Sie das?

Ich habe dieses Konzept mehrfach angesprochen und vertrete diese Meinung schon länger. Gerade unsere Region und die Kapazität der SAP Arena brauchen eine hohe Identifikation. Mit Fritz, Müller, Gensheimer, Ruß, Roggisch und Groetzki stehen aber auch schon jetzt mehr deutsche Spieler in unserem Team als bei allen anderen Top-Mannschaften der Liga. Es passt auch zu unserem Nachwuchskonzept und natürlich besser zum Etat.

> Bei der EM in Serbien sind einige Löwen-Spieler im Einsatz. Macht man sich da als Manager Sorgen? Es könnte sich ja jemand verletzen…

Das ist in jedem Jahr das gleiche. Irgendetwas passiert leider immer. Es ist einfach zu viel Belastung. Eine EM ist da noch schwieriger für die Spieler als eine WM, weil es nur starke Gegner gibt. In dieser Saison gibt es zudem nicht einmal eine Sommerpause, weil die Olympischen Spiele in London anstehen. Und dass wir im Januar keine Vereinsspiele austragen, trifft alle Klubs auch wirtschaftlich enorm. Dafür gibt es dann bis Juni die Partien in einem dicht gedrängten Terminkalender oft zu zuschauerunfreundlichen Zeiten.

> Zuletzt hatten die Löwen mitunter nicht die Zuschauerzahlen, die sie sich wünschen. In Hoffenheim war das ähnlich. Bei den Mannheimer Adlern ist das Interesse hingegen gestiegen. Der Zuschauerschnitt hängt demnach auch immer stark mit der Leistung zusammen…

Das beste Marketing für einen Verein ist der sportliche Erfolg. Hinzu kommen Leidenschaft und Identifikation.

> Hoffenheims Torhüter Tom Starke meinte kürzlich, dass es in Hoffenheim nur an die 1.000 „echte“ Fans geben würde. Also solche, die bedingungslos hinter der Mannschaft stehen. Ist das bei den Löwen anders? Getrommelt wird, aber Fangesänge hört man in der SAPArena selten…

Das sehe ich ganz anders. Wenn der Funke vom Spielfeld auf unsere Fans überspringt, haben wir eine tolle Stimmung in der Arena. Als wir vor knapp fünf Jahren die Stehtribüne eingerichtet haben, wurden wir von manchem belächelt. Heute ist sie der achte Mann und steht als gelbe Wand hinter der Mannschaft.

> Noch etwas zum EHF-Cup. Wie wichtig wäre der Titel dort?

Sehr wichtig!

Von Daniel Hund