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Das Schreckgespenst

HAMBURG. Der Blick in den Norden stimmt die Rhein-Neckar-Löwen fast traditionsgemäß so trübe wie derzeit das Wetter dort ist. Drei Spiele, drei Niederlagen ist die jüngste Bilanz. Heute (19.15 Uhr, SAP-Arena) steht das nächste Treffen mit dem THW Kiel an. Diesmal in der Champions-League.

„Wir müssen uns gleich auf dieses Spiel gegen Kiel konzentrieren“, erklärte Trainer Gudmundur Gudmundsson nach der 31:32-Niederlage am Mittwoch beim HSV Hamburg. Es bleibt keine Zeit, darüber nachzudenken, warum ein Drei-Tore-Vorsprung zur Pause und eine Führung kurz vor Schluss wieder nicht zu einem Erfolg reichte. Den treffendsten Kommentar zum Fazit dieses Spiels lieferte Kreisläufer Bjarte Myrhol. Mehr oder weniger wortlos. Er kickte wütend eine „Stadionzeitung“ durch die Halle, hämmerte mit dem Fuß gegen die Kabinentür und knurrte etwas Unverständliches. Ob deutsch oder norwegisch, sonderlich freundlich klang es nicht.

„Wir sind natürlich zutiefst enttäuscht“, erklärte Patrick Groetzki, der – wie etliche seiner Mitspieler – bei freien Chancen mehrfach an HSV-Torwart Johannes Bitter gescheitert war, und so einem verpassten höheren Vorsprung nachzutrauern hatte.

Wenigstens gab es gestern weitgehend Entwarnung um den Gesundheitszustand des letzten verbliebenen Rechtsaußen der Löwen, der Pascal Hens versehentlich auf den Fuß tretend umgeknickt war. Das schmerzende rechte Sprunggelenk wurde doch nicht dick, Groetzki wird wohl heute antreten können.

Falls nicht, müsste wohl Olafur Stefansson in seine Alternativrolle schlüpfen, was allerdings im rechten Rückraum das Fragezeichen hinterlassen würde, ob Zarko Sesum nach überstandener Knieverletzung eine lange Spielphase durchstehen kann.

Gleich wie, wollen die Löwen das Schreckgespenst THW heute aus den Hinterköpfen vertreiben. Dazu wird es einer ähnlich konzentrierten Abwehrleistung wie in der ersten Halbzeit in Hamburg bedürfen, aber auch des Abstellens diverser technischer wie taktischer Fehler, die im zweiten Abschnitt den zudem besser eingestellten HSV zurück ins Spiel hievten. Das Wurfpech (gegen einen zum Ende wiedererwachten Johannes Bitter), aber auch einige unüberlegte Aktionen brachten die Löwen letztlich um den verdienten Lohn.

Ob das nun dem wiederum hohen Kraftaufwand geschuldet war, oder einfach Ausdruck mangelnder Klasse ist, muss Gudmundur Gudmundsson ergründen. Viel Zeit bleibt ihm nicht. Erst ab Samstag dürfen die Löwen insgesamt anfangen zu Grübeln. Vielleicht mit der Chance, in der Champions League eine glänzende Ausgangsposition für das Achtelfinale zu ergattern, sicher mit der Gewissheit, die hohen Ziele in der Bundesliga schon wieder fast verspielt zu haben.

Von Dietmar Einzmann

 26.11.2010