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„Das war nichts, gar nichts“

Flensburg. Thorsten Storm sprach langsam, wohl überlegt. Irgendwie wirkte er leicht irritiert, der Manager der Rhein-Neckar Löwen, fassungslos vor Enttäuschung. Kein Wunder nach diesem Spiel. Einem Spiel, in das die Gelbhemden große Hoffnungen gelegt hatten: Mit einem Auswärtssieg bei der SG Flensburg-Handewitt wollte man sich auf den dritten Platz, den Champions-League-Rang, schieben. Ein Wunschtraum, der gestern wie eine Seifenblase zerplatzte: Die Löwen wurden überrannt, phasenweise regelrecht vorgeführt. Flensburg triumphierte mit 32:25 (19:8). „Die Mannschaft war offenbar nicht bereit, ihr ist kaum etwas eingefallen“, resümierte Storm, „gerade vor der Pause waren wir grottenschlecht. Das war nichts, gar nichts.“

Stimmt. Erschreckend war’s, was sich da im hohen Norden zwischen den Kreisen abspielte. Die Badener waren kaum wiederzuerkennen. Ein Konzept, einen Schlachtplan zur Erstürmung der Campushalle suchte man vergeblich. Uwe Gensheimer und Co. präsentierten sich kopflos, orientierungslos. Phasenweise fühlte man sich an die Fast-Blamage im DHB-Pokal erinnert. Damals in Bittenfeld, damals als man das vermeintliche „Freilos“ erst in der Verlängerung bezwingen konnte. Nichts ging, nichts lief.

Storms Gesichtsausdruck, der via Sport1 in tausende deutsche Wohnzimmer transportiert wurde, sprach Bände. Er blies immer wieder die Backen auf, war kreidebleich. Schockstarre nennt man das. Flensburgs Held stand diesmal zwischen den Pfosten. Sein Name: Dan Beutler. Seine Spezialität: Knaller aus dem Rückraum entschärfen. Storm hat ganz genau hingeschaut: „Was er heute gehalten hat, war überragend. Wobei auch die Flensburger Abwehr eine Topleistung zeigte.“

Das eigene Personal kam logischerweise weniger gut weg. Den verbalen Rundumschlag verkniff sich Storm allerdings. Er schlug sanfte Töne an, trauerte mit: „Wir hatten acht Mal hintereinander gewonnen, um dann im ’Endspiel’ solch eine Leistung abzuliefern.“ Wie auch immer, der dritte Platz ist nun ganz weit entfernt, unrealistisch: Flensburg hat drei Zähler Vorsprung.

Klar ist jedoch: Verspielt wurde das Treppchen nicht gestern in Flensburg. Sondern schon in Berlin, in Lübbecke und vielleicht auch in Gummersbach. Ein letzter Königsklassen-Strohhalm bleibt. Es wird wieder ein Qualifikationsturnier geben, quasi eine Hintertür. Storm weiß davon, schiebt diese Möglichkeit aber weit von sich. Und zwar ganz bewusst: „Dazu müssen wir erstmal Vierter werden“, grübelt er.

Momentan ist der vierte Rang geblockt. Durch Frisch Auf Göppingen, durch den Landesrivalen. Doch das lässt sich rasch ändern. Schon am Mittwoch erwarten die Löwen den schwäbischen Kontrahenten in der Karlsruher Europahalle. Anwurf ist um 19 Uhr. Beide trennt ein Punkt. „Das wird ein ganz wichtiges Spiel. Bis dahin müssen wir das Team wieder aufrichten.“

Für Unruhe im Vorfeld des Flensburg Duells sorgte eine Meldung des Tagesspiegel, der Löwen-Abwehrmann Oliver Roggisch mit den Füchsen Berlin in Verbindung bringt. Storm kann das nicht bestätigen: „Mit mir hat keiner gesprochen.“ Wer nun meint, Nikola Manojlovic könnte bei einem Roggisch-Abgang doch gehalten werden, der hat eine falsche Fährte aufgenommen: Nach RNZ-Informationen hat der Defensivspezialist einen Drei-jahresvertrag in Velenje unterschrieben.

Von Daniel Hund

 10.05.2010